Öko-Smartphone

FairPhone: Keine echte Chance für das Weltverbesserer-Handy

Nobles Konzept kann jedoch wichtige Anstöße geben
Von Steffen Herget

Öko-Handy FairPhone Öko-Handy FairPhone
Bild: FairPhone
Eine Firma aus den Niederlanden will das FairPhone bauen, ein nachhaltig produziertes Android-Smartphone, das durch bedachte Auswahl der verwendeten Materialien sowie durch gerechte Löhne und Arbeits­bedingungen den Prinzipien des Fair Trade entsprechen soll. Ein lohnenswerter und nobler Ansatz, der unter anderem vom Telekommunikations-Riesen KPN unterstützt wird, der bereits den Kauf von 1 000 Exemplaren zugesagt hat. Noch in diesem Jahr soll das FairPhone erhältlich sein. Doch kann das FairPhone wirklich ein Verkaufsschlager werden?

Grundsätzliche Dinge im Aufbau des FairPhone sind löblich. So sollen keine verklebten und fest verbauten Akkus zum Einsatz kommen, um die interne Batterie leicht austauschen zu können. Zudem soll das Öko-Smartphone besser zu reparieren sein als andere Modelle. Auch wenn die weiteren technischen Details noch nicht feststehen, soll es sich bei dem FairPhone um ein Dual-SIM-Handy halten. Diese Technologie sorgt laut den Entwicklern dafür, dass die Zahl der weltweit genutzten Smartphone nicht ins Unermessliche steigt. So weit, so löblich.

Nur ein kleiner Teil der Materialien aus zertifizierten Quellen

Öko-Handy FairPhone Öko-Handy FairPhone
Bild: FairPhone
Vor allem bei der Material-Auswahl wollen die Macher Vorsicht walten lassen. Insgesamt rund 60 verschiedene Stoffe werden für ein Smartphone benötigt, von denen zahlreiche nur in einigen wenigen Ländern der Erde vorkommen, und dort unter zweifelhaften Bedingungen geschürft werden. Beim Abbau der sogenannten "Seltenen Erden" kommt es häufig zu massiven Umweltschäden, zudem fließt das Geld etwa beim Abbau von Tantal und Coltan im Kongo häufig in die Kassen bewaffneter Gruppen einer der Bürgerkriegsfraktionen. FairPhone kann hier auf viele Dinge keinen Einfluss nehmen, bezieht aber wenigstens das benötigte Gold, Tantal und Zinn aus zertifizierten Quellen. Insgesamt ist das zwar ein guter Anfang, jedoch ein zu geringer Anteil, um einen echten Unterschied zu machen.

Kontrolle für FairPhone kaum möglich

Das Grundproblem dabei: Für FairPhone ist es fast unmöglich, die selbst gesteckten Vorgaben in Sachen Materialien und Arbeits­bedingungen stichhaltig zu überprüfen und dem Kunden zu garantieren. FairPhone-Macher Bas van Abel dies im Gespräch mit Spiegel Online ein: "Wir haben als kleines Start-Up-Unternehmen zum Beispiel keinen Einfluss auf die Zulieferer unserer Zulieferer." Zudem wird wenigstens die erste Generation des FairPhone, wie die meisten ganz normalen Handys auch, bei einem ODM-Hersteller in China produziert, was den Einfluss auf Löhne und Arbeitsbedingungen extrem einschränkt. Anders wäre allerdings wohl auch der anvisierte Preis von 250 bis 300 Euro nicht zu halten.

Andere sollten sich eine Scheibe abschneiden

Das soll allerdings nicht heißen, dass die Idee und der Grundgedanke des FairPhone vergebliche Liebesmüh' und zum Scheitern verurteilt sind. Das Projekt könnte schließlich die etablierten, stärker kommerziell orientierten Hersteller dazu bringen, ihre Fertigungs­bedingungen, die Material­auswahl und die Nachhaltigkeit ihrer Produkte zu überdenken und zu optimieren. Auch entsprechende Regelungen und Vorgaben für die Hersteller, wie sie in anderen Bereichen wie der Textilindustrie eingeführt wurden, könnten angestoßen werden. Das wäre, auch angesichts des zahlenmäßigen Ausstoßes von Herstellern wie Samsung, Apple, Nokia oder HTC am Ende für alle wichtiger, als wenn sich das FairPhone ein paar tausend mal verkauft - mit viel größeren Stückzahlen ist hier nämlich am Ende trotz der Unterstützung von KPN und Co. eher nicht zu rechnen.

Mehr zum Thema Smartphone