ausgespäht

Spitzelaffäre: "Immer ein Handy von einem anderen Anbieter"

Der Journalist Reinhard Kowalewsky und die Deutsche Telekom
Von Marie-Anne Winter

Seit einem Jahr erregt der Bespitzelungsskandal bei der Deutschen Telekom die Gemüter. Der Konzern bespitzelte eigene Manager und Kontrolleure, um undichte Stellen in Vorstand und Aufsichtsrat aufzuspüren, aber auch Journalisten und zahlreiche weitere Personen, die als Informanten gar nicht in Frage kamen, gerieten ins Visier der beauftragten Schnüffler. Mindestens neun Monate lang spionierte das Bonner Unternehmen den Telefonverkehr von Reinhard Kowalewsky aus - um eine undichte Stelle im eigenen Haus zu finden. Darüber hinaus gibt es Gerüchte, dass über Mobilfunkdaten ein Bewegungsprofil des Journalisten erstellt wurde, der damals für das Wirtschaftsmagazin Capital arbeitete. Im Interview mit dem Medienmagazin journalist spricht er erstmals ausführlich über die vor einem Jahr bekanntgewordenen Affäre.

"Beim Thema Bewegungsprofile läuft es mir kalt den Rücken runter", sagt Kowalewsky gegenüber dem journalist. Theoretisch hält er Bespitzelungen wie die der Telekom in jedem deutschen Unternehmen für denkbar, aber nur der Bonner Telefonkonzern habe leichten Zugang zu den Verbindungsdaten so vieler Menschen. Deshalb habe er immer auch ein Handy von einem anderen Anbieter besessen. "Ich hielt es schon für möglich, dass die Leute einfach in den Keller gehen und mal schauen, wen ich so angerufen habe", sagt Kowalewsky, der mittlerweile bei der Rheinischen Post arbeitet.

"Zumwinkels Steueraffäre war Peanuts"

Unklar ist bis heute, ob es in der Capital-Redaktion einen Maulwurf gab, der Kowalewskys Informanten ausfindig machen sollte. Fest steht, dass die Telekom einem ihrer Mitarbeiter 180 000 Euro für die Bezahlung eines angeblichen Maulwurfs überwiesen hat. "Das zeigt, welche Mentalität in der Telekom-Spitze in den Jahren 2005 und 2006 herrschte", sagt Kowalewsky. Er selbst schließe allerdings aus, dass der von der Staatsanwaltschaft gefundene Entwurf einer "eidesstattlichen Erklärung" des möglichen Maulwurfs tatsächlich von einem früheren Capital-Journalisten stammen könnte. Der Entwurf müsse von jemandem stammen, der selbst nie für Capital gearbeitet habe und entsprechend wenig über Kowalewskys tatsächliche Tätigkeit wusste.

Derzeit bereitet die Bonner Staatsanwaltschaft die Anklagen in dem Bespitzelungsfall vor. Im Visier sind unter anderen die früheren Telekom-Topmanager: der ehemalige Aufsichtsratschef Klaus Zumwinkel und Ex-Vorstandsvorsitzender Kai-Uwe Ricke. Beide stehen im Verdacht, bereits im Herbst 2005 von dem illegalen Treiben in ihrem Unternehmen gewusst und es möglicherweise sogar angestiftet zu haben. "Zumwinkel wird fast sicher vor Gericht landen, und auch bei Ricke sieht es alles andere als gut aus", vermutet Reinhard Kowalewsky. Zur Rolle von Klaus Zumwinkel sagt er: "Seine Steueraffäre war Peanuts im Gegensatz zu dem Schaden, den er der Telekom angetan hat."

Die Telekom will jetzt zumindest symbolisch Abbitte bei den deutschen Journalisten leisten: Dem Medienmagazin journalist sagte Telekom-Sprecher Philipp Schindera, dass derzeit Gespräche mit dem Ausbildungszentrum Haus Busch in Hagen laufen. Geplant sei, drei Studienplätze im Lehrgang "Qualitätsjournalismus" zu sponsern.

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