Köln: Vodafone sendet 5G-SA von der Straßenlaterne
Dass Mobilfunk nur funktionieren kann, wenn es möglichst viele Sendestationen gibt, ist klar. In Ballungsgebieten, z. B. Großstädten müssen die Stationen noch dichter stehen, um den Daten- und Sprachverkehr optimal weiterleiten zu können.
Small Cells mit 5G+ in Köln
In der Domstadt Köln hat der Mobilfunknetzbetreiber Vodafone jetzt die ersten Mobilfunk-Kleinzellen (Small Cells) mit 5G-SA-Technologie (Vodafone nennt das "5G+") in Betrieb genommen. Diese Funkzellen sind in speziell angefertigten Straßenlaternen verbaut und fügen sich so unauffällig ins Stadtbild ein. Die nach Angaben des Netzbetreibers "europaweit ersten 5G-Straßenlaternen" stehen im Herzen der Kölner Innenstadt in unmittelbarer Nähe zu den belebten Plätzen am Heumarkt und an der Domplatte.
Alles in der Straßenlaterne
Stellten die 5G-Small-Cells vor: Gerhard Mack (Technik-Chef Vodafone), Birgit Lichtenstein (RheinEnergie), Henriette Reker (Oberbürgermeisterin Köln) (v.l.n.r)
Foto: Vodafone Deutschland
Vodafone hat die beiden Straßenlaternen mit eigener Mobilfunktechnologie – dazu gehören die Antennen, die aktive Technik und die Kabelführungen – ausgestattet. Die Technik für 5G ist in der Laternenbasis ("Podium") der neun Meter hohen Laternen untergebracht. Die eigentlichen Antennen sind sechs Meter über dem Boden montiert. Über Glasfaser-Leitungen erfolgt die Anbindung an die nächste Vodafone-Mobilfunk-Vermittlung. Den Strom für die "Straßenlaterne der Zukunft" liefert der örtliche Energieversorger "RheinEnergie". Die Antennen haben eine Reichweite von bis zu 400 Metern und bieten im 3,5 GHz Band (n78) bei 5G-SA (5G+) eine Geschwindigkeit von bis zu einem Gigabit, verspricht Vodafone.
Was sind Small Cells?
Zur Erinnerung: Small Cells sind kleine Funkzellen, welche die eigentlichen ("Makro"-)Basisstationen der Mobilfunknetze ergänzen. Sie können einen Mobilfunkstandort auf einem Dach oder Mast nicht ersetzen, sorgen aber in kleineren Bereichen innerhalb der Mobilfunkzelle für zusätzliche Kapazität oder erhöhen die Reichweite. Zum Einsatz kommen sie vor allem dort, wo sich besonders viele Menschen auf engstem Raum aufhalten. Bei 5G-SA ("Echtzeit-Netz") werden Small Cells in Zukunft eine besonders wichtige Rolle spielen, findet man bei Vodafone, etwa bei vernetzten Mobilitätsangeboten, bei mobile Augmented Reality Anwendungen oder bei interaktiven sozialen Netzwerke der Zukunft.
Signal für den weiteren 5G-Ausbau in Köln
Eine Straßenlaterne mit 5G-Technik, die Antennen sind in den schwarzen Kästen.
Foto: Vodafone Deutschland
Deswegen schaute auch Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker vorbei, um gemeinsam mit dem scheidenden Vodafone Technik-Chef Gerhard Mack und Birgit Lichtenstein, Finanz-Vorständin der RheinEnergie, die mit Mobilfunk ausgerüsteten Straßenlaternen als ein erstes Ergebnis der Zusammenarbeit beim Ausbau des hochleistungsfähigen neuen Mobilfunkstandards 5G+ in Köln vorzustellen.
