Optimistisch

Freenet-Group: Steigende Nachfrage bei TV & Medien

Wirt­schafts­zahlen können knochen­tro­cken sein. In diesen Zeiten sind sie ein Indi­kator, ob und wie sich die kompli­zierte Lage auf die Wirt­schaft auswirkt.
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In Büdelsdorf fing alles an: Hier startete einst die Mobilcom, heute Teil der Freenet-Gruppe In Büdelsdorf fing alles an: Hier startete einst die Mobilcom, heute Teil der Freenet-Gruppe
Foto: Freenet AG
Die Freenet-Group, den meisten Lesern durch seine Mobil­funk-Marken Mobilcom-Debitel oder Klar­mobil her bekannt, wozu noch weitere Ange­bote wie waipu.tv und vieles mehr gehören, hat gestern Abend seine Zahlen für das 1. Quartal 2020 bekannt gegeben. Die Gruppe konnte den Umsatz gegen­über dem 1. Vorjah­res­halb­jahr um 1,9 Prozent auf 1,271 Milli­arden Euro und das EBITDA um 3,3 Prozent auf 223,9 Millionen Euro stei­gern. In der Kasse blieben (Free Cash­flow) mit 140,7 Millionen Euro, 11,0 Prozent mehr als im Vorjahr.

Mehr Abo-Kunden

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Foto: Freenet AG
Der „Abo-Kunden­stamm“ (Leute, die einen Lauf­zeit­ver­trag abge­schlossen haben) klet­terte um 3,2 Prozent auf 266.700 Netto­zu­gänge, macht insge­samt knapp 8,5 Millionen Kunden. Bei den „Abos“ sind Mobil­funk-Post­paid-Kunden, aktive freenet-FUNK-Kunden, freenet-TV-Abo-Kunden (RGU = Revenue Genera­ting Units" = Umsatz­erzeu­gende Kunden) und waipu.tv-Abo-Kunden enthalten.

Konzen­tra­tion auf lang­fris­tige Kunden­be­zie­hungen

Als Vorteil sieht die Freenet die Konzen­tra­tion auf lang­fris­tige Kunden­be­zie­hungen, sowie seine „flexible Kosten­struktur“, das heißt es wurde gespart, wo immer es möglich war. Dadurch stiegen die Umsatz­er­löse in den ersten sechs Monaten auf 1,271  Milli­arden Euro und lagen 24,3 Millionen Euro über dem Vorjahr. Der Verkauf der Handels­ge­sell­schaft „Motion TM“ ist da schon raus­ge­rechnet.

Post­paid-Kunden­basis wächst trotz vorüber­ge­henden Shop-Schlie­ßungen

Obwohl die Shops zeit­weise geschlossen werden mussten, konnte die Kunden­basis bei Post­paid gestei­gert werden. Aller­dings haben die Kunden weniger Geld ausge­geben, die Service­um­sätze sanken um 13,8 Millionen Euro (auf 758 Millionen), bei Prepaid um 7,1 Millionen (auf 60 Millionen), was sich im Ebitda mit -4,3 Millionen (auf 182 Millionen) nieder­schlug. Post­paid-Kunden gaben im Schnitt nur noch 18,30 Euro pro Monat aus (ARPU), 1 Jahr zuvor waren es noch 18,80 Euro gewesen.

Der allge­meine Lock­down in Deutsch­land sorgte für eine Schlie­ßung vieler mobilcom-debitel-Shops und GRAVIS Stores von Mitte März bis Ende April sowie der voll­stän­digen Schlie­ßung aller MediaMarkt-Saturn-Märkte bis Mitte Mai. Freenet konzen­trierte sich deshalb vermehrt auf die Online-Vermark­tung, um die Kunden­bin­dung zu stärken.

Freenet FUNK bleibt gefragt

Beim ersten App-Tarif freenet FUNK wuchs der Kunden­be­stand gegen­über dem Vorquartal um 18,6 Prozent (+6.500 Kunden) auf insge­samt 41.800 Kunden, Ende Juni 2019 waren es erst 20.400 Kunden gewesen.

