Mediaset: Platzt die Hochzeit mit ProSiebenSat.1?
Mediaset-Chef Pier Silvio Berlusconi will eine europäische Allianz mit ProSiebenSat.1 formen
Foto: Mediaset
Der Einstieg des italienischen Mediaset-Konzerns bei ProSiebenSat.1 gilt als umstritten. In Unterföhring stand man einem Engagement von Silvio Berlusconis Medienkonglomerat stets ausgesprochen skeptisch gegenüber.
Ziel von Mediaset ist es, eine paneuropäische Mediengruppe unter dem Namen "Media For Europe (MFE)" mit Führung der Italiener zu formen, die in den wichtigsten Märkten Europas vertreten ist. Dazu soll neben Mediaset in Italien die spanische Gesellschaft "Mediaset Espana" sowie eben auch ProSiebenSat.1 in Deutschland unter einer niederländischen Holding gehören.
Idealerweise hätte Mediaset zusätzlich gerne die französische Sendergruppe TF1 mit im Boot. Wenig Sympathie an dem Großprojekt kommt allerdings nicht nur aus der Chefetage von ProSiebenSat.1. Auch Mediasets französischer Großaktionär Vivendi hält nicht viel von Media For Europe.
Spanisches Gerichtsurteil gegen MFE
Mediaset-Chef Pier Silvio Berlusconi will eine europäische Allianz mit ProSiebenSat.1 formen
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Nun wurde der Fall vor einem spanischen Gericht verhandelt, welcher mit einem Urteil zugunsten von Vivendi endete. Laut einem Bericht des Magazins "Digital TV Europe" bestätigte der Richter eine Entscheidung zur Aussetzung des Zusammenschlusses vom Oktober, gegen die Mediaset Einspruch eingelegt hatte. "Das Urteil hat dem Unternehmen und seiner spanischen Tochtergesellschaft und allen Aktionären der beiden Unternehmen sowie dem gesamten europäischen Fernsehökosystem ernsthaften Schaden zufügt", kommentierte Mediaset das Ergebnis.
Allerdings machte man gleichzeitig deutlich, dass das Projekt nun noch energischer vorangetrieben werden soll: "Die Schaffung eines europäischen Broadcasters werde durch das wirtschaftliche Umfeld immer unverzichtbarer", so Mediaset. Man wolle die Fusionsbemühungen so bald wie möglich wieder aufnehmen.
Streaming-Konkurrenz im Nacken
Mit dem "wirtschaftlichen Umfeld" bezieht sich Mediaset ganz eindeutig auf eine wachsende Konkurrenz durch US-Streamer wie Amazon Prime Video, Netflix oder Disney. Diese haben auch in Italien den Markt gehörig aufgerollt und bedrohen das klassische lineare Fernsehgeschäft von Mediaset. Aus Sicht der Italiener sei man als Unternehmen allein auf nationaler Ebene gegen die amerikanischen Großkonzerne chancenlos und brauche daher innerhalb Europas Zusammenschlüsse, insbesondere auch um beispielsweise Synergien zu nutzen und damit Kosten zu sparen.
Beispiele solcher paneuropäischen Unternehmen, die dann gegenüber den Hollywood-Studios eine stärkere Verhandlungsbasis haben, gibt es bereits. Man denke hier an Sky, das in Italien, Irland, Großbritannien, Deutschland und Österreich vertreten ist. ProSiebenSat.1 setzt bei seinem Streaming-Dienst Joyn auf eine Expansion nach Österreich. Perspektivisch wäre möglicherweise vorstellbar, zusammen mit Mediaset auch eine weitere Expansion nach Italien voranzutreiben.
ProSiebenSat.1 und Mediaset passen zusammen
Grundsätzlich passen die beiden Medienunternehmen gut zusammen. Die Geschäftsmodelle sind durchaus miteinander kompatibel, zudem sind sowohl Italien als auch Deutschland nach wie vor wichtige Free-TV-Märkte in Europa. Würde man noch die Franzosen mit an Bord von MFE holen, entstünde ein durchaus relevanter Player auf dem europäischen Fernsehsektor. Allerdings: In diesem Konzert hätte ProSiebenSat.1 als eigenständiges Unternehmen nicht mehr viel zu sagen. Die Entscheidungen fallen dann ausschließlich in Mailand.
Das wäre eine klare Zäsur in der Geschichte von ProSiebenSat.1, die einst zu den ganz großen Namen und Pionieren im deutschen TV-Geschäft zählten. Man muss allerdings feststellen, dass die goldene Ära des Fernsehens sich klar und deutlich dem Ende zuneigt. Für viele Fernsehsender geht es also gar nicht mehr so sehr um die Frage, ob man an seiner Unabhängigkeit festhalten kann, sondern ob es überhaupt noch eine realistische Wahrscheinlichkeit gibt, mit dem eigenen Konzept langfristig am Markt bestehen zu können.
Im Zusammenhang mit dem Einstieg von Mediaset bei ProSiebenSat.1 steht die Zukunft der Mediengruppe zur Debatte.