Enttäuschend

Neue Telekom-Tarife: Endlos Streamen wird wieder teurer

Die Deut­sche Telekom hat ein Herz für Fami­lien. Zusam­men­legung aller Karten in einem Vertrag spart Geld. Eine vier­köp­fige Familie könnte eine Flat­rate für 23,70 Euro pro Monat und Karte buchen.
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Das hat es in Deutsch­land noch nie gegeben: Ein Mobil­funk-Tarif wird von der Bundes­netz­agentur unter­sagt. Betroffen sind die Unter­nehmen Voda­fone und Deut­sche Telekom, die einige Kunden mit selek­tiven Flat­rates gewonnen hatten und das ab 1. Juli nicht mehr neu verkaufen dürfen. Voda­fone hatte deswegen bereits ein "Tarifre­förm­chen" durch­geführt.

Hoff­nungen zunächst enttäuscht

Die neuen Tarife der Telekom sind für "Familien" ideal. Singles sollten Anschluss suchen. Die neuen Tarife der Telekom sind für "Familien" ideal. Singles sollten Anschluss suchen.
Foto: Maike Darnai / Deutsche Telekom
Seitdem ruhten alle Hoff­nungen von Inten­siv­nut­zern und der Bundes­netz­agentur auf der Telekom. Würde sie sich trauen, dem inter­national übli­chen Beispiel zu folgen und bezahl­bare Flat­rates ggfs. mit verschie­denen Geschwin­dig­keits­stufen einführen? Telefónica (o2) bietet so das ab 30 Euro im Monat (Preis ohne mögliche Rabatte) an. Die Antwort vorab: Nein, die Telekom traut sich das auf den ersten Blick wieder nicht - und auf den zweiten Blick nur unter bestimmten Bedin­gungen.

Neues Tarif­angebot ab 1. Juli

Dafür gibt es ein neues Tarif­angebot ab dem 1. Juli, das etwas mehr Daten­volumen und zusätz­liche Preis­vor­teile durch ein Zusatz­karten-Angebot enthält. Diese Zusatz­karten nennt die Telekom "MagentaMobil PlusKarten". Die Idee dahinter ist „gemeinsam profi­tieren“. Je mehr SIM-Karten zu einem Haupt­ver­trag gebucht werden, umso güns­tiger wird es durch­schnitt­lich pro Person. Singles ohne Anhang schauen in die sprich­wört­liche Röhre.

Hoher Erwar­tungs­druck

„Wir wissen, dass unsere Kundinnen und Kunden eine hohe Erwar­tung an unsere Tarife haben. Dabei stehen mehr Daten­volumen, Flexi­bilität und Preis­vor­teile für die Familie ganz oben auf dem Wunsch­zettel“, erklärt der Tarif­archi­tekt Dr. Torsten Brodt, Leiter Mobil­funk Telekom Deutsch­land, bei der Vorstel­lung der neuen Tarife. „Diese Wünsche werden wir mit unserem neuen MagentaMobil Port­folio erfüllen". Man werde damit "etwas Neues" auf den deut­schen Markt bringen. "Es gibt nicht nur noch mehr Daten­volumen. Es lohnt sich preis­lich zudem, je mehr seiner Liebsten man dazu holt."

Die neuen Tarife im Detail

Die neuen Tarife sind für "Familien" sehr interessant. Singles zahlen für ungehemmte Nutzung empfindlich drauf. Die neuen Tarife sind für "Familien" sehr interessant. Singles zahlen für ungehemmte Nutzung empfindlich drauf.
Grafik: Deutsche Telekom
Beim neuen Tarif­angebot legt die "Haupt­karte" fest, wie viel Daten­volumen jeder erhält. Die zweite Karte kostet grund­sätz­lich nur 19,95 Euro monat­lich, jede weitere (also dritte, vierte, fünfte etc.) wird mit weiteren 9,95 Euro monat­lich berechnet. Darüber hinaus gibt es eine "MagentaMobil PlusKarte Kids & Teens" für Kinder und Jugend­liche im Alter zwischen und 6 bis 17 Jahren, die immer 9,95 Euro monat­lich kostet. Das Neue daran ist: Alle zuge­buchten MagentaMobil PlusKarten erhalten auto­matisch das iden­tische Daten­volumen wie die Haupt­karte.

