Geschäftszahlen 2020: o2 gewinnt 1,26 Millionen Neukunden
Der dritte Netzbetreiber in Deutschland, die Telefónica Deutschland bekannt unter ihrem Markennamen "o2", hat heute ihre "vorläufigen Kennzahlen für das Geschäftsjahr 2020" vorgelegt. Demnach sei o2 bei Umsatz, Ergebnis und Kunden in 2020 gewachsen und blicke zuversichtliche ins Jahr 2021.
Das "um Sondereffekte bereinigte Betriebsergebnis" (nach OIBDA) stieg "dank margenstarker o2 Mobilfunkprodukte" und "operativen Effizienzverbesserungen" (= Einsparungen, neu organisierte Abläufe) um 0,2 Prozent auf 2,32 Milliarden Euro. Ohne den COVID-bedingten Rückgang beim Roaming wäre das Plus im bereinigten OIBDA bei +2.7 Prozent gelegen.
Der Umsatz konnte um 1,8 Prozent auf 7,53 Milliarden Euro und im bereinigten Betriebsergebnis (OIBDA) um 0,2 Prozent gesteigert werden, trotz gesamtwirtschaftlicher Rezession. Das vierte Quartal bestätige den positiven Trend.
Nettogewinn durch Funkturmverkauf
Der LTE-Netzausbau hat o2 einiges gebracht: Es kamen viele neue Kunden
Grafik: Telefónica Deutschland
Netto hat o2 im abgelaufenen Geschäftsjahr 328 Millionen Euro eingenommen. Ein großer Teil stammt aus dem Telxius-Deal, bei dem ab September die eigenen Mobilfunksendetürme verkauft (und später zurückgemietet) werden. Auch im vierten Quartal habe man ein positives Nettoergebnis erzielt.
Der Free Cashflow (FCF) belief sich 2020 nach Bilanzierungs-Regel "IFRS 16" auf 1,9 Milliarden Euro.
OIBDA vs. EBITDA
Telefónica verwendet das Bewertungsverfahren OIBDA (Operating Income before depreciation and amortization: "Betriebsergebnis vor Abschreibungen"), das nur in etwa dem üblichen EBITDA-Verfahren entspricht, aber eben nicht ganz.
OIBDA, so erklärt es der Börsen-Analyse-Dienstleister Ready Ratios, ist "eine nicht allgemein anerkannte Bilanzierungsgrundsatzmessung der finanzbasierten Leistung, die von Unternehmen verwendet wird, um die Rentabilität bei fortgeführten geschäftlichen Aktivitäten anzuzeigen, wobei die Auswirkungen der steuerlichen Struktur und Kapitalisierung nicht berücksichtigt werden."
Mehr Mobilfunkverträge
Die Zahl der Vertragsanschlüsse im Mobilfunk ist nach Angaben des Unternehmens um 1,26 Millionen gestiegen, "insbesondere dank hohem Interesse an der Kernmarke o2, hoher Kundenzufriedenheit und niedriger Abwanderungsrate". Alleine im letzten Quartal sei der höchste Zuwachs seit über vier Jahren (plus 490.000 Neukunden) zu verzeichnen.
Unterm Strich bedient o2 insgesamt 44,3 Millionen Mobilfunkanschlüsse, wovon 42,9 Millionen "von Menschen genutzt wurden", wie das Unternehmen betont. Rein statistisch nutze somit jeder zweite Kunde in Deutschland das Netz von o2. Ergo versorge kein Telekommunikationsunternehmen aktuell mehr Menschen mit Mobilfunk in Deutschland als o2.
Die Abwanderungsrate ("Churn") liege auf einem "historisch niedrigen Niveau" von durchschnittlich 1,1 Prozent pro Monat bei den o2-Postpaid-(Vertrags-)Kunden. o2 nennt als Gründe die "anhaltende Verbesserung bei der Kundenzufriedenheit bezüglich der Netzqualität und des Service."
Geschäftskunden steigend
Im Geschäftskundensegment konnte Telefónica Deutschland im abgelaufenen Geschäftsjahr ebenfalls Zuwächse melden. Man habe "wichtige Kunden" gewinnen, bzw. bestehende Verträge deutlich ausweiten können. Neben vielen Kunden aus dem Mittelstand, brachten auch große Anbieter wie Amazon, Tchibo oder Aldi viele neue Kunden.
