Internet via Satellit mausert sich zur Alternative
Die Netzbetreiber verlegen dort Glasfaser, wo es sich für sie lohnt. Wenn jedoch die Zahl der Haushalte zu gering ist, die später als Kunden über ihre monatlichen Zahlungen die Netzinvestitionen refinanzieren, winken die Netzbetreiber ab. Und selbst trotz milliardenschwerer Förderung durch Bund, Länder und Kommunen bleiben Haushalte vom Breitbandausbau abgeschnitten. Rund eine halbe Million Haushalte erhalten heutzutage nicht mehr als 6 MBit/s. Hier steckt das Potenzial für Internet via Satellit.
Bislang galt diese Möglichkeit der Breitbandversorgung eher als exotisch, da die Bandbreiten vergleichsweise niedrig und Latenzzeiten hoch waren. Die Satelliten im geostationären Orbit (GEO) sind 36.000 Kilometer von der Erde entfernt. Ein IP-Signal benötigt für diese Strecke hin und zurück 250 Millisekunden. Zum Vergleich: Eine Mobilfunkverbindung über 4G benötigt in etwa 50 Millisekunden. Doch mit voranschreitender technologischer Entwicklung wird Internet via Satellit für unterversorgte Haushalte immer attraktiver. Das Zauberwort heißt: High Throughput Satellite (HTS).
Hightech für den Weltraum: Eutelsat Konnect liefert erstmals bis zu 100 MBit/s über Satellit.
Eutelsat
Flächendeckend 100 MBit/s via Satellit
Hightech für den Weltraum: Eutelsat Konnect liefert erstmals bis zu 100 MBit/s über Satellit.
Eutelsat
Ein solcher HTS hört auf den Namen Konnect und gehört dem französischen Satellitenbetreiber Eutelsat. Konnect zieht seit Ende 2020 auf 7 Grad Ost seine Bahn. Er verfügt über eine Gesamtkapazität von 75 GBit/s. Mit 65 Spot-Beams leuchtet Konnect Europa aus, fünf davon sind für Deutschland vorgesehen. Vergangene Woche nahm Eutelsat den vierten Spot-Beam in Betrieb und erreicht damit eine Flächenabdeckung von 93 Prozent. Im März soll der fünfte Spot-Beam aktiviert werden, dann ist können über Eutelsat Konnect flächendeckend 100 MBit/s empfangen werden.
Damit sind die Franzosen der erste Anbieter, der in Deutschland über Satellit eine Bandbreite von 100 MBit/s zur Verfügung stellt. Mit monatlichen 69,99 Euro ist das im Vergleich zu 100 MBit/s über DSL oder das Kabelnetz zwar ein teurer Breitbandanschluss, aber für Haushalte, die nur mit maximal 6 MBit/s versorgt werden und weder von Homeoffice noch von Homeschooling profitieren, eine Überlegung wert.
Hinzu kommt, dass der Satellit auch jenen fünf Millionen Haushalten, die nicht mehr als 50 MBit/s erhalten, nun mehr Bandbreite anbieten kann. Dieses Potenzial erkennen natürlich auch andere wie etwa Tesla-Gründer Elon Musk. Er will mit Starlink das Sat-Internet salonfähig machen. Mit seinem Unternehmen SpaceX hat Musk bereits über 1000 Starlink-Orbiter in den sogenannten Low Earth Orbit (LEO) geschossen. Sie befinden sich damit näher an der Erde als ihre Brüder im GEO, was zu kürzeren Latenzzeiten führen dürfte. Auch die Bandbreite will Starlink nach oben schrauben. In Speedtests sollen bereits bis zu 200 MBit/s erreicht worden sein.
Mehr Gesamtkapazität, sinkende Preise
Starlink hat allerdings auch seinen Preis: Monatlich soll der Zugang 99 Euro kosten. Für die Hardware, benötigt wird eine Satellitenschüssel und ein eigener Router, müssen die Kunden einmalig 499 Euro berappen. Auch deswegen dürfte die Politik über eine Subventionierung für Internet via Satellit nachdenken. Bundesverkehrsminister Scheuer brachte unlängst die Idee für einen Gutschein in Höhe von 500 Euro ein (übrigens bevor die Kosten für Starlink bekannt wurden). „Deutschland würde mit dem Gutschein anderen europäischen Ländern wie etwa Frankreich, Großbritannien und Spanien folgen, die damit sehr gute Erfahrungen gemacht haben“, sagt etwa Andrew Walwyn, CEO der Eutelsat-Geschäftseinheit Konnect.
Eutelsat Konnect VHTS erhöht mit 500 GBit/s die Gesamtkapazität seines Vorgängers um mehr als das Sechsfache
Eutelsat
Außer der Idee für diesen Gutschein ist aber aus Scheuers Ministerium nichts weiter zu hören. Immerhin: Seit etwa einem Jahr grübelt im Rahmen des vom Bundeswirtschaftsministerium initiierten Digitalgipfels die Unterarbeitsgruppe Satellitenkommunikation mit dem Thema Internet via Satellit. „Das Thema ist für uns sehr interessant“, sagte Ende 2020 Tobias Miethaner, Leiter der Abteilung „Digitale Gesellschaft“ bei Bundesverkehrsministerium.
Derweil sind die Satellitenbetreiber bemüht, die Bandbreiten weiter nach oben zu schrauben. So wird Eutelsat im kommenden Jahr Konnect VHTS (Very High Throughput Satellite) ins All befördern, der eine Gesamtkapazität von 500 GBit/s bereitstellen wird, also mehr als das Sechsfache des jetzigen Konnect-Orbiters. Damit sinken für die Betreiber die Kosten pro "verkaufbarem" Gigabit weiter, was sich positiv auf den monatlichen Tarifpreis für die Verbrauchen auswirken sollte. Auf diese Weise wächst Internet via Satellit zu einer echten Breitband-Alternative für unterversorgte Haushalte heran.