Die Stadt Köln möchte im Rahmen ihres „Gigabit Masterplan Cologne 2025“ ein flächendeckendes Gigabitnetz mit Glasfaser im Boden und 5G in der Luft bis 2025 haben. Dabei will die Stadt den Netzausbau in der Domstadt erleichtern. Daher werden Antennenstandorte der Stadt Köln und der Stadtwerke Köln sowie Glasfaser und Strom gebündelt an die jeweiligen Netzbetreiber selbst oder deren Funkturmgesellschaften vermietet. Die Inbetriebnahme der Straßenlaternen gehört zum "flächendeckenden Rollout von 5G in ganz Köln". Vodafone bzw. ihre Infrastruktur-Tochter Vantage Towers können Antennenstandorte in Kombination mit Glasfaser- und Stromanbindungen der Stadt selbst und der RheinEnergie nutzen, ähnliches dürfte für die Deutsche Funkturm (DFMG) der Telekom und für American Towers (für Telefónica o2) gelten.
Vodafone betont, "der erste Nutzer des Kölner Modells” also der kombinierten Bereitstellung von Infrastruktur zu sein. Grundsätzlich steht dieses Modell aber allen Netzbetreibern offen.
Henriette Reker, Oberbürgermeisterin von Köln erläutert: „Mit dem Gigabit Masterplan Cologne 2025 hat die Verwaltung ein Konzept vorgelegt und der Rat einstimmig beschlossen, das flächendeckende Gigabitnetze mit Glasfaser im Boden und Mobilfunk in der Luft anstrebt. 5G erfüllt diese Zielsetzung." Und weiter: „Bei 5G geht es weniger um noch schnelleres Surfen, sondern um Echtzeitdaten beispielsweise bei neuen Verkehrskonzepten: Gemeinsam genutzte Verkehrsmittel können miteinander, mit Ampeln, Ladesäulen oder auch mit Umweltsensoren kommunizieren und somit Verkehr reduzieren und klimaneutraler machen. Es geht um Anwendungen in der Medizintechnik. Der 5G-Ausbau ist von zentraler Bedeutung für den Wirtschaftsstandort Köln. Alles, was nicht oder nur schwer mit Glasfaser angebunden werden kann, aber dennoch sehr schnell und sicher kommunizieren muss, braucht 5G. Damit ist der Auf- und Ausbau dieses Netzes entscheidend für die Zukunftsfähigkeit Kölns.“
Vodafone-Chef Ametsreiter: Wichtiges Signal
Vodafone Deutschland Chef Dr. Hannes Ametsreiter sieht die Inbetriebnahme der "europaweit ersten 5G+ Straßenlaternen" in Köln als ein wichtiges Signal. Das Kölner-Modell könne "ein Vorzeige-Modell für Deutschland werden.”
Birgit Lichtenstein, Finanzvorständin der RheinEnergie, möchte mit den Unternehmen der Stadtwerke Köln essenzielle Beiträge zur Daseinsvorsorge in Köln und in der Region leisten. Das gelinge durch weitreichende Synergien zum Aufbau einer flächendeckenden 5G-Infrastruktur. Die sonst langen Abstimmungsprozesse ließen sich damit verbessern. Große Hoffnung setzt sie auf die "Small Cells", die schneller und flächendeckend an Straßenlaternen aktivieren lassen.
Wie viele Sender hat Vodafone in Köln?
In Köln verfügt Vodafone über 374 Mobilfunkstandorte, von denen bereits 45 mit 5G-Technologie ausgerüstet sind. Zehn davon sind bereits 5G-SA (5G+) Standorte. Bis 2023 plant Vodafone in Köln 75 5G-Netzerweiterungen. Außerdem seien 62 LTE-Ausbaumaßnahmen vorgesehen, teilt das Unternehmen mit.
