Breitbandausbau

Internet via Satellit mausert sich zur Alternative

Die Netz­betreiber melden jede Woche erfolg­reich abge­schlos­sene Ausbau­pro­jekte, mit denen sie Glas­faser bis in die Gebäude (FTTH) verlegen. Abseits dieser Projekte warten jedoch etliche Haus­halte vergeb­lich auf High­speed Internet. Der Satellit könnte hier Abhilfe schaffen.
Von Marc Hankmann

Die Netz­betreiber verlegen dort Glas­faser, wo es sich für sie lohnt. Wenn jedoch die Zahl der Haus­halte zu gering ist, die später als Kunden über ihre monat­lichen Zahlungen die Netz­inves­titionen refi­nan­zieren, winken die Netz­betreiber ab. Und selbst trotz milli­arden­schwerer Förde­rung durch Bund, Länder und Kommunen bleiben Haus­halte vom Breit­band­ausbau abge­schnitten. Rund eine halbe Million Haus­halte erhalten heut­zutage nicht mehr als 6 MBit/s. Hier steckt das Poten­zial für Internet via Satellit.

Bislang galt diese Möglich­keit der Breit­band­ver­sor­gung eher als exotisch, da die Band­breiten vergleichs­weise niedrig und Latenz­zeiten hoch waren. Die Satel­liten im geosta­tio­nären Orbit (GEO) sind 36.000 Kilo­meter von der Erde entfernt. Ein IP-Signal benö­tigt für diese Strecke hin und zurück 250 Milli­sekunden. Zum Vergleich: Eine Mobil­funk­ver­bin­dung über 4G benö­tigt in etwa 50 Milli­sekunden. Doch mit voran­schrei­tender tech­nolo­gischer Entwick­lung wird Internet via Satellit für unter­ver­sorgte Haus­halte immer attrak­tiver. Das Zauber­wort heißt: High Throughput Satel­lite (HTS). Satellit Konnect Eutelsat Reinraum Hightech für den Weltraum: Eutelsat Konnect liefert erstmals bis zu 100 MBit/s über Satellit.
Eutelsat

Flächen­deckend 100 MBit/s via Satellit

Satellit Konnect Eutelsat Reinraum Hightech für den Weltraum: Eutelsat Konnect liefert erstmals bis zu 100 MBit/s über Satellit.
Eutelsat
Ein solcher HTS hört auf den Namen Konnect und gehört dem fran­zösi­schen Satel­liten­betreiber Eutelsat. Konnect zieht seit Ende 2020 auf 7 Grad Ost seine Bahn. Er verfügt über eine Gesamt­kapa­zität von 75 GBit/s. Mit 65 Spot-Beams leuchtet Konnect Europa aus, fünf davon sind für Deutsch­land vorge­sehen. Vergan­gene Woche nahm Eutelsat den vierten Spot-Beam in Betrieb und erreicht damit eine Flächen­abde­ckung von 93 Prozent. Im März soll der fünfte Spot-Beam akti­viert werden, dann ist können über Eutelsat Konnect flächen­deckend 100 MBit/s empfangen werden.

Damit sind die Fran­zosen der erste Anbieter, der in Deutsch­land über Satellit eine Band­breite von 100 MBit/s zur Verfü­gung stellt. Mit monat­lichen 69,99 Euro ist das im Vergleich zu 100 MBit/s über DSL oder das Kabel­netz zwar ein teurer Breit­band­anschluss, aber für Haus­halte, die nur mit maximal 6 MBit/s versorgt werden und weder von Home­office noch von Home­schoo­ling profi­tieren, eine Über­legung wert.

Hinzu kommt, dass der Satellit auch jenen fünf Millionen Haus­halten, die nicht mehr als 50 MBit/s erhalten, nun mehr Band­breite anbieten kann. Dieses Poten­zial erkennen natür­lich auch andere wie etwa Tesla-Gründer Elon Musk. Er will mit Star­link das Sat-Internet salon­fähig machen. Mit seinem Unter­nehmen SpaceX hat Musk bereits über 1000 Star­link-Orbiter in den soge­nannten Low Earth Orbit (LEO) geschossen. Sie befinden sich damit näher an der Erde als ihre Brüder im GEO, was zu kürzeren Latenz­zeiten führen dürfte. Auch die Band­breite will Star­link nach oben schrauben. In Speed­tests sollen bereits bis zu 200 MBit/s erreicht worden sein.

Mehr Gesamt­kapa­zität, sinkende Preise

Star­link hat aller­dings auch seinen Preis: Monat­lich soll der Zugang 99 Euro kosten. Für die Hard­ware, benö­tigt wird eine Satel­liten­schüssel und ein eigener Router, müssen die Kunden einmalig 499 Euro berappen. Auch deswegen dürfte die Politik über eine Subven­tio­nie­rung für Internet via Satellit nach­denken. Bundes­ver­kehrs­minister Scheuer brachte unlängst die Idee für einen Gutschein in Höhe von 500 Euro ein (übri­gens bevor die Kosten für Star­link bekannt wurden). „Deutsch­land würde mit dem Gutschein anderen euro­päi­schen Ländern wie etwa Frank­reich, Groß­bri­tan­nien und Spanien folgen, die damit sehr gute Erfah­rungen gemacht haben“, sagt etwa Andrew Walwyn, CEO der Eutelsat-Geschäfts­ein­heit Konnect.

Satellit Konnect VHTS Eutelsat Orbit Erde Eutelsat Konnect VHTS erhöht mit 500 GBit/s die Gesamtkapazität seines Vorgängers um mehr als das Sechsfache
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Außer der Idee für diesen Gutschein ist aber aus Scheuers Minis­terium nichts weiter zu hören. Immerhin: Seit etwa einem Jahr grübelt im Rahmen des vom Bundes­wirt­schafts­minis­terium initi­ierten Digi­tal­gip­fels die Unter­arbeits­gruppe Satel­liten­kom­muni­kation mit dem Thema Internet via Satellit. „Das Thema ist für uns sehr inter­essant“, sagte Ende 2020 Tobias Miethaner, Leiter der Abtei­lung „Digi­tale Gesell­schaft“ bei Bundes­ver­kehrs­minis­terium.

Derweil sind die Satel­liten­betreiber bemüht, die Band­breiten weiter nach oben zu schrauben. So wird Eutelsat im kommenden Jahr Konnect VHTS (Very High Throughput Satel­lite) ins All beför­dern, der eine Gesamt­kapa­zität von 500 GBit/s bereit­stellen wird, also mehr als das Sechs­fache des jetzigen Konnect-Orbi­ters. Damit sinken für die Betreiber die Kosten pro "verkauf­barem" Gigabit weiter, was sich positiv auf den monat­lichen Tarif­preis für die Verbrau­chen auswirken sollte. Auf diese Weise wächst Internet via Satellit zu einer echten Breit­band-Alter­native für unter­ver­sorgte Haus­halte heran.

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