Geschäftsmodell gesucht

Preiskampf: Mobile Sprachtelefonie als Auslaufmodell

Das Geschäft mit mobilen Diensten geht an den Netzbetreibern vorbei
Von Marie-Anne Winter

Der kommerzielle Erfolg von mobilen Internetanwendungen, -inhalten und -diensten geht bisher nicht nur weitgehend an den Netzbetreibern vorbei, sondern belastet deren Infrastruktur in zunehmenden Maße. "Ohne massive zusätzliche Investitionen ist in Westeuropa das Limit der bestehenden Netze bereits in zwei Jahren erreicht. Insbesondere zu Spitzenzeiten können hier Engpässe auftreten. Um das allein in Deutschland anstehende Investitionsvolumen von über 30 Milliarden Euro für den Ausbau der LTE- und Glasfasernetze aus dem Cashflow finanzieren zu können, muss es den Netzbetreibern schnellstmöglich gelingen, den zunehmenden Traffic in entsprechende Umsätze zu konvertieren", so Dr. Roman Friedrich, Partner und Telekommunikationsexperte bei Booz & Company.

Für viele Menschen ist der Griff zum Smartphone heute selbstverständlich. Für viele Menschen ist der Griff zum Smartphone heute selbstverständlich.
Bild: dpa
Vor diesem Hintergrund war die Einführung der Datenflatrate ein historischer Fehler der Netzbetreiber, denn wenige Intensiv-User verursachen sehr viel Datenverkehr: Im Schnitt erzeugen 5 Prozent der stärksten Datennutzer 75 Prozent des Datenvolumens eines Anbieters. "Mit der sukzessiven LTE-Einführung öffnet sich jetzt nochmals ein Zeitfenster, um die Flatrate-Dominanz über differenzierte Preis- und Quality-of-Service-Modelle wieder aufzuweichen. Künftig sollten Kunden einen Aufschlag für ein schnelles und sicheres Netz oder die bevorzugte Behandlung bei etwaigen Engpässen beim Datenzugang bezahlen. Nur so können die Telkos wieder substantielles Wachstum aus dem exponentiell wachsenden Datenaufkommen generieren und ihre Investitionen in die dafür notwendige Infrastruktur refinanzieren", skizziert Friedrich.

LTE in Deutschland vor dem Durchbruch

Die schnelleren Netze und der Boom mobiler Endgeräte wie Smartphones und Tablets eröffnen den Betreibern neue Geschäftsfelder und Ertragsmöglichkeiten durch internetbasierte Dienstleistungen beispielsweise im Privatkundenbereich durch E-Health- oder E-Learning-Anwendungen oder im B2B-Bereich durch Smart-Grid-, Machine-to-Machine- oder Mobile-Payment-Lösungen. Allein in Deutschland wird der Anteil der Smartphone-Nutzer bis 2015 um 22 Millionen auf dann 91 Prozent der Gesamtbevölkerung anwachsen. Mittelfristig befeuert auch die LTE-Technologie den Mobile-Data-Boom weiter.

Smartphones mit LTE

"Sowohl als Festnetzersatz als auch als mobilem Datenturbo gibt es schon heute eine sehr hohe Nachfrage nach LTE. Der Ausbau entsprechender Infrastruktur schreitet weiter voran. Für einen schnelleren Durchbruch fehlt allein eine größere Palette entsprechender Endgeräte", konstatiert Friedrich. "Der heftige Wettbewerb unter den etablierten Anbietern wie Samsung, Apple und Nokia sowie aggressiven Newcomern wie Huawei und ZTE wird aber auch diesen Engpass schnell beseitigen."

Derzeit haben deutsche LTE-Kunden allerdings das Problem, dass einige der gängigen LTE-Handys für den internationalen Markt nicht oder nur eingeschränkt mit den in Deutschland ausgebauten LTE-Frequenzen funktionieren.

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