Klarstellung

Anwalt: Bereits genutzter Handy-Vertrag kann widerrufen werden

Wenn ein Handy-Vertrag bereits genutzt wurde, kann der Vertrag trotzdem innerhalb von 14 Tagen widerrufen werden. Rechtsanwalt Christian Solmecke geht im Interview auch darauf ein, wann dem Kunden bei nicht geliefertem Handy Schadensersatz zusteht.
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Unser auf einer dpa-Meldung beruhende Kurz-Bericht zur Frage, was Handy-Kunden unternehmen sollten, wenn das bestellte Smartphone nicht kommt, hatte einige Fragen offen gelassen. Im Forum wurde von teltarif.de-Lesern beispielsweise auch die Frage gestellt, in welchen Fällen dem Kunden Schadensersatz zusteht.

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Wie versprochen haben wir einen ausgewiesenen Fachanwalt zu dem Thema befragt. Rechtsanwalt Christian Solmecke von der Kanzlei Wilde, Beuger, Solmecke in Köln hat unsere Fragen hierzu beantwortet.

Frage: Ist der Tipp der Verbraucherzentrale richtig, bei nicht geliefertem Handy eine Frist zur Nachlieferung zu setzen? Man hat doch sowieso ein 14-tägiges Widerrufs- und Rückgaberecht, das erst mit der Lieferung der Ware beginnt und nicht schon mit der Bestellung?

Solmecke: Der Tipp ist nicht falsch. Der Kunde hat sowohl ein 14-tägiges Widerrufsrecht als auch einen Anspruch auf Nachlieferung im Rahmen seiner Gewährleistungsrechte. Die beiden Ansprüche sind voneinander getrennt zu betrachten und bedingen sich nicht gegenseitig.

Wenn die SIM-Karte sofort geliefert wird und das Handy gar nicht oder verspätet: Ist es sinnvoll, die SIM-Karte eingepackt zu lassen, um das komplette Paket (Vertrag plus Handy) widerrufen zu können?

Ja, das kann sich durchaus als sinnvoll herausstellen. Das Widerrufsrecht erlischt zwar durch das Auspacken der SIM Karte nicht, allerdings kann es sein, dass bei einem ausgeübten Widerruf dann anteilig Kosten geltend gemacht werden können. Es ist jedoch prinzipiell ein weitläufiger Irrglaube, dass ein Mobilfunkvertrag nicht widerrufen werden kann, wenn er schon in irgendeiner Weise genutzt wurde. Das Auspacken einer SIM-Karte jedenfalls bringt das Widerrufsrecht nicht zum Erlöschen.

Kann man bei einem subventionierten Koppelungs-Geschäft aus SIM und Handy überhaupt nur eines der beiden widerrufen und das andere behalten?

Die Verträge über den Tarif einerseits und über den Kauf eines Handys andererseits werden heutzutage regelmäßig zwei unterschiedliche Verträge sein. Ein Widerruf des Handy-Kaufvertrages hat sodann erst einmal keinen Einfluss auf den Laufzeitvertrag des Mobilfunk-Tarifs und kann unabhängig widerrufen werden. Die Verträge können allerdings miteinander verbunden werden und insofern als Einheit betrachtet werden. Wann dies jedoch der Fall ist, muss stets im Einzelfall genau geprüft werden. Bei verbundenen Verträgen wird nach § 358 BGB angeordnet, dass der Verbraucher, der seine Willenserklärung wirksam widerrufen hat, auch an seine auf den Abschluss eines mit diesem Vertrag verbundenen Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung nicht mehr gebunden ist. Der Widerruf des einen Vertrages erstreckt sich daher auch auf den anderen Vertrag und kann nicht separat widerrufen werden.

Was geschieht in dem Fall, dass man das Handy nicht möchte oder es nicht geliefert wird, mit der Handy-Subventionierung?

