Interview

Wise: "Sind internationalstes Konto der Welt"

Wise ist das N26 für Globe­trotter. Der Pionier unter den güns­tigen Multi­wäh­rungs­konten funk­tio­niert wie eine moderne Neobank. Über das Angebot spre­chen wir mit Till Wirth, Produkt­leiter von Wise Plat­form.
Von Björn König

Till Wirth ist Produktleiter von Wise Platform Till Wirth ist Produktleiter von Wise Platform
Foto: Wise Platform
Wer oft im Ausland unter­wegs ist und Geld in verschie­dene Währungen umtau­schen muss oder im Inland Geld in Fremd­wäh­rungen erhält, kennt das Problem. Die Gebühren bei der eigenen Haus­bank sind alles andere als günstig. Wise geht dieses Problem an und bietet ein güns­tiges Multi­wäh­rungs­konto, das einfach wie N26 oder Revolut am Smart­phone und Desktop funk­tio­niert. Über das Konto und weitere Entwick­lungs­pläne spre­chen wir mit Till Wirth, Produkt­leiter von Wise Plat­form.

teltarif.de: Herr Wirth, Wise unter­scheidet sich deut­lich von klas­sischen Fili­albanken, aber auch Neo- und Smart­phone­banken wie N26. Gestartet sind Sie mit der Idee, bargeld­lose Trans­aktionen ins Ausland güns­tiger, schneller und einfa­cher zu machen. Warum war das vor allem in Deutsch­land ein wich­tiges Thema?

Till Wirth: Wise entstand, als unsere Gründer Taavet und Kristo fest­stellten, wie viel Geld es kostete, Geld zwischen dem Verei­nigten König­reich – wo sie lebten – und Estland – ihrem Heimat­land – zu über­weisen. Das war nicht nur teuer, sondern auch intrans­parent bei langen Bear­bei­tungs­zeiten. Daraus entstand ihre Vision, grenz­über­schrei­tendes Geld zu ermög­lichen. Dies ist ein wich­tiges Anliegen, denn die Euro­päer sind unglaub­lich inter­national. Neun Prozent der EU-Bevöl­kerung – etwa 40 Millionen Menschen – leben nicht in ihrem Geburts­land. Diese Menschen schi­cken viel Geld in die Heimat: 2022 beliefen sich solche Über­wei­sungen aus Deutsch­land auf 19,5 Milli­arden Euro und für alle EU-Länder auf 146 Milli­arden Euro.

teltarif.de: Der Funk­tions­umfang von Wise ist mitt­ler­weile deut­lich ange­wachsen. Ein Beispiel sind Kontakt­los­zah­lungen mit einer virtu­ellen Visa-Card und Google Pay, darüber hinaus kann man mit der App auch kurz­fristig über ein verzinstes Anla­gepro­dukt sparen oder für lang­fris­tiges Kapi­tal­wachstum in einen ETF anlegen. Ist das Ziel von Wise, eine "Finanz Super-App" zu bauen?

Till Wirth ist Produktleiter von Wise Platform Till Wirth ist Produktleiter von Wise Platform
Foto: Wise Platform
Till Wirth: Unser Ziel ist, unseren Kundinnen und Kunden zuzu­hören und Produkte zu entwi­ckeln, die ihren Bedürf­nissen im inter­natio­nalen Zahlungs­ver­kehr entspre­chen. Wir konzen­trieren uns auf unsere Mission, die darin besteht, die beste Art und Weise zu schaffen, Geld auf der ganzen Welt zu bewegen und zu verwalten, und dies spie­gelt sich in unserer gesamten Produkt­palette wider: Das Wise-Konto ist das inter­natio­nalste Konto der Welt, mit dem Menschen ihr Geld grenz­über­schrei­tend bewegen und verwalten können. Sie können Geld in über 40 Währungen senden, ausgeben, empfangen, konver­tieren und halten.

