Online-Dating

Flirten ohne Bild? Neue Strategie für Online-Dating

Rund 12 Millionen Menschen gehen laut Schätzungen im Internet auf Partnersuche, das zieht immer wieder neue Anbieter an. Doch der Markt ist umkämpft, deshalb müssen Anbieter clever sein - und setzen dabei auch auf Altbewährtes.
Von dpa / Stefan Kirchner

Online-Dating Mit einem neuen Ansatz wollen neue Onine-Dating-Portale Kunden gewinnnen
Foto: picture alliance / dpa
Jung, attraktiv, sportlich schlank: Fotos von schönen Menschen beherrschen die Websites und die TV-Werbung der großen Online-Singlebörsen. Auch wer sich dort auf die Suche nach dem neuen Liebes­glück macht, setzt meist auf die Macht der Bilder und nutzt schöne Selfies, gelungene Urlaubs­schnappschüsse oder ein cooles Foto vor der Großstadt­kulisse zur Selbst­vermarktung. Hat die traditionelle Kontakt­anzeige mit wenigen Textzeilen und ohne Bild in diesen Zeiten überhaupt noch eine Chance? Und wer nutzt sie heute noch?

So genau kann man den Markt und die Zielgruppen bei der Partner­suche gar nicht abgrenzen, sagt Alexandra Langbein vom Vergleichs­portal singleboersen-vergleich.de. Die bekannte Plattform Lovescout24 etwa gilt als Kontaktanzeigen-Portal, auch wenn die Nutzer dort Fotos von sich hochladen. Generell gelte: Viele Wege führen nach Rom beziehungs­weise zum nächsten Date. Singles, die länger auf der Suche nach einem Partner sind, melden sich häufig bei mehreren unterschiedlichen Online-Börsen an, um ihre Chancen zu erhöhen - und versuchen es zusätzlich über Kontakt­anzeigen in Tages­zeitungen, Online-Medien oder Anzeigenblättern.

Printmedien als zeitlose Dating-Plattform

Online-Dating Mit einem neuen Ansatz wollen neue Onine-Dating-Portale Kunden gewinnnen
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Bei der Wochenzeitung "Die Zeit" etwa sind es mehr Frauen als Männer, die mit Inseraten nach einem geeigneten Partner Ausschau halten. Mehr als die Hälfte der 2365 Kontakt­anzeigen, die im vergangenen Jahr im Zeit-Magazin geschaltet wurden, stammen vom weiblichen Geschlecht. Das Bemerkens­werte: Die Gesamtzahl der Anzeigen schwankt trotz wachsender digitaler Konkurrenz nur leicht, wie eine Sprecherin erklärt. Vor rund 10 Jahren waren es mit 2345 nur 20 Annoncen weniger.

Als typische Zielgruppe für die klassische Kontakt­anzeige mit einigen Zeilen Text gilt eigentlich die Altersgruppe 50 plus. Aber auch jüngere Flirt­willige brauchen für das erste Kennen­lernen nicht unbedingt Fotos, sagt Marina Tomacelli vom Münchner Start-up liebertext.de. Über die gleichnamige App können die Nutzer selbst geschriebene Inserate einstellen und erste Bande zur potenziellen neuen Liebe knüpfen. Die wenigen Zeilen sagten meist viel mehr über die Autoren aus als ein hübsches Bild, ist Tomacelli überzeugt. Der Einstieg ist für die Singles erst einmal kostenlos, für weitere Funktionen prüfen die Gründer derzeit noch Bezahlmodelle.

Rund 2500 in Deutschland nutzbare Single-Börsen gibt es derzeit. Nach einem Boom in den Jahren 2003 bis 2011 und einer Phase stagnierender Umsätze ist die Branche mittlerweile wieder auf Wachstums­kurs. 2015 kamen die Online-Börsen nach Erhebungen von singleboersen-vergleich.de zusammen auf Erlöse von rund 200 Millionen Euro. Neuere Zahlen liegen zwar nicht vor, doch dürfte es auch in den vergangenen beiden Jahren jeweils ein kleines Plus gegeben haben, sagt Expertin Langbein. Das Vergleichs­portal finanziert sich über Provisionen, wenn Nutzer sich darüber auf ein Dating-Portal weiterleiten lassen und eine Mitgliedschaft abschließen.

Kommende und gehende Konkurrenz

Zugleich ist die Branche in Bewegung: Nachdem der Medien­konzern ProSiebenSat.1 sich 2016 die beiden Partner­vermittler Elite­partner und Parship geschnappt hatte, kommen auch immer wieder neue Spieler auf den Markt - und kleine, teils regionale Anbieter verschwinden. Letzte größere Neuzugänge waren im vergangenen Sommer Zweisam.de für Singles über 50 Jahren und das Start-up Lemonswan, mitgegründet von Arne Kahlke, der schon bei Parship mitmischte und später Elite­partner ins Leben rief.

Wie andere Plattformen funktioniert auch Lemonswan über ein Abo-Modell, ist aber für die Nutzer einer Basis-Mitgliedschaft sowie für weniger zahlungs­kräftige Mitglieder kostenlos, nämlich für Allein­erziehende, Auszubildende und Studenten. Mitgründer Kahlke will damit auch die Einstiegs­hürde senken. "Ich habe über die Jahre festgestellt, dass Geld das Relevanteste ist, was Singles von der seriösen Partnersuche abhält", sagte er kürzlich dem Online-Portal Gründerszene. "Partner­vermittlung kostet in der Regel immer sehr viel und das kann sich nicht jeder leisten." Das sei auch das Problem in diesem Markt.

Aber die Branche kämpft auch immer wieder mit Negativ-Berichten über unseriöse Anbieter und Abzockmethoden, etwa über eigens bezahlte Mitarbeiter, die flirtwillige Singles im Netz bei Laune halten. So haben Experten der Verbraucher­zentrale Bayern kürzlich 187 Online-Dating-Portale identifiziert, die solche Methoden anwenden - und darauf nur im Klein­gedruckten verweisen. "Betrachtet man die Branche im Gesamten, ist das Fazit, dass man bei der Auswahl eines Anbieters leider sehr aufmerksam sein muss", merkt Tatjana Halm von der Verbraucher­zentrale Bayern an. Das gelte sowohl für digitale als auch für analoge Angebote.

In einem weiteren Beitrag lesen Sie, worauf Sie bei Dating-Portalen achten müssen und welche Fallstricke es geben kann.

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