Disney+ hält Abrufzahlen bei "Premier Access" geheim
Einige Blockbuster gibt es bei Disney+ nur mit gehörigem Preisaufschlag. Wer diese Filme parallel zum Kinostart im Streaming sehen möchte, muss dafür rund 30 Euro extra zahlen. Disney+ nennt dies "Premier Access".
Bei "Mulan" sowie "Raya und der letzte Drache" wurden Abonnenten bereits zur Kasse gebeten, am 30. Juli erscheint nun "Jungle Cruise" mit Dwayne Johnson und Emily Blunt. Auch hier gilt wieder: Wer den Streifen zuerst sehen möchte, zahlt die happige Gebühr.
Investoren des Mickey-Mouse-Konzerns haben zu diesem Geschäftsmodell jedoch mittlerweile einige Rückfragen, berichtet der Wirtschaftssender CNBC.
Intransparenz bei Umsätzen
Dwayne Johnson und Emily Blunt schlagen sich in "Jungle Cruise" gemeinsam durch den Amazonas
Foto: Disney
Investoren und Analysten hatten erwartet, dass Disney sich bereits im Rahmen der Geschäftsergebnisse zum vierten Quartal 2020 über konkrete Streaming-Umsätze zu "Mulan" äußert, bis jetzt herrscht beim Mickey-Mouse-Konzern zu diesem Thema allerdings Funkstille. Gleiches gilt beim Release von "Raya und der letzte Drache". Für Disney-Aktionäre ist das ein ernsthaftes Problem, sie können nicht nachvollziehen, ob und wie sich die Einnahmen bei einer Kinoveröffentlichung gegenüber "Premier Access" via Streaming unterscheiden.
Es ist prinzipiell nicht ungewöhnlich, dass die großen US-Studios bei konkreten Zahlen im Streaming zurückhaltend sind. Auch Netflix und Amazon verfolgten in der Vergangenheit ähnliche Strategien. Bei Disney lässt diese auffällige Stille allerdings aufhorchen.
Man könnte den Eindruck bekommen, dass sich der Mickey-Mouse-Konzern möglicherweise verkalkuliert hat und weitaus weniger Abonnenten als erhofft bereit sind, die 30 Euro für "Premier Access" auf den Tisch zu legen. Und das wäre sicherlich für Umsatz und Aktienkurs und damit letztendlich für die Investoren nicht unbedingt förderlich.
Wettbewerber wollen nicht abkassieren
ViacomCBS und WarnerMedia veröffentlichen aktuell ebenfalls Blockbuster-Premieren im Streaming, wobei sie in der Regel aber auf deutliche Aufpreise verzichten. So zahlen beispielsweise Abonnenten von HBO Max zwar eine höhere Grundgebühr von 14,99 US-Dollar, dafür sind Warner-Kinopremieren aber inklusive. Allerdings: Einige Monate nach der Kinoveröffentlichung werden die Filme auch bei Disney+ im regulären Katalog veröffentlicht und sind dann im Monatspreis von 8,99 Euro inklusive.
Wer es also nicht unbedingt eilig hat, kann sich die fast 30 Euro Aufpreis auch bei Disney+ sparen. Erik Handler, Managing Director Media und Entertainment Equity Research bei MKM Partners, erwartet für die Zukunft aber noch Änderungen an Disneys Geschäftsmodell im Streaming: "Wenn wir das Ende der Pandemie erreichen und die Sitzkapazitäten in den Kinos wieder auf 100 Prozent steigen, wird Disney wieder auf ein Simultanfenster für die Kino- und Streamingveröffentlichung setzen".
Investoren erwarten Antworten
Spätestens bei der nächsten Hauptversammlung wird das Disney-Management sich wahrscheinlich mit kritischen Rückfragen auseinandersetzen müssen. Die Aktionäre wollen wissen, ob Disney seine Produktionen mit optimaler Gewinnmarge vermarktet. Disney-CEO Bob Chapek hatte ganz auf das Thema Streaming gesetzt. Wenn nun in der Pandemie Parks schließen, Kreuzfahrten ausfallen und obendrein Filme nicht ins Kino kommen, muss umso mehr durch Streaming eingespielt werden.
Sollte das Management hier die Erwartungen nicht erfüllen, wird es in der Tat unangenehm. Dann würden sich vermutlich viele Aktionäre ernsthafte Gedanken machen, ob sie noch weiter Geld in Disney investieren. Zumindest bei den Abo-Zahlen scheint WarnerMedia aber den Konkurrenten aus Burbank schon kräftig unter Druck zu setzen. In den kommenden Monaten will HBO Max auch in weiteren Märkten starten, Deutschland ist aber aufgrund von Lizenzverträgen mit Sky voraussichtlich noch nicht dabei.
Viele Streaming-Dienste haben in der Vergangenheit ihre Preise erhöht.