Hintergrund: 5G-SA ("5G+") vs. 5G-NSA
Vodafone nimmt für sich in Anspruch beim 5G-Ausbau nicht ausschließlich auf die Erweiterung der bestehenden LTE-Netze (durch 5G-NSA - non standalone und 5G-DSS - dynamic spectrum sharing) zu setzen, sondern eine "komplett eigenständige 5G-Infrastruktur im Antennen- und im Kern-Netz" aufzubauen. Der Fachbegriff lautet "5G-Standalone" (5G-SA), Vodafone nennt das gerne "vollständiges 5G-Netz" oder "5G+."
Geringere Latenzzeiten - noch kein VoNR
Vorteile sind für Vodafone Latenzzeiten, die im Idealfall auf rund 10 Millisekunden sinken sollen. Da bei 5G-SA nur eine Funk-Technologie gebraucht wird (bei 5G-NSA ist noch 4G/LTE im Spiel), müsste sich damit am Ende spürbar Energie sparen lassen. Das klappt aber in der Praxis noch nicht wirklich, da Vodafone zum Telefonieren wieder auf VoLTE im 4G-Netz umschalten muss, den VoNR (Voice over 5G) ist im Netz noch nicht implementiert.
5G kann bis zu eine Million Gegenstände (IoT) und Smartphones pro Quadratkilometer vernetzen – das ist zehn Mal mehr als das bisherige Technologien verkraften.
Freischaltung von 5G-SA (5G+) bei Vodafone
Wer das 5G+ Netz von Vodafone ausprobieren möchte, muss einige Voraussetzungen erfüllen. Er muss sich in einem mit 5G-SA versorgten Gebiet aufhalten und über ein dafür geeignetes Gerät (einige spezielle Modelle mit Android oder ein iPhone der 13-Serie oder ein spezielles aktuelles iPad) mit passender SUCI-SIM-Karte von Vodafone verfügen. 5G+ gibt es nur für Vertragskunden, bei Prepaid geht nur 5G-NSA.
Sind diese Voraussetzungen komplett erfüllt, lässt sich im Idealfall "mit nur einem Klick auf den neuen 5G+ Button" in der MeinVodafone App diese Option aktivieren (und bei Nichtbedarf auch wieder deaktivieren). Überall dort, wo "5G+" (5G-SA) bereits verfügbar ist, sollten sich die Smartphones, die das vollständige 5G-Protokoll bereits unterstützen, dann automatisch in das "Echtzeit-Netz" einbuchen. Wo 5G-SA noch nicht freigeschaltet ist, bleiben Smartphone-Nutzer wie gewohnt in den bisherigen Netzen (5G Non-Standalone und LTE) unterwegs.
Wo es noch gar kein Netz gibt (in "weißen Flecken"), kann auch 5G verständlicherweise nicht genutzt werden.
Eine Einschätzung (von Henning Gajek)
Viele Anwender stehen 5G nach wie vor skeptisch gegenüber. Sie wünschen sich lieber endlich eine grundlegende und durchgehende Netzversorgung gerade in dünn besiedelten Gebieten, auf Straßen durch Wälder, in Erholungsgebieten mit Flüssen und Seen, wo aktuell entweder gar kein oder nur das "falsche" Netz versorgt. Das mag nicht so sexy sein, aber das muss jetzt endlich angegangen werden. In den letzten Jahren ist schon viel Zeit vertrödelt worden.
Man mag über "5G an jeder Milchkanne" lächeln, aber genau darauf läuft es hinaus. Erst dann kann 5G ein Erfolg werden.
Langfristig ist 5G-SA die Zukunft, kurzfristig müssen die weißen Löcher weg. Bundesweit, überall. Es kann nicht sein, dass es so aussieht, als ob dieses Thema "weiße Flecken ausbauen" im Wesentlichen sich nur ein einziger Netzbetreiber auf seine Fahnen geschrieben hat. Ich lasse mich gerne vom Gegenteil überzeugen. Wo gibt es Orte, wo bisher nichts ging, die erst kürzlich mit Netz (z.B. von Vodafone) erstmalig versorgt wurden? Schreiben Sie uns.