Im Festnetz bietet Telefónica Deutschland/o2 inzwischen ihren Kunden die größte technologische und geografische Abdeckung aller Anbieter und setzt ihren Wachstumskurs fort. Insbesondere schnelle VDSL-Anschlüsse trieben die Nachfrage. Ihre Zahl stieg um 8,8 Prozent auf 1,8 Millionen im Vergleich zum Vorjahr. Insgesamt nutzten 2,3 Millionen Kunden Breitbandfestnetzangebote von o2, was einem Plus von 2,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Die Investitionen in den Netzausbau wurden im letzten Jahr um 4,8 Prozent auf 1,1 Milliarden Euro gesteigert: 11.000 neue LTE-Elemente (Sendestationen, Antennen, Baugruppen) hätten für einen "Sprung in Netzqualität" gesorgt. Die Investitionsquote, also die Investitionen im Verhältnis zum Umsatz, beträgt 14,5 Prozent (aufs Jahr bezogen).
Über 1 Milliarde in Netzausbau - weiße Flecken schließen
Der LTE-Netzausbau hat o2 einiges gebracht: Kunden sind zufriedener
Grafik: Telefónica Deutschland
Ein auf drei Jahre ausgerichtetes Investitionsprogramm von "deutlich über einer Milliarde Euro" soll seinen Schwerpunkt in diesem Jahr haben. Damit werde "so viel wie nie zuvor" ins Netz investiert.
Parallel zum eigenen 4G-Ausbau plant das Unternehmen in Zusammenarbeit mit der Telekom und Vodafone letzte Versorgungslücken, so genannte „grauer Flecken“, im 4G-Netz zu schließen.
Bis Jahresende will o2 über 30 Prozent der Haushalte in Deutschland mit 5G erreichen und bis 2025 ein flächendeckendes 5G Netz hierzulande ausgerollt haben.
1000 Open-RAN-Standorte
Noch in diesem Jahr wird o2 damit starten, rund 1000 Mobilfunkstandorte mit Open-RAN-Technologie auszustatten, die mehr Unabhängigkeit von bestimmten Herstellern und die schnellere Einführung neuer Dienste verspricht.
Die Einigung mit 1&1-Drillisch über ein nationales Roaming Abkommen gibt o2 Planungssicherheit, weil man mit diesen Einnahmen langfristig "signifikant" rechnen kann. Die Erlöse sollen in den Netzausbau fließen.
Wachstumsziele über 5 Prozent
Auf der Agenda stehen "mittelfristige Wachstumsziele von über fünf Prozent im Umsatz (von 2020 bis 2022). Dieses Jahr soll es unverändert bis leicht positiv werden.
Stolz gibt Telefónica-CEO Markus Haas die Ziele vor: „Wir starten gestärkt in das Jahr 2021. Unser Kerngeschäft erweist sich inmitten der Covid-19-Pandemie als sehr robust und unsere Kunden sind so treu und zufrieden wie nie. Noch nie haben wir solch einen Sprung in der Netzqualität erreicht. Das zeigt sich auch in unseren Zahlen: Im abgelaufenen Geschäftsjahr haben wir bei allen Kennzahlen zugelegt und uns im vierten Quartal nochmals gesteigert. 2021 werden wir so viel wie noch nie investieren und unsere Netzqualität weiter steigern. Auf dieser Basis wollen wir schneller als der Markt wachsen und Hightech in Deutschland demokratisieren.“
Die gesamtwirtschaftliche Rezession hat also nicht so stark auf das Ergebnis durchgewirkt, wie manche befürchtet haben könnten. Es habe "starkes Interesse an höherwertigen Mobilfunk- und Festnetzprodukten der Kernmarke o2" gegeben.
In der Tat ist o2 beim 4G-LTE-Netzausbau "entscheidend vorangekommen" und sieht sich nun "auf Augenhöhe mit dem Wettbewerb", was von Kritikern nach wie vor in Frage gestellt wird. Zwar hat o2 bereits sein 5G-Netz gestartet, das funkt aber erst in 15 Städten.