Mit der Wise-Zins­anlage-Funk­tion können sie auch eine Rendite auf das Geld erzielen, das sie bei Wise halten. Wise Busi­ness ist das Geschäfts­konto für den globalen Einsatz mit allen Funk­tionen des Kontos und zusätz­lichen Tools für Unter­nehmen, die inter­national wachsen und operieren wollen. Wise Plat­form schließ­lich ist unser Infra­struk­tur­angebot für Banken, Unter­nehmen und Fintechs, die auf unser welt­weit führendes globales Zahlungs­netz­werk zugreifen können, um ihren Kundinnen und Kunden kosten­güns­tige und schnelle grenz­über­schrei­tende Zahlungen zu ermög­lichen.

teltarif.de: Während sich durch die allge­meine Teue­rung immer mehr Löcher in der Haus­halts­kasse zeigen, profi­tieren vor allem Nutzer von Handy­ver­trägen und Banken seit Jahren von sinkenden Preisen. In den Basis­funk­tionen gibt es Giro­konten teils sogar immer noch völlig kostenlos. Dafür sorgte gerade auch der inten­sive Wett­bewerb durch Neobanken wie N26, Revolut und Wise. Erwarten Sie hier für die Zukunft einen gegen­läu­figen Trend?

Till Wirth: In den letzten Jahren haben sich die Erwar­tungen der Verbrau­cher an ihre Anbieter von Finanz­dienst­leis­tungen und anderen Dienst­leis­tungen stark verän­dert. Nied­rigere Preise sind sicher­lich eine dieser Erwar­tungen, insbe­son­dere da Einzel­per­sonen und Haus­halte die wirt­schaft­lichen Verän­derungen bei den Lebens­hal­tungs­kosten ausglei­chen. Unser Ziel bei Wise ist, unseren Kundinnen und Kunden erschwing­liche, schnelle, bequeme und trans­parente Dienst­leis­tungen zu bieten, denn wir wissen, dass sie das von uns erwarten. Wir halten unsere Preise so niedrig wie möglich. Unsere Nutzer in Deutsch­land sparen im Durch­schnitt bis zu drei Prozent, wenn sie mit Wise Geld senden, ausgeben oder abheben.

teltarif.de: Wer sind für Wise in Deutsch­land derzeit die wich­tigsten Mitbe­werber?

Till Wirth: Heute fließt der größte Teil des grenz­über­schrei­tenden Geldes in der Welt und in Deutsch­land immer noch über Banken. Für Privat­per­sonen und Unter­nehmen sind grenz­über­schrei­tende Zahlungen jedoch nach wie vor langsam, teuer und mit versteckten Gebühren verbunden (das heißt dem Aufschlag, den die Finanz­dienst­leister im Wech­sel­kurs verste­cken). Eine aktu­elle Studie von Capital Econo­mics für Wise schätzt, dass deut­schen Verbrau­chern und KMU im Jahr 2023 1,9 Milli­arden Euro an versteckten Gebühren für grenz­über­schrei­tende Zahlungen entgangen sind.

Obwohl wir zu den größten unab­hän­gigen Anbie­tern im grenz­über­schrei­tenden Zahlungs­ver­kehr gehören, beträgt unser Anteil am Privat­kun­den­markt nur etwa fünf Prozent und am Markt für kleine und mitt­lere Unter­nehmen weniger als ein Prozent. Deshalb glauben wir, dass die Zukunft in der Zusam­men­arbeit zwischen Banken und Fintechs liegt. Auf diese Weise können die Banken ihre Größe mit der Spezia­lisie­rung und Inno­vation der Fintechs kombi­nieren. Aus diesem Grund sind wir immer auf der Suche nach Part­nern, die uns helfen, die Vorteile von Wise mehr Menschen zugäng­lich zu machen. Ein gutes Beispiel dafür ist die Wise Plat­form, die mit einer Viel­zahl von Banken und Finanz­insti­tuten – wie N26 in Deutsch­land – zusam­men­arbeitet, um ihren Kundinnen und Kunden auf der ganzen Welt schnelle, kosten­güns­tige und trans­parente inter­natio­nale Zahlungen zu ermög­lichen.

teltarif.de: Werden Wise-Produkte wie güns­tige Auslands­über­wei­sungen künftig auch als White-Label-Produkt bei anderen Banken verfügbar sein?

