Neue Telekom-Tarife: Endlos Streamen wird wieder teurer
Das hat es in Deutschland noch nie gegeben: Ein Mobilfunk-Tarif wird von der Bundesnetzagentur untersagt. Betroffen sind die Unternehmen Vodafone und Deutsche Telekom, die einige Kunden mit selektiven Flatrates gewonnen hatten und das ab 1. Juli nicht mehr neu verkaufen dürfen. Vodafone hatte deswegen bereits ein "Tarifreförmchen" durchgeführt.
Hoffnungen zunächst enttäuscht
Die neuen Tarife der Telekom sind für "Familien" ideal. Singles sollten Anschluss suchen.
Foto: Maike Darnai / Deutsche Telekom
Seitdem ruhten alle Hoffnungen von Intensivnutzern und der Bundesnetzagentur auf der Telekom. Würde sie sich trauen, dem international üblichen Beispiel zu folgen und bezahlbare Flatrates ggfs. mit verschiedenen Geschwindigkeitsstufen einführen? Telefónica (o2) bietet so das ab 30 Euro im Monat (Preis ohne mögliche Rabatte) an. Die Antwort vorab: Nein, die Telekom traut sich das auf den ersten Blick wieder nicht - und auf den zweiten Blick nur unter bestimmten Bedingungen.
Neues Tarifangebot ab 1. Juli
Dafür gibt es ein neues Tarifangebot ab dem 1. Juli, das etwas mehr Datenvolumen und zusätzliche Preisvorteile durch ein Zusatzkarten-Angebot enthält. Diese Zusatzkarten nennt die Telekom "MagentaMobil PlusKarten". Die Idee dahinter ist „gemeinsam profitieren“. Je mehr SIM-Karten zu einem Hauptvertrag gebucht werden, umso günstiger wird es durchschnittlich pro Person. Singles ohne Anhang schauen in die sprichwörtliche Röhre.
Hoher Erwartungsdruck
„Wir wissen, dass unsere Kundinnen und Kunden eine hohe Erwartung an unsere Tarife haben. Dabei stehen mehr Datenvolumen, Flexibilität und Preisvorteile für die Familie ganz oben auf dem Wunschzettel“, erklärt der Tarifarchitekt Dr. Torsten Brodt, Leiter Mobilfunk Telekom Deutschland, bei der Vorstellung der neuen Tarife. „Diese Wünsche werden wir mit unserem neuen MagentaMobil Portfolio erfüllen". Man werde damit "etwas Neues" auf den deutschen Markt bringen. "Es gibt nicht nur noch mehr Datenvolumen. Es lohnt sich preislich zudem, je mehr seiner Liebsten man dazu holt."
Die neuen Tarife im Detail
Die neuen Tarife sind für "Familien" sehr interessant. Singles zahlen für ungehemmte Nutzung empfindlich drauf.
Grafik: Deutsche Telekom
Beim neuen Tarifangebot legt die "Hauptkarte" fest, wie viel Datenvolumen jeder erhält. Die zweite Karte kostet grundsätzlich nur 19,95 Euro monatlich, jede weitere (also dritte, vierte, fünfte etc.) wird mit weiteren 9,95 Euro monatlich berechnet. Darüber hinaus gibt es eine "MagentaMobil PlusKarte Kids & Teens" für Kinder und Jugendliche im Alter zwischen und 6 bis 17 Jahren, die immer 9,95 Euro monatlich kostet. Das Neue daran ist: Alle zugebuchten MagentaMobil PlusKarten erhalten automatisch das identische Datenvolumen wie die Hauptkarte.
Neuer Einsteiger-Tarif: MagentaMobil XS
Der kleinste Tarif heißt MagentaMobil XS kostet zackige 34,95 Euro im Monat und bietet dafür 5 GB inkludiertes Datenvolumen. Es folgen der MagentaMobil S mit jetzt 10 GB (bisher 6 GB) für 39,95 Euro, der MagentaMobil M (für 49,95 Euro) mit 20 GB (bisher 12 GB), der MagentaMobil L mit 40 GB (bisher 24 GB) und der MagentaMobil XL mit unbegrenztem Datenvolumen.
Flatrate für Sprache und SMS
Alle Tarifvarianten enthalten weiter wie gewohnt eine Flatrate für Telefonie- und SMS in alle deutschen Netze (keine Anrufe zu ausländischen Rufnummern, keine Sonderrufnummern, keine Funkrufnetze), sowie Zugang zum 5G-Netz der Telekom, sofern das eigene Handy das schon kann. Vorbildlich ist, dass die Deutsche Telekom bei seinen Laufzeit-Tarifen weiter als einziger Anbieter die Schweiz in den EU-Roaming-Tarifen belässt. Auch das Vereinigte Königreich Groß-Britannien gehört - branchenüblich - dazu.
Automatischer Wechsel für etwa 3 Millionen Stream-On-Kunden
Alle Bestandskunden, nach Telekom-Angaben "über 3 Millionen", erhalten das erhöhte Datenvolumen automatisch ohne Aufpreis ab dem 1. Juli. Sie dürften in diesen Tagen per Post oder E-Mail über die neuen Tarife informiert werden.
MagentaEINS Vorteil macht den Unterschied
Wer Festnetz und Mobilfunk bei der Telekom kombiniert, kann mit den MagentaEINS-Rabatt deutlich mehr sparen. Es gibt weiter einen monatlichen Rabatt in Höhe von fünf Euro auf den Mobilfunk-Haupttarif. Zum anderen verdoppelt sich das Datenvolumen und zwar nicht nur für die Hauptkarte, sondern auch für alle dazugehörenden "MagentaMobil PlusKarten". Das bedeutet, selbst die kleinste Tarifvariante MagentaMobil XS bekommt dann 10 GB, beim MagentaMobil S sind es dann schon 20 GB (bisher 12 GB) und in der Tarifvariante M steigt es auf 40 GB (bisher 24 GB).