Festnetz: Mehr Haushalte als alle anderen erreichbar
Im Festnetz erreicht o2 rein statistisch "mehr Haushalte als irgendein anderer Anbieter mit dem kompletten Portfolio an Breitbandleitungen", da Telefónica Resale-Verträge mit allen relevanten Festnetzanbietern über Glasfaser (wo schon vorhanden), Kupfer-Doppelader (überwiegend von der Telekom) oder Koaxkabel-TV (von Vodafone) hat.
Noch nie in der Geschichte des Unternehmens sei die Zufriedenheit der Kunden höher gewesen. Der für die Branche wichtige "Net Promoter Score", der den Anteil an Kundenempfehlungen misst, sei über die vergangenen drei Jahre um fast 20 Punkte angestiegen.
Die Kundentreue habe sich "auf Rekordniveau" bewegt, das Interesse an Produkten der Kernmarke o2 sei gestiegen.
Wachstum in fast allen Umsatzfeldern
Der Gesamtumsatz erhöhte sich um 1,8 Prozent auf 7,53 Milliarden Euro dank Wachstum im Mobilfunk, beim Festnetz und mit Endgeräten. Damit wächst das Unternehmen nun bereits das dritte Jahr in Folge. Im vierten Quartal betrug der Umsatz 2,02 Milliarden Euro.
Der Umsatz mit Mobilfunkdienstleistungen erhöhte sich leicht um 0,1 Prozent auf 5,31 Milliarden Euro. Im vierten Quartal stiegen diese Umsätze um 1,3 Prozent. Gründe waren das starke Kundenwachstum, attraktive o2-Tarife, steigendes Interesse an großen Datenvolumina sowie zunehmenden Bündelprodukten.
o2 räumt auch "negative Effekte" ein: Die COVID-19-Krise habe sich mit etwa minus 72 Millionen Euro Umsatz ausgewirkt, was vor allem aus dem weiterhin eingeschränkten internationalen Roaming stammt. Ohne diese Effekte wäre der Mobilfunkservice-Umsatz 2020 um 1,3 Prozent gestiegen.
Im Festnetz hat o2 im Vergleich zum Vorjahr 6 Prozent mehr also 785,3 Millionen Euro eingenommen. Der Umsatz mit Endgeräten wuchs um 5,7 Prozent auf 1,42 Milliarden Euro.
Eine Einschätzung (von Henning Gajek)
o2 ist nach Kunden vermutlich der "größte" Netzbetreiber in Deutschland (je nachdem wie man das zählt). Beim Netzausbau ist aber trotz einer beachtlichen Aufholjagd noch einiges zu tun.
o2 ist bei den Kunden beliebt, weil man einiges sparen kann, wenn man sich die Angebote der verschiedenen Service-Provider und Discounter im Netz genauer anschaut. Wer überwiegend in gut erschlossenen Gebieten unterwegs ist, wer sein Handy als "nicht so wichtig" ansieht, bekommt hier viel fürs Geld.
Zufriedene Kunden telefonieren ab und zu, schicken sich viel Messenger-Nachrichten und blättern in ihrem bevorzugten sozialen Netzwerk oder suchen Nachrichten mit Google. Die Hotline bemühen sie kaum, der Vertrag wird einmal abgeschlossen und dann "vergessen". Jetzt während der Pandemie wird ohnehin nur ungern der Anbieter gewechselt, weil da ja was schief gehen könnte. Das muss nicht sein.
Ob o2 mit Telekom und Vodafone schon "auf Augenhöhe" spielt, werden viele Kunden vermutlich "anders" sehen. Wichtig ist: o2 darf seinen Elan nicht verlieren und muss im gleichen oder noch höheren Tempo wie bisher weiter sein Netz ausbauen, weiße Flecken schließen und bestehende Regionen verdichten.
Rein auf den Preis zu schielen, wird gefährlich, wenn in Kürze der vierte Netzbetreiber selbst an den Start geht. Dann kann o2 nur noch verlieren. Entweder an das "4. Netz" (1&1-Drillisch) oder an die etablierten Spieler Telekom und Vodafone, weil die Kunden anspruchsvoller in Sachen Netz geworden sind.
Zum 1. März startet o2 mit dem Day Pack Unlimited eine echte Tages-Flatrate. Details dazu lesen Sie in einer weiteren News.