Kratzfest

Hintergrund: Was bringt Saphirglas?

Saphirglas ist weder Saphir, noch Glas, aber die Härte - das neue Material soll noch haltbarer sein als Gorilla-Glas. Allerdings ist es nicht einfach herzustellen und noch schwerer zu verarbeiten. Was bringt der Einsatz von Saphirglas?
Von

Lange wurde darüber spekuliert, ob Apples neues iPhone 6 mit Saphirglas als Frontglas kommt. Am Ende ist es "nur" Apples Smartwatch, die mit Saphirglas ausgestattet sein wird. Aber auch für die gilt: Gegenüber dem bewährten Gorilla-Glas soll das neue Material noch haltbarer sein. Aber stimmt das auch?

Zunächst einmal ist eine Begriffsklärung angebracht: Saphirglas ist weder Saphir, wie man ihn beim Juwelier kaufen kann, noch Glas. Die korrekte Bezeichnung für das Material ist eigentlich "Korund", Ein unbearbeiteter Korund-Kristall. Ein unbearbeiteter Korund-Kristall.
Bild: imfotograf - Fotolia
doch letzterer Begriff dürfte vor allem Geologen bekannt sein. Korund ist - bezogen auf seine außergewöhnlichen Eigenschaften - vergleichsweise häufig. Kleine Korund-Kristalle sind beispielsweise übliche Beimengung in Granit und Marmor. Aber auch große Korund-Kristalle finden sich in der Natur - die Wikipedia weiß von einem Exemplar zu berichten, das ein Meter lang ist und nicht weniger als 150 kg wiegt.

Reiner Korund ist farblos, durchsichtig und mit einer Mohs-Härte von 9 fast so hart wie Diamant, dem härtesten natürlichen Material überhaupt (Mohs-Härte 10). Säuren können dem Korund nichts anheben, auch Laugen (außer konzentrierter Natronlauge) lösen den Edelstein nicht auf. Natürlicher Korund ist selten rein. Enthält er zum Beispiel neben den Hauptbestandteilen Aluminium und Sauerstoff noch Chrom, wird er je nach Chrom-Anteil rosa bis tiefrot. Tiefrot ist er ein begehrter Schmuckstein - nämlich Rubin. Beimengungen von Eisen und Titan färben den Korund hingegen blau. Auch den gibt es beim Juwelier zu kaufen - als Saphir. Im weiteren Sinne werden zudem alle weiteren Farbvarietäten - zum Beispiel gelb, grün oder braun - des Korund als Saphire bezeichnet.

Wahrscheinlich waren es Marketing-Experten, die das Wort "Saphirglas" für dünne Scheiben aus glasklarem, künstlichen Korund formten. Vom Saphir unterscheidet sich Saphirglas also dadurch, dass letzteres keine farbgebenden Unreinheiten enthält und künstlich hergestellt wurde. Saphirglas ist aber kein Glas im eigentlichen Sinne, denn es handelt sich bei Saphir, Korund und Rubin um Kristalle, nicht um Gläser! Um die Verwirrung komplett zu machen: Kristallglas ist auch kein Kristall, sondern ein Glas, wenn auch hochwertiges.

Extrem hart

Einen so harten Kristall wie Saphirglas alias Korund als Front"glas" für ein Smartphone zu verwenden, bringt etliche Vorteile: Wenn man nicht gerade mit Diamanten daran ritzt, oder mit korundhaltigem Material (z.B. Granitblöcken) drauf einprügelt, sind keine Kratzer zu erwarten. So gut wie alle anderen Materialien sind weicher als Korund. Kleine Kratzer sind nicht nur unschön anzusehen. Unter Wassereinfluss (Luftfeuchte, Schweiß) können sie auch bei geringen Belastungen weiter wachsen und so schließlich zum Brechen der Scheibe führen. Weniger Kratzer - weniger Bruchgefahr: Das sind die Vorteile des hochfesten kristallinen Saphirglas.

Dennoch zerbrechlich

Gesplittertes Display: Genau das soll mit Saphirglas nicht mehr passieren. Gesplittertes Display: Genau das soll mit Saphirglas nicht mehr passieren.
Bild: rcfotostock - Fotolia
Trotz der Härte ist Saphirglas aber vergleichsweise zerbrechlich: Die maximale Zugbelastung beträgt nämlich nicht einmal ein Zehntel der maximalen Druckbelastung. Trifft nun ein Schlag auf eine dünne Scheibe aus Saphirglas, dann wird die Vorderseite auf Druck belastet (kein Problem), die Rückseite hingegen auf Zug. Wird an der Rückseite die Belastungsgrenze überschritten, reißt dort die Scheibe ein. An der Stelle des Risses wird die Scheibe noch dünner, die Kräfte steigen folglich noch weiter an, und der Riss arbeitet sich binnen Sekundenbruchteilen von hinten nach vorne durch.

Normales Fensterglas hat ein noch ungünstigeres Verhältnis von maximaler Zug- zu Druckbelastung, und splittert bei Schlägen entsprechend sehr viel leichter als Saphirglas. Doch hat der Hersteller Corning bei der Entwicklung und Weiterentwicklung von Gorilla-Glas wahre Wunder vollbracht und diesem im Vergleich zu herkömmlichen Glas die vielfache Festigkeit verliehen. Tatsächlich behauptet Corning, dass sein Gorilla-Glas sogar bruchfester sei als Saphirglas!

Sind die noch seltenen Smarthpones mit Saphirglas im Vergleich zur massenhaften Gorilla-Glas-Konkurrenz also nochmals deutlich kratzfester und weniger anfällig gegen kratzerbedingte, von vorne wachsenden "Langzeitbrüche", dafür aber stärker gefährdet für "Unfallbrüche", wenn das Display auf einen harten, spitzen Gegenstand aufkommt? Von den bisher bekannten Eigenschaften der verwendeten Materialien her ist dieses zu befürchten.

Es stellt sich aber die Frage, ob nicht ähnliche chemische Tricks wie die, die Gorilla-Glas härten, auch dem Saphirglas die Splitterneigung austreiben können, und ob die Hersteller diese bereits anwenden. Dazu mehr auf der nächsten Seite.

Weitere Hintergrund-Texte auf teltarif.de