Gut versteckt: Flatrate für die Familie
Interessant könnte der neue MagentaMobil L werden. Wird der mit MagentaEINS kombiniert, bekommt er unbegrenztes Datenvolumen und kostet 54,95 Euro pro Monat. Der Knüller: Ist das die "Hauptkarte", erhalten auch die kleinen Zusatzkarten für jeweils 9,95 Euro unbegrenztes Datenvolumen dazu. Ein Beispiel: Nehmen wir 2 Erwachsene und 2 Kinder wären das 54,95+19,95+9,95+9,95=94,80 - geteilt durch vier Personen sind das 23,70 Euro pro Karte für eine Flatrate. Das ist wirklich günstig.
1 GigaByte für 1 Euro möglich
Aber auch am Beispiel des MagentaMobil S rechnet die Telekom vor, wie günstig die neuen Tarife sogar ohne Flatrate werden können. So zahlen insgesamt zwei Erwachsene mit zwei Kindern nur 79,80 Euro monatlich. Damit surfen vier Personen mit jeweils 10 GB Datenvolumen für weniger als 20 Euro pro Person, das gibt es auch bei anderen Anbietern. Wer dann noch den MagentaEINS Vorteil nutze kann, kommt auf ein Datenvolumen von 20 GB je Karte die dann rechnerisch 19,95 Euro pro Karte oder 1 Euro pro GigaByte kostet.
24 Monate oder Flex buchbar
Alle Tarife sind mit einer Laufzeit von 24 Monaten oder in der Flex-Variante ohne Mindestlaufzeit buchbar. Wer ein "günstiges" Endgerät wünscht, kann das zu den 24-monatigen Laufzeitverträgen hinzubuchen oder das Gerät auf dem freien Markt separat kaufen. Tablet-Nutzer können für 9,95 Euro monatlich die MagentaMobil PlusKarte Data dazu buchen. Das inkludierte Datenvolumen hat dann ebenfalls die gleiche Höhe wie das der Hauptkarte.
Alle neuen Mobilfunktarife können ab dem 1. Juli 2022 im Kundenservice, online auf telekom.de, im Telekom Shop sowie im Telekom-Partner-Fachhandel erhältlich.
Eine erste Einschätzung (von Henning Gajek)
Die neuen Tarife sind auf den ersten Blick enttäuschend! Auf den zweiten Blick aber können sie für "Familien" durchaus attraktiv sein. Existiert ein Festnetz-Anschluss der Telekom und bucht der Vertragsinhaber "unlimited", profitieren alle Karten davon - bei vier Personen 23,70 Euro pro Karte für eine Datenflatrate, das ist ein Wort. Das Festnetz kommt monatlich noch extra obendrauf, ist aber meistens "eh da".
Hat eine Einzelperson nur ein Handy und kein Festnetz dabei, bleibt die echte unlimited Flatrate bei der Telekom mit monatlichen 84,95 Euro weiterhin sündhaft teuer. Ist das Festnetz mit dabei, wird es auch für Singles etwas günstiger, wenn man Mobilfunk und Festnetz getrennt "rechnet".
Ehemalige StreamON-Nutzer: Einschränken oder deutlich mehr zahlen
Singles, die das verbotene "Stream On"-Angebot der Telekom bisher intensiv genutzt haben, müssen in Zukunft gewaltig aufpassen. Wird beispielsweise ein einzelner "Magenta Mobil M" mit nur ein wenig mehr Inklusiv-Daten so unbeschwert wie bisher genutzt, droht jeden Monat die vorzeitige Drosselung der mobilen Daten, der man vermutlich nur durch Buchung einer Flatrate zu 84,95 Euro entgehen kann.
Bezieht man die Netzqualität der Telekom in seine Berechnungen mit ein, kann man bei richtiger Tarifwahl und "Bildung einer Familie" mit dem neuen Angebot leben, aber nicht bei jedem und in jedem Fall. Muss man jeden Euro umdrehen, kann ein Angebot von Congstar oder eine Prepaid-Karte im Magenta Prepaid-Tarif für wenig Geld die bessere Lösung sein, inklusive dem Vorsatz nur bei Empfang eines kostenfreien WLAN-Netzes intensiv zu surfen.
Schade: Kein Geschwindigkeitsmodell
Das Tarifmodell mit geschwindigkeitsbasierenden Flatrates wollte die Telekom in Deutschland nicht einführen. Zu groß war wohl die Angst, dass die Kunden dann alle schnell in den günstigsten Flatrate-Tarif umgestiegen wären und die teureren Tarife "links liegen" gelassen hätten.
Jetzt muss der Kunde wieder genau rechnen und kann bei Bildung einer "Familie", wobei keine verwandtschaftlichen Bindungen nachgewiesen werden müssen, durchaus sparen. Sollten aber "entferntere Familienmitglieder" die monatliche Zahlung immer wieder "vergessen", haftet der Vertragsinhaber für alle Karten. Bei 9,95 Euro pro Monat kann man das vielleicht sogar verschmerzen.
An die neuen Tarife der Telekom wurden hohe Erwartungen geknüpft, die in vielen Fällen enttäuscht wurden. Abschreckend wirken 35 Euro für 5 GB. Lesen Sie hierzu in unserem Tarifcheck: Reizvoll sind die Gruppentarife.