Till Wirth: Über die leis­tungs­starke API der Wise-Platt­form können Finanz­insti­tute und Groß­unter­nehmen die Tech­nologie von Wise zum inter­natio­nalen Senden, Empfangen und Verwalten von Geld in ihre bestehende Infra­struktur einbetten. Dies kann als Co-Bran­ding-Lösung mit Wise oder als voll­stän­dige White-Label-Lösung erfolgen, je nach den Wünschen unserer Partner. Wir ermög­lichen Banken auch, SWIFT-Zahlungs­nach­richten über unsere Corre­spon­dent Services-Lösung direkt an Wise Plat­form weiter­zuleiten – ohne größere Ände­rungen an ihren Systemen vornehmen zu müssen. Durch eine Part­ner­schaft mit Wise Plat­form können Banken und Unter­nehmen Zeit und Ressourcen sparen und ihren Kundinnen und Kunden schnell und bequem grenz­über­schrei­tende Zahlungen anbieten.

teltarif.de: Die briti­sche Groß­bank HSBC arbeitet an einer vergleich­baren App wie Wise. Werden güns­tige Auslands­über­wei­sungen auch für tradi­tio­nelle Banken zu einem wich­tigen Thema?

Till Wirth: Güns­tige inter­natio­nale Über­wei­sungen sind sicher­lich ein wich­tiges Thema für Kundinnen und Kunden und damit auch für die tradi­tio­nellen Banken. Vor allem aber glauben wir, dass Trans­parenz, also genau zu wissen, wofür man bezahlt, für Menschen und Unter­nehmen entschei­dend ist. Seit unserer Grün­dung vor drei­zehn Jahren setzen wir uns dafür ein, dass Finanz­dienst­leister ihre Preise senken und trans­parenter werden. Unsere jüngste Studie mit Capital Econo­mics zeigt, dass Verbrau­chern und KMU in der EU im Jahr 2023 30 Milli­arden Euro durch versteckte Gebühren im inter­natio­nalen Zahlungs­ver­kehr entgehen – also durch den Aufschlag, den Finanz­dienst­leister im Wech­sel­kurs verste­cken – 1,9 Milli­arden allein für Deutsch­land. HSBC zum Beispiel erhebt mit 3,7 Prozent die höchste versteckte Gebühr. Während also die Kundinnen und Kunden von Zing von der Trans­parenz profi­tieren – was wir begrüßen – haben die 13,5 Millionen Kunden von HSBC das Nach­sehen.

Neben einer fairen Preis­gestal­tung und Trans­parenz stellen wir fest, dass Geschwin­dig­keit ein weiteres wich­tiges Thema für Menschen und Unter­nehmen mit inter­natio­nalen Bedürf­nissen ist. Wir sind beson­ders stolz darauf, dass Wise schneller ist als je zuvor: 60 Prozent der Über­wei­sungen kommen jetzt sofort (das heißt inner­halb von 20 Sekunden) an. Unsere einzig­artige Infra­struktur, die es uns ermög­licht, deut­lich billiger und schneller als andere Finanz­dienst­leister zu sein, ist seit drei­zehn Jahren im Entstehen begriffen und schwer zu kopieren. Deshalb bieten wir sie jetzt auch Banken und Finanz­insti­tuten über die Wise Plat­form an, damit auch sie ihren Kundinnen und Kunden schnell beque­mere und kosten­güns­tigere inter­natio­nale Zahlungen anbieten können. So betreiben wir bereits den inter­natio­nalen Zahlungs­ver­kehr für die Bank Mandiri, Indo­nesiens größte Bank nach Vermö­gens­werten, und die Shinhan Bank, eine der größten Banken Südko­reas. In Europa arbeiten wir mit Monzo in Groß­bri­tan­nien, Bunq in den Nieder­landen und N26 in Deutsch­land zusammen.

teltarif.de: Welche Funk­tionen werden in der Wise-App beson­ders nach­gefragt bzw. welche Features stehen beson­ders oben auf der Roadmap?

