Internetradio-Apps

Ausprobiert: Die Radioplayer-App für Smartphones und Tablets

Deutsche Privatradios bündeln ihre Kräfte in einer gemeinsamen App: Der Radioplayer ist mit knapp über 50 Sendern in die Testphase gestartet. Wir haben die neue Applikation ausprobiert.
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Radioplayer-App im Test Radioplayer-App im Test
Bild: teltarif.de
Die großen deutschen Privatsender haben nach einem halben Jahrzehnt bemerkt, dass ihnen Unternehmen wie TuneIn oder radio.de den Rang beim mobilen Internetradio abgelaufen haben. Mit dem aktuell größten Gemeinschaftsprojekt im deutschen Radio, der Webradio-Plattform radioplayer.de, wollen sie nun gegensteuern: Sieben Monate nach dem Startschuss für den Radio-Aggregator steht nun die technische Infrastruktur. Seit einigen Tagen sind die Radioplayer-Apps aus den App-Stores kostenlos herunterladbar. Wir haben uns die neue App einmal angeschaut und ausprobiert.

ARD ist noch nicht mit dabei

Radioplayer-App im Test Radioplayer-App im Test
Bild: teltarif.de
Das Angebot auf Plattformen wie Radio.de und TuneIn ist gigantisch: Über 30 000 Internetradios tummeln sich hier. Für viele ist das jedoch ein Überangebot, die gezielte Suche etwa nach lokalen, heimischen Radiosendern ist schwierig. Beim Radioplayer ist es genau anders herum: Zum Start sind nur knapp über 50 Radio-Streams zu hören. Es handelt sich jedoch auch noch um eine Testphase. Ende des 1. Quartals soll der Radioplayer Deutschland offiziell in Betrieb gehen und dann auch mehr Stationen beinhalten. Bislang noch nicht dabei sind die öffentlich-rechtlichen Sender von ARD und Deutschlandradio. In Verhandlungen versuchen Privatradios und die ARD aktuell einen Kompromiss auszuhandeln: Die Privatradios sollen ihre Blockade gegen den digital-terrestrischen Hörfunk (DAB+) aufgeben und eine gemeinsame Strategie mit den Öffentlich-Rechtlichen erarbeiten. Im Gegenzug würden sich ARD und Deutschlandradio am Radioplayer beteiligen.

Alle Streams nach Geschwindigkeitsdrosselung unbrauchbar

In unserem Test mit einem Android-Smartphone haben die Streams zumindest im heimischen WLAN-Netz problemlos funktioniert. Unterwegs stießen wir jedoch schnell an Grenzen. Bedauerlicherweise werden fast alle Sender nur in hoher Qualität auf der Plattform ausgestrahlt, die genaue Datenrate wird dabei nicht angezeigt. Auf unserem Testsmartphone hatten wir nur ein Highspeed-Volumen von 200 MB zur Verfügung. Nach einer halben Stunde Radiohören kam der Hinweis per SMS, dass das Highspeed-Volumen aufgebraucht sei. Wir wurden auf 56 kbit/s gedrosselt, sämtliche Streams auf der Radioplayer-Plattform funktionierten in der Folgezeit nicht mehr.

Zumindest während der Test-Phase hat man beim Radioplayer offenbar nichts aus den typisch deutschen Fehlern beim mobilen Webradio gelernt: Während Stationen in den USA oder Kanada in der Regel auch einen zweiten Stream für die mobile Nutzung anbieten, verzichten die meisten deutschen Radiostationen darauf. Ideal wäre eine Datenrate von 40 kBit/s und dem Datenreduktionsverfahren AAC, aber selbst 24 kBit/s liefern schon annähernd UKW-Qualität. Streams mit höheren Datenraten sind nach der Highspeed-Drosselung nicht mehr nutzbar. Ideal für den Radioplayer wäre eine Technologie, die sich die Datenrate nach der zur Verfügung stehenden Daten-Geschwindigkeit selbst auswählt.

Was uns beim Radioplayer überzeugt hat, ist die einfache Struktur der Applikation. Im Vergleich zu anderen Apps wie TuneIn poppen keine Werbefenster auf, und auch die Suche nach Radiosendern und die Navigation gestalten sich problemlos. Außerdem gibt es einige Specials, etwa Nachrichten zum jederzeit nachhören. Ferner präsentieren die Sender Services wie interaktive Playlisten und eine Social Media-Anbindung.

Innovative Musikfarben fehlen

Problematisch beim Radioplayer ist jedoch, dass es sich um eine proprietäre Plattform handelt. Nichtkommerzielle Radiosender und privat betriebene Webradios werden nicht aufgenommen. Aufnahmeberechtigt sind nur die Sender, die sich über die Media Analyse Radio oder die Media Analyse IP Radio ausweisen lassen. In gewisser Weise wollen sich die großen Privatradios freilich auch von der immer größeren Konkurrenz durch kleine Webradios abgrenzen. Vor allem im Bereich alternativer Musikstile wie Indie oder Gothic sorgen zahlreiche Programme für frischen Wind in der Radiolandschaft. Solch ausgefallene und innovative Musikfarben findet man im Radioplayer nicht.

Chance im Rahmen eines hybriden Systems mit DAB+

Die Plattform hätte dennoch eine Chance: im Rahmen eines hybriden Systems. In Großbritannien forciert das Team des dortigen Radioplayers UK eine Technik, bei der ein Radioempfänger im Fahrzeug selbständig nach dem besten Empfangsweg sucht. Wählt der User einen Sender aus, der auch über DAB und/oder UKW sendet, wird dieser Empfangsweg gewählt. Sobald er das terrestrische Sendegebiet verlässt, wählt das Radio automatisch den Webstream. Sollte DAB+ auch Einzug in Smartphones halten, wäre eine solche Hybrid-Technik ebenfalls ein Gewinn. Allerdings müssen sich die Privatradios hierbei endgültig dem Thema DAB+ öffnen und die Technik als eine Chance und nicht länger als Bedrohung ihrer Existenz ansehen.

Alles in allem muss jeder Nutzer selbst entscheiden, ob er beim mobilen Internetradio weiter auf große internationale Apps wie TuneIn mit riesigem Programmangebot setzt oder lieber das überschaubare deutsche Angebot des Radioplayers bevorzugt. So oder so ein Muss ist, dass die Sender neben einem High Quality-Stream für die Nutzung zu Hause einen zweiten mit niedrigerer Datenrate für unterwegs anbieten. Sonst hat der Radioplayer auf dem Gebiet des mobilen Internetradios wohl kaum eine Chance.

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