Beschlossen

Nach NSA: Weltgemeinschaft will Schutz der Privatsphäre - Putin wettert

Die "Net Mundial"-Konferenz will nach den Snowden-Enthüllungen ein klares Zeichen gegen Überwachung setzen: Das Recht auf Privatsphäre soll geschützt werden, fordern die Teilnehmer. Die Umsetzung ist allerdings offen - und Wladimir Putin wettert.
Von mit Material von dpa

Die Welt entscheidet sich für mehr Privatsphäre Die Welt entscheidet sich für mehr Privatsphäre im Netz - doch Putin will mehr staatliche Kontrolle
Bild: dpa
Die internationale Konferenz Net Mundial hat das Internet als öffentliches Gut verteidigt und sich für den Schutz gegen Überwachung stark gemacht. Die Menschenrechte sollten online ebenso wie offline geschützt werden, forderten Staaten, Unternehmen und Aktivisten auf der Konferenz in Brasilien. Auf der "Net Mundial" diskutierten die Teilnehmer zwei Tage lang über die künftige Verwaltung des Internets und die Folgen der Snowden-Enthüllungen.

Das Recht auf Privatsphäre müsse geschützt werden, forderten die Teilnehmer. "Das schließt den Schutz vor willkürlicher oder rechtswidriger Überwachung ein", heißt es in dem Abschlussdokument, das veröffentlicht wurde. Die Nationen sollten ihre Gesetze zur Überwachung und Sammlung persönlicher Daten überprüfen. Staaten und andere Akteure - etwa Unternehmen - sollten sich beim Sammeln von Daten an die Menschenrechte halten.

Snowden-Enthüllungen gaben der Konferenz ihre Richtung

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Damit reagierten die Konferenzteilnehmer auf die Enthüllungen Edward Snowdens über massenhafte Internet-Überwachung des US-Geheimdienstes NSA. Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff hatte die Konferenz aus Ärger über die NSA-Überwachung einberufen. Die Ergebnisse sind rechtlich nicht bindend. Sie setzen aber ein Signal für künftige Pläne zur Regulierung des Internets.

Ob die Formulierungen gegen Massenüberwachung angemessen sind, wurde unterschiedlich bewertet. "Ursprünglich war nicht klar, ob eine Erwähnung dieses Problems im Dokument überhaupt mehrheitsfähig ist", sagte die Berliner Forscherin Jeanette Hofmann der dpa vor der Verabschiedung des Dokuments. Der Netzaktivist Markus Beckedahl zeigte sich dagegen enttäuscht. Die Konferenz habe die Chance vertan, "deutlichere Worte gegen die Menschenrechtsverletzungen durch Massenüberwachung ... zu finden", schrieb er auf Netzpolitik.org.

Putin wettert über bisheriges Internet

Russlands Präsident Wladimir Putin hat das Web unterdessen als ein "Spezialprojekt der CIA" bezeichnet und eine strengere staatliche Kontrolle gefordert. Das Parlament in Moskau verabschiedete ein Gesetz, um Blogger strikter zu kontrollieren.

Die Erfindung des Internets sei ein Projekt der amerikanischen Geheimdienstes CIA gewesen, sagte Putin auf einem Medienforum in St. Petersburg. "Das alles entstand in der ersten Etappe, zu Beginn des Internets als Spezialprojekt des CIA. Und so entwickelt es sich weiter", sagte der russische Präsident laut einer offiziellen Mitschrift. "Alles, was über Server in den USA geht, wird dort kontrolliert." Russland müsse seine Interessen wahren.

Tatsächlich hatte die amerikanische Regierung mit den Anfängen des Internets zu tun. Die Entwicklung des Internet-Protokolls TCP/IP entstand in den frühen 1970er Jahren aus Arbeiten der DARPA, einer Forschungseinrichtung des US-Verteidigungsministeriums. Der Auslandsgeheimdienst CIA war allerdings nicht an der Entwicklung beteiligt.

Putins Bemerkungen sind ein Hinweis darauf, dass Russland stärkere staatliche Kontrolle über das Internet ausüben will. Das russische Parlament beschloss bereits am Dienstag eine Verordnung, nach der Blogger sich registrieren lassen müssen. Putin muss das Gesetz noch unterzeichnen.

"Das ist ein weiterer Meilenstein zur Unterdrückung der Meinungsfreiheit in Russland", teilte die Organisation Human Rights Watch (HRW) mit. Der Chef des Menschenrechtsrates im Kreml, Michail Fedotow, forderte Präsident Putin auf, das Gesetz nicht zu unterschreiben.

Bundesregierung freut sich über Schutz der Privatsphäre

Die Bundesregierung begrüßte, dass es im Vorfeld und auf der Net-Mundial-Konferenz gelungen sei, eine Vielzahl von Akteuren mit ins Boot zu holen und bei der Erarbeitung von Ergebnissen aktiv zu beteiligen. "In einem offenen Diskurs konnten so Leitlinien für die künftige Entwicklung des Internet entwickelt werden", erklärte die Parlamentarische Staatssekretärin Brigitte Zypries (SPD). In das Abschlussdokument der Konferenz seien auch wichtige Leitsätze zum Schutz der Privatsphäre eingegangen, die die Diskussion um die Internet-Governance beeinflussen würden.

In Brasilien hatte sich die versammelte Web-Gemeinschaft sich für den Erhalt eines offenen Netzes ausgesprochen. "Das Internet sollte weiterhin ein weltweit zusammenhängendes, verbundenes, stabiles, nicht aufgeteiltes Netzwerk sein", heißt es in dem Abschlussdokument. Das Internet sei ein weltweites Gut und müsse im öffentlichen Interesse gestaltet werden. Damit wendet sich die Konferenz gegen Bestrebungen einzelner Staaten, national abgegrenzte Netze zu errichten. Die USA sollen zudem ihre bisherige Aufsicht über die Organisation ICANN bis September 2015 abgeben. Wer die Rolle übernehmen soll, blieb offen.

Teilnehmer lobten den Verhandlungsprozess der Konferenz. Zum ersten Mal sei es international gelungen, dass Regierungen, Wirtschaft, Forscher und Vertreter gesellschaftlicher Gruppen "auf gleicher Augenhöhe miteinander diskutieren", sagte Hofmann. Dieses Verfahren solle auch bei künftigen Diskussionen zur Internetregulierung gewählt werden, erklärte Michael Rotert, Vorstandsvorsitzender des Wirtschaftsverbands eco.

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