Neuer Einsteiger-Tarif: MagentaMobil XS

Der kleinste Tarif heißt MagentaMobil XS kostet zackige 34,95 Euro im Monat und bietet dafür 5 GB inklu­diertes Daten­volumen. Es folgen der MagentaMobil S mit jetzt 10 GB (bisher 6 GB) für 39,95 Euro, der MagentaMobil M (für 49,95 Euro) mit 20 GB (bisher 12 GB), der MagentaMobil L mit 40 GB (bisher 24 GB) und der MagentaMobil XL mit unbe­grenztem Daten­volumen.

Flat­rate für Sprache und SMS

Alle Tarif­vari­anten enthalten weiter wie gewohnt eine Flat­rate für Tele­fonie- und SMS in alle deut­schen Netze (keine Anrufe zu auslän­dischen Rufnum­mern, keine Sonder­ruf­num­mern, keine Funk­ruf­netze), sowie Zugang zum 5G-Netz der Telekom, sofern das eigene Handy das schon kann. Vorbild­lich ist, dass die Deut­sche Telekom bei seinen Lauf­zeit-Tarifen weiter als einziger Anbieter die Schweiz in den EU-Roaming-Tarifen belässt. Auch das Verei­nigte König­reich Groß-Britan­nien gehört - bran­chen­üblich - dazu.

Auto­mati­scher Wechsel für etwa 3 Millionen Stream-On-Kunden

Alle Bestands­kunden, nach Telekom-Angaben "über 3 Millionen", erhalten das erhöhte Daten­volumen auto­matisch ohne Aufpreis ab dem 1. Juli. Sie dürften in diesen Tagen per Post oder E-Mail über die neuen Tarife infor­miert werden.

MagentaEINS Vorteil macht den Unter­schied

Wer Fest­netz und Mobil­funk bei der Telekom kombi­niert, kann mit den MagentaEINS-Rabatt deut­lich mehr sparen. Es gibt weiter einen monat­lichen Rabatt in Höhe von fünf Euro auf den Mobil­funk-Haupt­tarif. Zum anderen verdop­pelt sich das Daten­volumen und zwar nicht nur für die Haupt­karte, sondern auch für alle dazu­gehö­renden "MagentaMobil PlusKarten". Das bedeutet, selbst die kleinste Tarif­vari­ante MagentaMobil XS bekommt dann 10 GB, beim MagentaMobil S sind es dann schon 20 GB (bisher 12 GB) und in der Tarif­vari­ante M steigt es auf 40 GB (bisher 24 GB).

Gut versteckt: Flat­rate für die Familie

Inter­essant könnte der neue MagentaMobil L werden. Wird der mit MagentaEINS kombi­niert, bekommt er unbe­grenztes Daten­volumen und kostet 54,95 Euro pro Monat. Der Knüller: Ist das die "Haupt­karte", erhalten auch die kleinen Zusatz­karten für jeweils 9,95 Euro unbe­grenztes Daten­volumen dazu. Ein Beispiel: Nehmen wir 2 Erwach­sene und 2 Kinder wären das 54,95+19,95+9,95+9,95=94,80 - geteilt durch vier Personen sind das 23,70 Euro pro Karte für eine Flat­rate. Das ist wirk­lich günstig.

1 GigaByte für 1 Euro möglich

Aber auch am Beispiel des MagentaMobil S rechnet die Telekom vor, wie günstig die neuen Tarife sogar ohne Flat­rate werden können. So zahlen insge­samt zwei Erwach­sene mit zwei Kindern nur 79,80 Euro monat­lich. Damit surfen vier Personen mit jeweils 10 GB Daten­volumen für weniger als 20 Euro pro Person, das gibt es auch bei anderen Anbie­tern. Wer dann noch den MagentaEINS Vorteil nutze kann, kommt auf ein Daten­volumen von 20 GB je Karte die dann rech­nerisch 19,95 Euro pro Karte oder 1 Euro pro GigaByte kostet.

