dubiose Daten

Neuer Skandal: Missbrauch von Telekom-Daten (aktualisiert)

stern berichtet von Kunden, die sich über illegale Abbuchungen beschweren
Von Marie-Anne Winter

Die Kette der Skandale reißt bei der Deutschen Telekom einfach nicht ab. Wie das Hamburger Magazin stern in seiner neuen Ausgabe berichtet, geht es erneut um einen Datenskandal erheblichen Ausmaßes.

Laut stern verschafften sich dubiose Adresshändler und Callcenter Zugriff auf Namen, Adressen, Vertragsdaten und Bankverbindungen von mehreren tausend Festnetzkunden. Insider berichten, dass derzeit viele zehntausend streng vertrauliche Kundenprofile auf dem Schwarzmarkt angeboten würden; anders als bei früheren Datenmissbrauchsfällen bei der Telekom würden die Datensätze diesmal alle Bank- und Geburtsdaten beinhalten. Einige Kunden sollen sich bereits über illegale Abbuchungen von ihren Konten beschweren.

Der stern habe mehrere tausende Datensätze eingesehen, die in der Branche kursieren. Betroffen seien ausschließlich Kunden, die ihren Festnetz- und Internetanschluss bei der Deutschen Telekom haben. Im Zuge der Recherche wurden der Telekom Datensätze übergeben. Der Konzern könne sich die Herkunft nicht erklären und wolle Anzeige erstatten. Sicherheitschef Volker Wagner meinte aber, es handle sich nicht um Original-Listen aus einem Telekom-System: "Zum einen stimmt die Form nicht; zum anderen sind Angaben zu Bankverbindungen und Geburtsdaten teilweise unterschiedlich zu unseren Kundendaten." Die Vermutung ist, dass Adresshändler oder Callcenter Telekom-Listen mit Informationen aus anderen Quellen angereichert haben.

Nutzte freenet die Telekom-Daten?

Die Datensätze würden illegal von Vertriebsfirmen genutzt. Dutzende Telekomkunden, deren Namen auf den Listen stehen, berichteten dem stern von unangenehmen Erfahrungen: Sie waren penetranter Werbung ausgesetzt oder erhielten gefälschte Auftragspost von Internet-Firmen, Versicherungen und Glücksspiel-Anbietern.

Das geschah gelegentlich auch zu Lasten der Telekom: Vor allem das Internet-Unternehmen freenet trat zeitweise massiv auf. Betroffene berichteten von unerklärlichen Abbuchungen von ihrem Konto zugunsten von freenet. Auf Anfrage teilte freenet mit: "Wir hatten über eine geraume Zeit mit unseriösen Praktiken von Vertriebspartnern zu kämpfen."

In der Serie von Pannen, Skandalen und Verfehlungen ist der aktuelle Fall nur einer unter vielen: Derzeit wird in 18 Fällen wegen Datenmissbrauchs ermittelt. Sieben Anzeigen erstattete der teilstaatliche Konzern bislang.

Nachwirkungen des Telekom-Streiks

Im jüngsten Fall müsse sich die Konzernspitze eine Mitverantwortung ankreiden lassen, weil die Datensätze zu einer Zeit abhanden gekommen sein sollen, in der die Telekom selbst vehement auf Kundenfang ging: zwischen Jahresbeginn und Spätsommer 2007. Damals warb das Unternehmen massiv für seine neuen Internet-Tarife - gleichzeitig kämpfte René Obermann mit der eigenen Belegschaft; es ging im Zuge eines strikten Sparkurses um Auslagerungen und Lohnkürzungen. Im Mai 2007 kam es sogar zum Streik. In dieser Konfliktsituation setzte die Deutsche Telekom verstärkt externe Vertriebsfirmen ein - die sie offenbar nicht ausreichend unter Kontrolle hatte. Diese Drücker-Unternehmen bekamen Kundenlisten - ohne Bankkontakte - zum Abtelefonieren, die an ein Heer von tausenden Callcenter-Agenten weitergereicht wurden, die zunächst unkontrolliert im Namen der Telekom auftraten und im Zuge der Auftragswerbung bei den Kunden weitere Angaben wie Bankkontakte abfragten. Ab August 2007 konnten diese Daten laut stern von Vertriebsfirmen in einem Telekom-System abgeglichen werden. Erst Anfang Oktober 2007 beendete die Telekom die Zusammenarbeit mit vielen dieser kleinen Drückerfirmen, nachdem intern aufgefallen war, dass einige unseriös arbeiteten.

Update: Telekom gibt Statement ab

Auf Anfrage von teltarif.de teilt die Deutsche Telekom mit, es handele "sich nicht um Datenlisten der Deutschen Telekom. Zwar werden in den Listen Daten von Telekom-Kunden von Ende 2006, Anfang 2007 aufgeführt, teils aber mit anderen Kontonummern oder Geburtsdaten als bei uns verzeichnet. Auch finden sich Bankverbindungen für Kunden, die bei uns als Barzahler verzeichnet sind. Ungeachtet dessen wird die Telekom alle Genannten anschreiben, sobald der Stern die Listen mit rund 4 000 Datensätzen übergeben hat. Die Telekom wird auf Basis der Beweismittel rechtliche Schritte ergreifen. Die Listen wurden offenbar von Dritten aus verschiedenen Quellen zur missbräuchlichen Verwendung zusammengestellt."

Weitere Artikel zu den Datenskandalen bei der Telekom