Geschäftsmodell gesucht

Preiskampf: Mobile Sprachtelefonie als Auslaufmodell

Das Geschäft mit mobilen Diensten geht an den Netzbetreibern vorbei
Von Marie-Anne Winter

Auf der CeBIT 2005 warnte der damalige E-Plus-Chef Uwe Bergheim, dass die Einführung einer Gesprächsflatrate die letzte Masche sei, die ein Mobilfunkanbieter auf dem deutschen Markt bringen könne. Wenn dieser Stein ins Rollen käme, würde das zu einem ruinösen Preiskampf um das billigste Flatrate-Angebot führen. Deshalb zögerten die Anbieter diesen Schritt noch eine Weile hinaus - allerdings vergeblich. Inzwischen gibt es Sprach-Flatrates inklusive SMS-Flat für unter 20 Euro monatlich.

Zwar ist bisher noch keiner der deutschen Netzbetreiber pleitegegangen, angesichts dieser Entwicklung verwundert jedoch nicht, dass die weltweiten Umsätze im Bereich der mobilen Sprachtelefonie inzwischen vor einem negativen Wendepunkt stehen: Nach einer aktuellen Analyse der internationalen Strategieberatung Booz & Company [Link entfernt] werden die Umsätze in der mobilen Sprachtelefonie bis 2016 um knapp 5 Prozent auf 628 Milliarden US-Dollar sinken. Manche Leute telefonieren auch noch mit ihren Smartphones. Manche Leute telefonieren noch mit ihren Smartphones. Aber die Netzbetreiber verdienen immer weniger mit der Sprachtelefonie.
Bild: dpa

Gerade im deutschen Markt zeichnet sich dieser negative Trend für Sprachumsätze deutlich ab: Hier werden die Umsätze im gleichen Zeitraum von 15 Milliarden Euro auf voraussichtlich 12 Milliarden Euro schrumpfen. Damit fällt die Sprachtelefonie eher kurz- als mittelfristig als Umsatzbringer für Mobilfunkbetreiber aus - ein Trend, der sich im Festnetz fortsetzt. Gleichzeitig explodieren die Übertragungsraten im Bereich der mobilen Daten. So wächst das Datenvolumen via Mobilfunk und Festnetz pro Jahr im Schnitt um 29 Prozent.

Die globalen Erträge, die Telekommunikationsunternehmen beispielsweise mit der Übertragung von Bild-, Video- oder Musikdateien erwirtschaften, legen dagegen nur um vergleichsweise moderate 9 Prozent pro Jahr zu. In Deutschland wachsen die mobilen Datenumsätze nach BITKOM-Schätzungen in diesem Jahr dagegen bereits um 10 Prozent auf dann 9,4 Milliarden Euro.

Wie kommen die Netzbetreiber an ihr Stück vom Kuchen?

Trotz der noch teilweise offenen Frage, wie sich der enorme Datenzuwachs künftig im Geschäftsmodell der Telekommunikationsunternehmen positiv niederschlagen kann, zeigen die Analysen von Booz & Company, dass sich die Umsatzverluste aus dem schrumpfenden Geschäftsbereich Sprache langfristig zumindest theoretisch überkompensieren lassen - wenn denn geeignete Maßnahmen ergriffen werden.

Denn ein weiterer Umsatz- und Wachstumstreiber ist durch die mobile Digitalisierung des täglichen Lebens und aller Geschäftsprozesse entstanden - das Smartphone ist für viele Menschen ein inzwischen unentbehrlicher Begleiter, mit dem eben nicht mehr nur telefoniert und Nachrichten ausgetauscht werden. Die Nutzer befüllen ihre Twitter- und Facebook-Accounts, nutzen Navigations- und Informationsdienste, sehen sich Videos an, hören Musik, bearbeiten Dokumente oder kaufen mit dem Smartphone ein.

Allerdings entfällt der größte Teil der geschätzten Umsätze von 26 Milliarden Euro für 2013 auf neue Wettbewerber wie Apple, Facebook oder Spielehersteller wie etwa Rovio. Zukünftig werden sich Telekommunikationsnetzbetreiber nach Einschätzung von Booz & Company einen größeren Umsatzbeitrag aus dem Applikationsbereich sichern können, indem sie die Qualität und Zuverlässigkeit dieser Dienste garantieren und für diese Wertschöpfung entsprechend entlohnt werden.

Auf der nächsten Seite erfahren Sie, warum die Einführung der Datenflatrates den Netzbetreibern das Leben schwer gemacht haben soll, und welche Möglichkeiten sie haben, aus diesem Dilemma wieder heraus zu kommen.

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