Verbraucher, die ihr Handy via Telefon oder im Internet gekauft haben, haben 14 Tage Zeit, den Vertrag zu widerrufen. Die Folgen des Widerrufs sind in § 357 BGB geregelt. Der Widerruf führt zur Umwandlung des Kaufvertrags über das Mobilfunkgerät in ein Rückgewährschuldverhältnis. Durch den Widerruf sind die empfangenen Leistungen zurück zu gewähren, also Handy gegen bisher geflossene Zahlungen. Dem Anbieter kann gleichzeitig allerdings ein Anspruch auf Wertersatz für die Nutzung des Geräts zustehen, sofern diese über eine kurze Geräte-Eignungsprüfung hinausging.

Kann ein Mobilfunkvertrag mit subventioniertem Handy überhaupt als verbundener Vertrag nach § 358 BGB angesehen werden?

Ob zwei unabhängig voneinander stehende Verträge geschlossen wurden oder ein womöglich verbundener Vertrag gemäß § 358 BGB besteht, muss in jedem Einzelfall geprüft werden und kann nicht allgemein beantwortet werden. Dass es sich bei Handyverträgen rechtlich um einen verbundenen Vertrag handeln kann, haben einige Gerichte bereits in der Vergangenheit bestätigt, sofern im Vertrag ein entgeltlicher Zahlungsaufschub oder eine sonstige entgeltliche Finanzierungshilfe gewährt werden. Das Ergebnis wäre damit ein grundsätzliches Widerrufsrecht.

Im Forum unter unserer Meldung wird die Frage nach dem Anspruch auf Schadensersatz gestellt: kann der Kunde nach Ablauf der Frist sich das bestellte und nicht gelieferte Handy anderweitig bei einem anderen Händler beschaffen und den ursprünglichen Händler die Rechnung bezahlen lassen?

Bei Unverbindlichkeit des Liefertermins bzw der Lieferfrist, wie meist, hat der Käufer eine Wartefrist von sechs Wochen zu beachten. Nach Fristablauf muss zunächst die Rücktrittserklärung klar und eindeutig gegenüber dem Verkäufer erklärt werden. Unter Umständen hat sodann der Verbraucher einen Schadensersatzanspruch gegen den Händler wegen Nichterfüllung. Der Käufer hätte dann Anspruch auf Ersatz des Schadens, der ihm durch die Nichterfüllung entstanden ist, wozu unter anderem die Kosten zählen, die ihm dadurch entstanden sind, dass er die Ware endgültig nicht bekommen hat. Dabei wären auch die Mehrkosten zu erstatten, die gegebenenfalls durch den Erwerb eines teureren Ersatzhandys anfallen würden.

Was passiert in diesem Fall mit der ursprünglichen Handy-Subventionierung?

In diesem Fall fällt die Handy-Subventionierung weg. Ein bereits abbezahlter Handy-Kaufpreis wäre dann selbstverständlich zurückzufordern.

In welchen Fällen steht dem Kunden tatsächlich ein Schadensersatz zu (also nicht nur Widerruf) und in welcher Höhe?

Eine Schadensersatzpflicht tritt ein, wenn der Händler in Schuldnerverzug gerät. Schuldnerverzug ist die schuldhafte Nichtleistung trotz Möglichkeit, Fälligkeit und Mahnung. Der Käufer kann in diesem Fall z.B. Ersatz seiner Anwaltskosten verlangen, die anhand des jeweiligen Streitwertes berechnet werden und bei rund 85 Euro beginnen. Darüber hinaus kann bei einem Rücktritt vom Vertrag auch ein Schadensersatz statt der Leistung geltend gemacht werden. Betragen die monatlichen Mehrkosten eines vergleichbaren Ersatzvertrages dann beispielsweise 10 Euro, kann bei einer zweijährigen Vertragslaufzeit ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 240 Euro bestehen.

Zur Person:

Rechtsanwalt Christian Solmecke Rechtsanwalt Christian Solmecke
Bild: WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte GbR
Christian Solmecke hat sich als Rechtsanwalt und Partner der Kölner Medienrechtskanzlei Wilde, Beuger, Solmecke auf die Beratung der Internet- und IT-Branche spezialisiert. So hat er in den vergangenen Jahren den Bereich Internetrecht/E-Commerce der Kanzlei stetig ausgebaut und betreut zahlreiche Medienschaffende, Web-2.0-Plattformen und App-Entwickler.

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