Das Ende der Girocard rückt näher
Sowohl DKB als auch ING setzten mittlerweile als Standard auf Visa-Debitkarten, um ihre Kunden mit Bargeld zu versorgen. Auch Online-Shopping ist mit Visa oder Mastercard deutlich einfacher, als mit der Kombination aus Girocard und Maestro. Große Filialbanken waren bislang felsenfest von der Girokarte überzeugt, doch die Front bröckelt gewaltig. Mit Santander schert nun eine der Top-10-Retailbanken in Deutschland aus dem Girocard-System aus und wird Kunden in Zukunft mit einer Visa ausstatten, berichtet finanz-szene.de. Für die Bankenbranche ist das ein gehöriges Erdbeben.
Ende von Maestro führt zu Umdenken
Santander ersetzt die Girocard durch Visa
Foto: Santander
Ursache für den Sinneswandel bei Santander dürfte allerdings weniger reine Überzeugung als pure Notwendigkeit sein. So hatte Mastercard seine Geschäftspartner kürzlich darüber informiert, dass man Maestro auslaufen lasse. Damit wären in den kommenden Jahren neu ausgestellte Girokarten nicht mehr im Ausland nutzbar und damit de facto nutzlos, denn auch Online-Shopping ist mit diesen Karten abseits von SEPA-Lastschriften kaum möglich.
Auf der anderen Seite gibt es bis heute keinen adäquaten Ersatz für die Girokarte, auch ein europäisches Zahlungssystem in Konkurrenz zu den großen US-Kreditkarten-Schemata lässt bislang auf sich warten, was vor allem an potenziell erforderlichen Milliardeninvestitionen der Banken liegt. Wenige Institute sind daran interessiert, derzeit solche Kosten zu stemmen. Commerzbank, Deutsche Bank & Co. kämpfen seit Jahren mit Minuszinsen sowie strukturellen Problemen. Aktuell schließt beispielsweise die Commerzbank deutschlandweit Filialen und auch die deutsche Unicredit-Tochter HypoVereinsbank steht vor weiteren Umbrüchen.
Sparkassen setzen auf Co-Badge
Vor allem die Sparkassen gehören in Deutschland nach wie vor zu den kundenstärksten Kreditinstituten. Doch auch hier macht man sich bereits Gedanken über die Zukunft, steht der Girokarte jedoch optimistischer gegenüber. So hatten vereinzelte Sparkassen bereits ein Co-Badge mit Mastercard eingeführt und damit Maestro ersetzt. Die Genossenschaftsbanken halten sich aktuell mit Plänen bedeckt, doch auch hier wird man mit der Girokarte nicht einfach zur Tagesordnung übergehen können.
Wahrscheinlich kommen also auch Volksbanken und Sparkassen insgesamt mittelfristig nicht mehr umhin, ihren Kunden eine Visa- oder Mastercard anzubieten, damit diese auch im (europäischen) Ausland noch Kartenzahlungen tätigen können. Ein Umschwenken auf V-Pay von Visa scheint dabei ebenfalls keine nachhaltige Lösung zu sein. Branchenbeobachter gehen davon aus, dass auch Visa sein bisheriges Co-Badge mit der Girokarte aufgibt.
Akzeptanz in Handel
Sollten weitere Retailbanken die Girokarte ausmustern, wird es allerdings in Zukunft für Handel und Kunden teurer. Vor allem kleinere Geschäfte, Apotheken und Bäcker setzen derzeit aus Kostengründen noch verstärkt auf die Girocards und das Lastschriftverfahren. Dies ist auch mit Blick auf Interchange-Gebühren häufig günstiger, als Visa- und Mastercard zu akzeptieren. Vermutlich würden die Händler höhere Kosten dann über entsprechende Preiserhöhungen an alle Kunden weitergeben.
Problematisch wäre das Ende der Girokarte aber noch aus anderen Gründen. Deutschland und Europa begeben sich damit vollständig in die Hände von Visa und Mastercard. Die beiden Unternehmen könnten in Zukunft nicht nur Gebühren diktieren, sondern hätten erhebliche Kontrolle über den deutschen Finanzsektor. So wäre beispielsweise denkbar, dass die USA Sanktionen gegen Deutschland oder die EU erlassen und die Region über Visa- und Mastercard nahezu vollständig vom bargeldlosen Zahlungsverkehr abschneiden. Das kann sicherlich nicht im gemeinsamen europäischen Interesse sein.
Offiziell: DKB streicht kostenlose Girocard und Kreditkarte.