Vor 25 Jahren: Liberalisierung des Telefon-Markts startete
Neben seriösen Call-by-Call-Anbietern, die rechtzeitig vorab über Tarifänderungen informierten, gab und gibt es immer wieder auch schwarze Schafe, die entweder recht kurzfristig oder auch mehrmals am Tag ihre Tarife änderten. Die Anbieter hatten bemerkt, dass manche Verbraucher sich eine Call-by-Call-Tarifübersicht auf Papier ausdrucken, neben das Telefon legen und dort dann oft wochenlang sorglos ohne weitere Preis-Kontrolle nutzen.
Hatte sich dann eine bestimmte Call-by-Call-Vorwahl zu einem bestimmten Ziel als "Schnäppchen" ins Gedächtnis der Kunden eingeprägt, erhöhten bestimmte Betreiber ausgerechnet für diese Nummer die Preise drastisch. Wo traditionell viel ins Ausland telefoniert wird, beispielsweise an Weihnachten, zum Jahreswechsel oder in der Reisezeit, lohnte sich das. Manche Anbieter hatten zu wenig Leitungen gemietet, und dann hörten die Anrufer ein Besetztzeichen oder es klappte gar nicht.
Derweilen sorgten unabhängige Vergleichs- und Informations-Dienste wie beispielsweise teltarif.de für Klarheit. teltarif.de startete schon Ende 1997 mit der Webseite und Anfang 1998 mit dem teltarif.de-Newsletter und ersten Newsmeldungen, später wurde der Call-by-Call-Tarifvergleich die wichtigste Anlaufstelle. Dieser ist nicht nur im Internet abrufbar, auch regionale Tageszeitungen veröffentlichen Auszüge daraus. Ganz Hartgesottene können den Tarifvergleich sogar noch per Videotext am Fernseher abrufen. Den allerersten Artikel von teltarif.de finden Sie bis heute im Netz.
Abnehmende Bedeutung von Call by Call
Im Laufe der Geschichte ist die Pflicht der Deutschen Telekom erloschen, Call by Call anzubieten. Doch trotz aller Streitigkeiten gelang es dem Interessenverband VATM, mit der Telekom eine freiwillige Verlängerung des Call-by-Call-Angebotes auszuhandeln. Vorläufig bis Ende 2024, vielleicht auch noch länger.
Zu beachten ist, dass Call by Call nach wie vor nur mit einem Original-Telekom-Anschluss funktioniert. Wenn die Telekom sich mit einem privaten Mitbewerber zusammengetan hat und den Anschluss über fremde Leitungen und Systeme realisiert (Marke "Magenta Zuhause Regio"), dann geht Call by Call nicht mehr.
Längst gibt es bezahlbare Flatrates für Telefonate in alle deutschen Netze. Die Folge: Viele Kunden brauchen Call by Call nicht mehr. Manche Kunden haben sogar ihren Festnetzanschluss ganz abgeschafft. Wichtig bleibt Call by Call weiterhin für Kunden, die regelmäßig auf einem Festnetz- oder Mobilfunkanschluss im Ausland anrufen - wenngleich hier in den vergangenen Jahren auch OTT (Over-the-Top) oder Gratis-VoIP-Dienste wie Skype, WhatsApp Call, Signal und andere an Bedeutung gewonnen haben.
Wenn Sie keinen Festnetzanschluss mehr haben oder bei einem alternativen Anbieter angeschlossen sind, bleiben für teure Auslandstelefonate noch Alternativen wie VoIP, Callthrough, Callback und Ethno-Discounter oder das Telefonieren über Messenger. Das erfordert allerdings mehr oder weniger technische Kenntnisse und Erfahrung. Bei regelmäßigen Auslandskontakten ist das aber eine wichtige Alternative.
Die Politik gibt das Tempo vor
Schon in den 1980er-Jahren hatten sich Politik, Wirtschaft und Verbraucher Gedanken über die schwerfälligen und unflexiblen Telekommunikations-Monopolisten mit ihren zum Teil teuren Tarifen gemacht, zu denen es keine Konkurrenz gab. Schließlich ergriff die EU-Kommission die Initiative: 1988 wurde über die Endgeräterichtlinie die Nutzung alternativer Endgeräte erleichtert. 1990 wurde offiziell das staatliche Monopol auf Telefondienste abgeschafft, aber Mitgliedstaaten durften ihre Netzmonopole noch beibehalten.