24 Monate oder Flex buchbar

Alle Tarife sind mit einer Lauf­zeit von 24 Monaten oder in der Flex-Vari­ante ohne Mindest­lauf­zeit buchbar. Wer ein "güns­tiges" Endgerät wünscht, kann das zu den 24-mona­tigen Lauf­zeit­ver­trägen hinzu­buchen oder das Gerät auf dem freien Markt separat kaufen. Tablet-Nutzer können für 9,95 Euro monat­lich die MagentaMobil PlusKarte Data dazu buchen. Das inklu­dierte Daten­volumen hat dann eben­falls die gleiche Höhe wie das der Haupt­karte.

Alle neuen Mobil­funk­tarife können ab dem 1. Juli 2022 im Kunden­ser­vice, online auf telekom.de, im Telekom Shop sowie im Telekom-Partner-Fach­handel erhält­lich.

Eine erste Einschät­zung (von Henning Gajek)

Die neuen Tarife sind auf den ersten Blick enttäu­schend! Auf den zweiten Blick aber können sie für "Fami­lien" durchaus attraktiv sein. Exis­tiert ein Fest­netz-Anschluss der Telekom und bucht der Vertrags­inhaber "unli­mited", profi­tieren alle Karten davon - bei vier Personen 23,70 Euro pro Karte für eine Daten­flat­rate, das ist ein Wort. Das Fest­netz kommt monat­lich noch extra oben­drauf, ist aber meis­tens "eh da".

Hat eine Einzel­person nur ein Handy und kein Fest­netz dabei, bleibt die echte unli­mited Flat­rate bei der Telekom mit monat­lichen 84,95 Euro weiterhin sünd­haft teuer. Ist das Fest­netz mit dabei, wird es auch für Singles etwas güns­tiger, wenn man Mobil­funk und Fest­netz getrennt "rechnet".

Ehema­lige StreamON-Nutzer: Einschränken oder deut­lich mehr zahlen

Singles, die das verbo­tene "Stream On"-Angebot der Telekom bisher intensiv genutzt haben, müssen in Zukunft gewaltig aufpassen. Wird beispiels­weise ein einzelner "Magenta Mobil M" mit nur ein wenig mehr Inklusiv-Daten so unbe­schwert wie bisher genutzt, droht jeden Monat die vorzei­tige Dros­selung der mobilen Daten, der man vermut­lich nur durch Buchung einer Flat­rate zu 84,95 Euro entgehen kann.

Bezieht man die Netz­qua­lität der Telekom in seine Berech­nungen mit ein, kann man bei rich­tiger Tarif­wahl und "Bildung einer Familie" mit dem neuen Angebot leben, aber nicht bei jedem und in jedem Fall. Muss man jeden Euro umdrehen, kann ein Angebot von Cong­star oder eine Prepaid-Karte im Magenta Prepaid-Tarif für wenig Geld die bessere Lösung sein, inklu­sive dem Vorsatz nur bei Empfang eines kosten­freien WLAN-Netzes intensiv zu surfen.

Schade: Kein Geschwin­dig­keits­modell

Das Tarif­modell mit geschwin­dig­keits­basie­renden Flat­rates wollte die Telekom in Deutsch­land nicht einführen. Zu groß war wohl die Angst, dass die Kunden dann alle schnell in den güns­tigsten Flat­rate-Tarif umge­stiegen wären und die teureren Tarife "links liegen" gelassen hätten.

Jetzt muss der Kunde wieder genau rechnen und kann bei Bildung einer "Familie", wobei keine verwandt­schaft­lichen Bindungen nach­gewiesen werden müssen, durchaus sparen. Sollten aber "entfern­tere Fami­lien­mit­glieder" die monat­liche Zahlung immer wieder "vergessen", haftet der Vertrags­inhaber für alle Karten. Bei 9,95 Euro pro Monat kann man das viel­leicht sogar verschmerzen.

An die neuen Tarife der Telekom wurden hohe Erwar­tungen geknüpft, die in vielen Fällen enttäuscht wurden. Abschre­ckend wirken 35 Euro für 5 GB. Lesen Sie hierzu in unserem Tarif­check: Reiz­voll sind die Grup­pen­tarife.

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