Till Wirth: Unsere Kundinnen und Kunden lieben die Funk­tionen des Wise Accounts – unsere aktiven Nutzer wuchsen im Jahres­ver­gleich um 30 Prozent, was auf die zuneh­mende Akzep­tanz des Wise Account und die Nutzung mehrerer Funk­tionen zurück­zuführen ist (z. B. Verwen­dung der Wise Card, grenz­über­schrei­tender Geld­ver­sand). Unsere Anla­gepro­dukte Wise Inte­rest und Stocks sind eben­falls gute Beispiele für Funk­tionen, die gefragt sind und die wir in weiteren Märkten im EWR einführen. Insge­samt entwi­ckeln wir die Aspekte von Wise weiter, von denen wir wissen, dass unsere Kunden sie lieben, vor allem in Bezug auf Geschwin­dig­keit, Preis und Komfort. Unsere Mission Roadmap ist auf unserer Website einsehbar und wird vier­tel­jähr­lich aktua­lisiert.

teltarif.de: Revolut will Kunden hier­zulande bald auch eine lokale Bank­ver­bin­dung anbieten. Wie stehen bei Wise die Chancen auf eine deut­sche IBAN?

Till Wirth: In der EU bieten wir eine belgi­sche IBAN an, die in jedem Land einschließ­lich Deutsch­land verwendet werden kann. IBAN-Diskri­minie­rung – das heißt, wenn eine Bank oder ein Unter­nehmen Ihre IBAN nicht akzep­tiert, weil sie nicht aus dem Land stammt, in dem die Bank oder das Unter­nehmen ihren Sitz hat – ist ein Problem in Deutsch­land, das 15 Prozent aller Meldungen ausmacht, die wir über Accept my IBAN erhalten haben. IBAN-Diskri­minie­rung ist jedoch seit 2014 gesetz­lich verboten. Wir haben zwar nicht vor, eine deut­sche IBAN anzu­bieten, aber wir werden weiterhin auf dieses Problem aufmerksam machen und die Menschen bitten, Fälle von IBAN-Diskri­minie­rung entweder über Accept my IBAN oder direkt bei der Verbrau­cher­zen­trale Bundes­ver­band zu melden. Wir teilen alle Meldungen, die über Accept my IBAN eingehen, regel­mäßig mit der Euro­päi­schen Kommis­sion, um den Behörden ein voll­stän­diges Bild davon zu geben, wie, wann und wo diese ille­gale Praxis statt­findet.

teltarif.de: Sind für Wise in Zukunft weitere Produkte wie Kredite oder Charge-Kredit­karten geplant?

Till Wirth: Wir hören unseren Kundinnen und Kunden zu und entwi­ckeln Produkte, die ihren Bedürf­nissen im inter­natio­nalen Zahlungs­ver­kehr gerecht werden, aber das steht vorerst nicht auf unserer Roadmap. Wir konzen­trieren uns auf unsere Aufgabe, die beste Art und Weise zu schaffen, das Geld der Welt zu bewegen und zu verwalten.

teltarif.de: Herr Wirth, vielen Dank für das Gespräch.

Zur Person:

Till Wirth ist Head of Product bei Wise Plat­form, dem Infra­struk­tur­angebot von Wise für Banken, Finanz­insti­tute und Unter­nehmen in aller Welt. Er verfügt über zehn Jahre Erfah­rung in der Entwick­lung und Imple­men­tie­rung von Zahlungs­lösungen in einer Reihe von Unter­nehmen. Till begann bei der briti­schen Regie­rung, wo er fast fünf Jahre lang die Zahlungs­platt­form der Regie­rung aufbaute. Danach war er drei Jahre lang bei TrueLayer, einer globalen offenen Bank­platt­form, bevor er als Produkt­leiter zu Wise Plat­form kam. Bei Wise leitet Till das Produkt­team, das Lösungen für Banken, Online-Platt­formen und Unter­neh­mens­kunden entwi­ckelt.

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