ProSiebenSat.1: Kein eigener Nachrichtensender
ProSiebenSat.1-CEO Rainer Beaujean
Foto: ProSiebenSat.1 Media SE
Wohin steuert ProSiebenSat.1 in Zukunft? Diese Frage stand ganz im Mittelpunkt der Bilanzpressekonferenz, auf der CEO Rainer Beaujean und Deputy CFO Ralf Gierig den Medienvertretern Rede und Antwort standen. Interessante Einblicke gab es zur weiteren Zukunft von Joyn, der Zusammenarbeit mit Mediaset sowie Spekulationen über einen eigenen Nachrichtensender. Wir haben die wichtigsten Ergebnisse zusammengefasst.
Fokus auf Kerngeschäft
ProSiebenSat.1-CEO Rainer Beaujean
Foto: ProSiebenSat.1 Media SE
Das werbefinanzierte Free TV bleibt bei ProSiebenSat.1 auch in Zukunft das Kerngeschäft, gleichzeitig will der Medienkonzern weiter in seinen Streaming-Dienst Joyn investieren. Mit einem Wachstum von 30 Prozent bei den Unique Usern konnte das Management hier außerdem positive Zahlen verkünden. Joyn sei für ProSiebenSat.1 ein Geschäftsmodell, das perfekt zur Digitalisierungslogik passe.
Allerdings unterscheide sich der Streaming-Dienst laut Beaujean grundlegend von anderen Angeboten am Markt. So wolle man nicht in erster Linie mit einem Subscription-Modell Geld verdienen, sondern sehe Joyn eher als zusätzlichen Distributionskanal für Inhalte von ProSiebenSat.1, welche auch durch Werbung monetarisiert werden. Die Stärke des Medienkonzerns liege nicht in lizenzierten US-Inhalten, welche man auch bei anderen Mitbewerbern bekommen könne, sondern vor allem in lokalem Live-Content. Dazu ob auch die RTL-Sender künftig bei Joyn an Bord sind, wollte Beaujean nach wie vor keine Auskunft geben. Man sei offen, doch läge diese Entscheidung ausschließlich bei RTL in Köln.
Zusammenarbeit mit Mediaset
Unabhängig von den Plänen des italienischen Großinvestors Mediaset verfolge ProSiebenSat.1 nach wie vor eine eigene Strategie, unterstrich Beaujean: "Es ist eine schöne Entwicklung, wenn Wettbewerber sagen, wir sind das beste Unternehmen in Europa. Damit fühlen wir uns in unserer Strategie bestätigt." Dennoch sei diese Entwicklung für das operative Geschäft von ProSiebenSat.1 nicht weiter relevant.
"Wir sind strategisch gut aufgestellt", betonte der CEO. Zwar führe man aktuell keine Gespräche, biete aber sowohl Mediaset als auch RTL eine Zusammenarbeit an. So könnte man sich eine Kooperation auf Vertragsbasis gut vorstellen, alles Weitere liege jedoch nicht in der Hand von ProSiebenSat.1. Im Zusammenhang mit der eigenen Strategie kam auch die Frage nach einem eigenen Nachrichtensender auf. Diesen soll es laut Beaujean derzeit nicht geben, vielmehr gehe es darum, Nachrichten wieder zentral für die gesamte Sendergruppe ins eigene Haus zurückzuholen. Voraussichtlich ab 2023 werden diese für alle Plattformen selbst produziert.
Weitere Diversifizierung
Beim Geschäftsmodell will sich ProSiebenSat.1 weiter auf das Thema Entertainment konzentrieren und sich gegebenenfalls von nicht-strategischen Investitionen trennen. Erfolgreich seien hingegen beispielsweise die Beteiligungen im Dating-Geschäft. Im Free TV-Geschäft zeigten sich vor allem die Sender ProSieben und Sat.1 erfolgreich, so zum Beispiel die Übertragung der NFL, auch bei den HD-Abos konnte die Sendergruppe zulegen.
Wachsen wolle man letztendlich in den Kernmärkten Deutschland, Österreich und der Schweiz. Allerdings gab es diesbezüglich zumindest mit Blick auf Joyn in den vergangenen Monaten Schwierigkeiten. So wurde der Start des Streaming-Dienstes zwar angekündigt, danach jedoch verschoben. Mittlerweile steht der Launch wohl aufgrund der schwierigen Rahmenbedingungen mit Blick auf die Corona-Pandemie und Produktionsbedingungen sogar ganz auf Eis, worüber wir bereits in einer weiteren Meldung ausführlich berichteten.
In einem Interview sprachen wir mit Joyn-Geschäftführerin Katja Hofem über weitere Pläne des Streamers.