Wissenschaftler: Aufholstrategie für deutsche IT-Branche gefordert
Wissenschaftler fordern eine Aufholstrategie für die deutsche IT-Branche. (Symbolfoto)
Foto: dpa
Deutschland und Europa müssen nach Ansicht
führender Wissenschaftler im Bereich der Informationstechnik (IT)
gemeinsam mehr tun, um mit den USA und Asien mitzuhalten. "Nur so
können wir uns gegen die Übermacht der großen IT-Anbieter aus Amerika
und Asien wirksam verteidigen", mahnen der Chef des Deutschen
Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) in Saarbrücken,
Wolfgang Wahlster, und der Unternehmer und Wirtschaftsinformatiker
August-Wilhelm Scheer in einem Papier, das der Deutschen
Presse-Agentur vorliegt.
Es gebe in Europa zwar einen sehr großen Markt für IT-Anwendungen, Europa spiele aber auf der Anbieterseite bei Hard- und Software "gemessen an unserer Marktbedeutung eine zu geringe Rolle". Es dürfe nicht sein, dass die USA die geistige Leistung lieferten, Asien produziere und Europa kaufe. "Dies können wir nur durch eine europaweite Aufholstrategie ändern, mit dem Ziel, unsere Kompetenzen einzubringen, um eine Führungsrolle auf dem IT-Sektor einzunehmen."
Die beiden Professoren veröffentlichten ihr "Manifest" mit Blick auf den vom Bundeswirtschaftsministerium veranstalteten nationalen IT-Gipfel vom 16./17. November in Saarbrücken. Zu dem Treffen werden rund 1000 Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft erwartet. Darunter sind auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und mehrere Kabinettsmitglieder.
Fehlende eigene IT-Kompetenz führt zu Abhängigkeit
Wissenschaftler fordern eine Aufholstrategie für die deutsche IT-Branche. (Symbolfoto)
Foto: dpa
Auch klassische Branchen, in denen Deutschland und Europa führend auf
dem Weltmarkt seien, könnten ohne eigene IT-Kompetenz nur noch durch
Kooperationen mit den USA und Asien modernisiert werden: "Das heißt,
wir sind abhängig und nicht mehr an der Spitze der Entwicklung." Um
die Führungsrolle in erfolgreichen Branchen beizubehalten und
auszubauen, brauche es einen Digitalisierungsruck.
Die Politik müsse den Ausbau der Kommunikationsinfrastruktur durch Projekte und Ziele fördern. Im Bereich des sogenannten E-Government seien bundesweit einheitliche System nötig, einzelne Initiativen von Ministerien und Ländern müssten koordiniert werden. Der Staat müsse "seine Rolle als Leitinvestor wahrnehmen", damit Schlüsselkompetenzen ausgebaut werden könnten.
Deutschland hat Aufholbedarf bei Digitalisierung des Bildungssystems
Der IT-Gipfel steht unter dem Motto "Lernen und Handeln in der digitalen Welt". Deutschland hinke bei der Digitalisierung des Bildungssystems hinter anderen vergleichbaren Ländern hinterher, sagte Scheer. "Dieses muss grundlegend geändert werden. Die Einsicht dazu wächst."
Die Technologie solle nicht um ihrer selbst eingeführt werden, sondern um die Vorteile wie die "Zeit- und Ortsunabhängigkeit des Lernens" zu nutzen. "Das Ziel ist die digitale Bildungsrepublik Deutschland". Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen würden künftig für Planung, Produktion und Wartung autonomer Systeme, beispielsweise Roboter, dringend benötigt.
Von den Unis und Forschungseinrichtungen her habe Deutschland "weltweit anerkannte Voraussetzungen, um auch bei der Digitalisierung mit führend sein zu können", sagte Wahlster. Ergebnisse müssten aber schneller in Form von Produkten und Prozessen umgesetzt werden.
Scheer und Wahlster haben den IT-Gipfel im Saarland federführend mit vorbereitet. Ihr Papier wird nach eigenen Angaben von anderen Wissenschaftlern und Praktikern unterstützt.