1995 wurden die TV-Kabelnetze geöffnet, was in vielen Mitgliedsstaaten zwar zur Privatisierung der Netze führte. Einen wirksamen Anbieter-Wettbewerb auf den Kabelnetzen gibt es allerdings bis heute nicht. Erst mit der Richtlinie 96/19/EG mussten die verbliebenen Monopolrechte für Sprachtelefonie, Telekommunikationsnetze, Telefonverzeichnisse und Auskunftsdienste zum 1. Januar 1998 abgeschafft werden.
Obwohl zum Jahresbeginn 1998 unzählige neue Anbieter an den Start gingen und teilweise auch wieder verschwanden: Ohne die Telekom ist vieles bis heute gar nicht möglich. Deswegen wurde die Telekom verpflichtet, Leitungen ("letzte Meile") meist zu regulierten Preisen zu vermieten und die Inhalte der Telefonverzeichnisse (Telefonbuch, Auskunft) bereitstellen. Die Telekom musste die Abrechnung für Call by Call übernehmen und bei technischen Störungen die Netze instandhalten und warten.
Daran hat sich bis heute nur wenig geändert. Klar, die Telekom war zunächst gar nicht begeistert, ihren Konkurrenten "Starthilfe" geben zu müssen. Also war von Anfang eine staatliche Aufsichtsbehörde notwendig, die bereits erwähnte "Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post" (RegTP), als Nachfolgerin des vorherigen "Bundesamts für Post und Telekommunikation" (BAPT). Heute hat die Bundesnetzagentur (BNetzA) nicht nur ein Auge auf die konkreten Preise und Entgelte, sondern auch auf die Konditionen derartiger Verträge, und sie kümmert sich auch um Verbraucherfragen. Wer sich für die teilweise extrem bürokratischen Details interessiert, findet auf www.bnetza-amtsblatt.de und auf www.bundesnetzagentur.de Lesestoff in Hülle und Fülle.
Die Telekom: Jetzt weltweit führend
Telekom-Chef Tim Höttges kündigt an, dass ab 2025 alle neuen Telekom-Dienstfahrzeuge rein elektrisch fahren sollen
Screenshot: Henning Gajek / teltarif.de
Mit dem Start der Liberalisierung im TK-Markt hatten nicht wenige vermutet oder gehofft, dass die Deutsche Telekom verschwinden oder nur noch eine Randfigur des Geschehens werden könnte. Doch dabei haben sich die Propheten getäuscht.
Nach anfänglichen Bedenken entfesselten die jeweiligen Telekom-Vorstände das Unternehmen und intensivierten Netzausbau und Kundenservice. Der heutige Telekom-Chef Höttges stellt regelmäßig neue bessere Zahlen vor. Der vom damaligen Telekom-Chef Ron Sommer vollzogene Einstieg in den US-Mobilfunkmarkt wurde seinerzeit heftig kritisiert. Sein Nach-Nachfolger René Obermann stellte in den USA die Weichen für einen massiven Netzausbau und schob die Fusion mit dem Wettbewerber Sprint an, die nach zähen Verhandlungen zwischen den Anteilseignern und mit Behörden und Gerichten unter Tim Höttges erfolgreich abgeschlossen werden konnte. T-Mobile USA schob sich dort an den etablierten Spielern AT&T und Verizon vorbei, und die Deutsche Telekom spielt weltweit ganz vorne in der Spitzenlage.
Bei Mobilfunk-Netztestes in Europa belegt die Telekom regelmäßig die vordersten Plätze, nur den Kollegen der Schweizer Swisscom, Sunrise und Salt werden teilweise noch bessere Noten gegeben.
Nicht nur das Festnetz wurde liberalisiert, auch der Mobilfunk. Von zwei bis sechs, dann vier, dann drei und jetzt wieder vier Anbieter bewerben sich um Kundschaft. Mehr dazu auf Seite 3.