FairPhone: Keine echte Chance für das Weltverbesserer-Handy
Öko-Handy FairPhone
Bild: FairPhone
Eine Firma aus den Niederlanden will das FairPhone bauen, ein nachhaltig produziertes
Android-Smartphone, das durch bedachte
Auswahl der verwendeten Materialien sowie durch gerechte Löhne und
Arbeitsbedingungen den Prinzipien des Fair Trade entsprechen soll. Ein
lohnenswerter und nobler Ansatz, der unter anderem vom Telekommunikations-Riesen
KPN unterstützt wird, der bereits den Kauf von 1 000 Exemplaren
zugesagt hat. Noch in diesem Jahr soll das FairPhone erhältlich sein. Doch kann
das FairPhone wirklich ein Verkaufsschlager werden?
Grundsätzliche Dinge im Aufbau des FairPhone sind löblich. So sollen keine verklebten und fest verbauten Akkus zum Einsatz kommen, um die interne Batterie leicht austauschen zu können. Zudem soll das Öko-Smartphone besser zu reparieren sein als andere Modelle. Auch wenn die weiteren technischen Details noch nicht feststehen, soll es sich bei dem FairPhone um ein Dual-SIM-Handy halten. Diese Technologie sorgt laut den Entwicklern dafür, dass die Zahl der weltweit genutzten Smartphone nicht ins Unermessliche steigt. So weit, so löblich.
Nur ein kleiner Teil der Materialien aus zertifizierten Quellen
Öko-Handy FairPhone
Bild: FairPhone
Vor allem bei der Material-Auswahl wollen die Macher Vorsicht walten lassen.
Insgesamt rund 60 verschiedene Stoffe werden für ein Smartphone benötigt,
von denen zahlreiche nur in einigen wenigen Ländern der Erde vorkommen, und
dort unter zweifelhaften Bedingungen geschürft werden. Beim Abbau der
sogenannten "Seltenen Erden" kommt es häufig zu massiven Umweltschäden, zudem
fließt das Geld etwa beim Abbau von Tantal und Coltan im Kongo häufig in die
Kassen bewaffneter Gruppen einer der Bürgerkriegsfraktionen. FairPhone kann
hier auf viele Dinge keinen Einfluss nehmen, bezieht aber wenigstens das
benötigte Gold, Tantal und Zinn aus zertifizierten Quellen. Insgesamt ist das
zwar ein guter Anfang, jedoch ein zu geringer Anteil, um einen echten
Unterschied zu machen.
Kontrolle für FairPhone kaum möglich
Das Grundproblem dabei: Für FairPhone ist es fast unmöglich, die selbst gesteckten Vorgaben in Sachen Materialien und Arbeitsbedingungen stichhaltig zu überprüfen und dem Kunden zu garantieren. FairPhone-Macher Bas van Abel dies im Gespräch mit Spiegel Online ein: "Wir haben als kleines Start-Up-Unternehmen zum Beispiel keinen Einfluss auf die Zulieferer unserer Zulieferer." Zudem wird wenigstens die erste Generation des FairPhone, wie die meisten ganz normalen Handys auch, bei einem ODM-Hersteller in China produziert, was den Einfluss auf Löhne und Arbeitsbedingungen extrem einschränkt. Anders wäre allerdings wohl auch der anvisierte Preis von 250 bis 300 Euro nicht zu halten.
Andere sollten sich eine Scheibe abschneiden
Das soll allerdings nicht heißen, dass die Idee und der Grundgedanke des FairPhone vergebliche Liebesmüh' und zum Scheitern verurteilt sind. Das Projekt könnte schließlich die etablierten, stärker kommerziell orientierten Hersteller dazu bringen, ihre Fertigungsbedingungen, die Materialauswahl und die Nachhaltigkeit ihrer Produkte zu überdenken und zu optimieren. Auch entsprechende Regelungen und Vorgaben für die Hersteller, wie sie in anderen Bereichen wie der Textilindustrie eingeführt wurden, könnten angestoßen werden. Das wäre, auch angesichts des zahlenmäßigen Ausstoßes von Herstellern wie Samsung, Apple, Nokia oder HTC am Ende für alle wichtiger, als wenn sich das FairPhone ein paar tausend mal verkauft - mit viel größeren Stückzahlen ist hier nämlich am Ende trotz der Unterstützung von KPN und Co. eher nicht zu rechnen.