Wandel

Volkswagen: "VW.OS" soll 2024 voll funktionsfähig sein

Die Auto­in­dus­trie steht vor einen drama­ti­schen Wandel: Soft­ware wird immer wich­tiger und damit die Angst von IT-Konzernen abhängig zu sein. VW will das ändern.
Von mit Material von dpa

Volkswagen (VW) wird sich vom reinen Automobil auch zum Software-Konzern wandeln (müssen). Volkswagen (VW) wird sich vom reinen Automobil auch zum Software-Konzern wandeln (müssen).
Foto: Picture Alliance / dpa
Der Auto­kon­zern Volks­wagen will jetzt zur Mischung aus Auto- und Soft­ware-Konzern werden - ist aber wohl zu einer Zusam­men­ar­beit in gewissen Grenzen mit weiteren externen Part­nern bereit. Das haus­ei­gene Betriebs­system "VW.OS" nimmt langsam Form an.

Noch ein Betriebs­system?

Volkswagen (VW) wird sich vom reinen Automobil auch zum Software-Konzern wandeln (müssen). Volkswagen (VW) wird sich vom reinen Automobil auch zum Software-Konzern wandeln (müssen).
Foto: Picture Alliance / dpa
Wir kennen Windows, Linux, Unix, Android oder iOS - das sind Betriebs­sys­teme. Dazu soll ein weiteres kommen, sein Name "VW.OS". Die Soft­ware-Einheit es Auto­mo­bil­bauers Volks­wagen steht nach mona­te­langer Vorbe­rei­tung nun vor dem Start: In rund zwei Wochen, zum 1. Juli, soll sie mit der Entwick­lung einer eigenen Digital-Platt­form für alle Marken im VW-Konzern starten. Dieses "VW.OS" soll dann den Kern eines Auto-Betriebs­sys­tems bilden, das bis 2024 voll ausge­ar­beitet sein soll.

VW will die "komplette Fahr­zeug­ar­chi­tektur" inklu­sive Elek­tronik dabei selbst kontrol­lieren, wie es der VW-Digi­tal­vor­stand Chris­tian Senger heute erklärte. Man bleibe aber zwar offen für Part­ner­schaften, Joint-Ventures oder Betei­li­gungen, will aber die Hoheit behalten. In den kommenden Jahren will VW-Digital mehr als sieben Milli­arden Euro dafür ausgeben.

Anfragen von außen

Da gibt es schon Anfragen von außen, bestä­tigte Senger. "Was wir aber nicht wollen, ist, dass jeder sein eigenes Ding mitbringen und umsetzen kann. Wir bestimmen die Archi­tektur." Die Platt­form selbst werde eine Entwick­lung der eigenen Experten sein.

Soft­ware wird immer wich­tiger, die Indus­trie hat Angst von IT-unter­nehmen wie Micro­soft, Google, Apple oder anderen abhängig zu werden. Sie versu­chen daher, ihre Kompe­tenz zu erwei­tern und eigenes Fach­per­sonal aufzu­sto­cken. Die "Car.Soft­ware"-Orga­ni­sa­tion bei VW soll nach den vorlie­genden Plänen bis 2025 über 10.000 Experten umfassen, bis zum Ende des laufenden Jahres könnten es schon 5.000 Mitar­beiter sein. Das Ziel: Mehr Programme und Systeme in Eigen­regie und dabei noch die Wert­schöp­fung zu vergrö­ßern. Der Anteil soll von heute weniger als 10 auf künftig mehr als 60 Prozent anwachsen.

Möglichst viel selbst machen

Der Digital-Vorstand bei VW, Christian Senger. Der Digital-Vorstand bei VW, Christian Senger.
Foto: Picture Alliance / dpa
Man habe, so Senger, "die 100-prozen­tige Über­zeu­gung, möglichst viel selbst machen zu wollen". Wo es sinn­voll sei, könnten aber Partner dazu kommen. Nebenbei steigen die Anfor­de­rungen an Tech­no­logie-Zulie­ferer gewaltig. Volks­wagen setze auf "eine selbst defi­nierte Archi­tektur mit klaren Schnitt­stellen, die regional unter­schied­liche Modelle möglich macht".

Das eigene Betriebs­system "VW.OS" soll in der vollen Ausbau­stufe mit Zentral­rechner-Archi­tektur bis 2024 vorliegen. Das System soll "vom Klein­wagen bis zur Premi­um­li­mou­sine skalierbar" sein. Nicht alle Auto­bauer dürften bald Eigen­ent­wick­lungen haben, schätzt Senger: "Es wird in Zukunft wahr­schein­lich welt­weit weniger Betriebs­sys­teme fürs Auto geben, als es Auto­her­steller gibt." Der Wett­be­werb um die nötigen Experten sei in der Branche groß.

Viele Tausend IT-Fach­kräfte

Bei VW werden mehrere Tausend eigene IT-Fach­kräfte aus Betei­li­gungen und Marken einge­setzt. Hinzu­kommen soll Personal aus Neuein­stel­lungen oder Firmen­über­nahmen. Der Ausbau der Soft­ware-Entwick­lung gehört zu den stra­te­gi­schen Schwer­punkten von Konzern­chef Herbert Diess, der den Konzern fit für das elek­tri­sche Zeit­alter machen will.

Doch so einfach ist das alles nicht. Die vielen neuen Systeme sind viel kompli­zierter als gedacht. Bei der Zukunfts­hoff­nung von VW, dem Elek­tro­auto ID.3, gibt es deshalb zunächst etwas abge­speckten Umfang an Funk­tionen. Beim aktu­ellen Golf 8 kam es zu Verzö­ge­rungen in der Produk­tion.

Wenn alles klappt, soll ein "digi­tales Ökosystem" entstehen, worin Daten zwischen den Smart­phones oder Tablets der Kunden, den Anwen­dungen im Auto, dem Hersteller, Händ­lern und weiteren Dienst­leis­tern ausge­tauscht werden können. VW will Teile seiner Soft­ware in der Cloud spei­chern und dabei mit Micro­soft ("Azure") zusam­men­ar­beiten.

Andere Auto­kon­zerne stecken eben­falls viel Geld in die Vernet­zung - nicht zuletzt mit Blick auf die Entwick­lung des auto­nomen Fahrens.

VW Play nennt sich das neue Multi­media-Betriebs­system von Volks­wagen, das auch einen eigenen AppStore mit sich bringt.

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