Rück­gang bei Roaming und Auslandge­sprä­chen

Nicht alle Zahlen sehen gut aus: Bei Anrufen mit Ziel Ausland oder bei Roaming-Verbin­dungen gingen die Zahlen um 10 Prozent gegen­über dem Vorjahr zurück.

Der Post­paid-ARPU sank gegen­über dem Vorjah­res­zeit­raum um 2,7 Prozent auf 18,30 Euro (Halb­jahr1/2019: 18,80 Euro). Freenet sieht die Ursa­chen in regu­la­to­ri­schen Effekten, wie der EU-Höchst­grenze für Auslands­an­rufe in die EU, die Gebüh­ren­sen­kung für die Portie­rung von Rufnum­mern sowie einem Corona-bedingten Rück­gang beim Roaming, es wurde weniger gereist und damit weniger geroamt.

In der Summe steigen die Mobil­funk-Umsatz­er­löse jedoch um 23,2 Millionen Euro auf insge­samt 1.136.800 Euro, weil die Gravis-Computer-Shop Kette eine „starke Vertriebs­leis­tung“ gezeigt habe. Reali­sierte Spar­maß­nahmen spülten Geld in die Kasse, sollen aber die künf­tige Leis­tung des Unter­neh­mens nicht beein­träch­tigen.

Stei­gende Nach­frage nach TV und Medien

Mehr als die Hälfte des Wachs­tums entfällt dabei auf das Wachs­tums­feld TV und Medien. Wo die Kunden nicht aus dem Haus konnten, haben sie sich für TV und Medien inter­es­siert, also stiegen die Einnahmen entspre­chend. waipu.tv meldet eine Stei­ge­rung um 127.200 Abon­nenten (+ 51 Prozent), worin auch die neuen Kunden von o2-TV enthalten sind.

Durch eine erfolg­rei­che „stay@home“ Kampagne während des Lock­downs war waipu.tv auch im zweiten Quartal auf Wachs­tums­kurs gefragt. Über eine halbe Million Kunden zahlen für ein Abo. Gegen­über dem Vorjah­res­quartal stieg diese Zahl um rund 172.200 (+51,9 Prozent) und gegen­über dem Jahres­ende 2019 um rund 95.800 (+23,5 Prozent).

Die Zahl der umsatz­ge­ne­rie­renden Nutzer (RGU) von freenet TV (via DVB-T2) ist wie erwartet auf jetzt noch knapp über 1 Millionen Kunden gefallen. Abge­schal­tete Satel­li­ten­kunden (freenet TV via Satellit gibt es nicht mehr) und ein leichter Anstieg der Kündi­gungen aufgrund der seit 1. Mai 2020 geltenden Preis­er­hö­hung erklären diese Entwick­lung.

Für das zweite Halb­jahr wird mit einem weiteren Anstieg an Kündi­gungen („Churn“) gerechnet, weil für viele Freenet-TV-Gutschein­kunden, diese Preis­er­hö­hung erst dann reali­sieren werden. Unterm Strich würde sich die Preis­er­hö­hung aber für Freenet rechnen.

Der Umsatz im Segment TV und Medien stieg gegen­über dem Vorjahr um 2 Millionen auf 125,9 Millionen Euro, haupt­säch­lich getrieben durch die gute Entwick­lung bei waipu.tv

Ausblick für 2020 wird beibe­halten

Trotz COVID-19 sehen die Manager bei freenet Group weiter opti­mis­tisch in die Zukunft und behalten ihre Prognosen für 2020 bei. Auch wenn jetzt zwar mehr Klar­heit hinsicht­lich der (wirt­schaft­li­chen) Auswir­kungen der ersten „Corona-Welle“ besteht, sei die Prognose nach wie vor unsi­cherer, als Ende Februar. Unklar bleibe die Möglich­keit einer zweiten Infek­ti­ons­welle in Deutsch­land, deren Auswir­kung auf die Gesamt­wirt­schaft und Gesell­schaft vermut­lich noch gravie­render ausfallen könnte.

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