Digitalradio

TU München: DAB+ ist unverzichtbar und Alternative zu Radio per LTE

Der Hörfunkstandard DAB+ ist ökonomisch der beste Nachfolger des analogen UKW. Ein Gutachten der Technischen Universität München kommt zum Schluss, dass es 40 Mal teurer wäre, anstelle von DAB+ auf den Übertragungsstandard LTE zu setzen.
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Der Bayerische Rundfunk setzt auf Digitalradio Der Bayerische Rundfunk setzt auf Digitalradio
Bild: Screenshot teltarif.de
Viele Radio­macher sehen die Zukunft des Hörfunks aus­schließ­lich im Internet. Jetzt warnt jedoch nach einer schwe­dischen auch eine deutsche Studie vor einem solchen Szenario und stellt heraus, dass der Hör­funk­standard DAB+ öko­no­misch der beste Nachfolger des ana­logen UKW wäre.

Das Gutachten der Technischen Universität München kommt zum Schluss, dass es 40 Mal teurer wäre anstelle von DAB+ auf den Über­tragungs­standard LTE zu setzen. Der flächen­deckende Ausbau von DAB+ sei "der ökonomisch sinnvolle und einzig gangbare Weg", um auf absehbare Zeit eine fast voll­ständige terrestrische Digitalradio-Versorgung zu er­möglichen. Das Gutachten hatten der Bayerische Rundfunk (BR) und die Bayerische Landes­zentrale für neue Medien (BLM) gemeinsam in Auftrag gegeben. Es wurde beim Digital­radio-Gipfel "Radio ist Digital" in München vorgestellt.

Der Radio­empfang über die LTE-Technologie könne selbst im Broadcast-Modus "wegen der hohen Ausbau- und Über­tragungs­kosten auf absehbare Zeit keinen aus­reichenden Beitrag zu einer flächen­deckenden Versorgung [...] leisten." Auch für Verbraucher fielen bei LTE als technischer Alternative erhebliche Zusatzkosten an. Die Bedeutung des mobilen Webradios werde zwar zunehmen, "kann jedoch auf absehbare Zeit DAB+ nicht ersetzen." Der DAB+-Standard sei "für die künftige Radio­übertragung unverzichtbar".

Würde der DAB+-Ausbau nicht forciert, müssten 25 Prozent der Radionutzung in Bayern vom Mobilfunk letztlich allein getragen werden, heißt es in der Studie weiter. Die Datenmengen über LTE würden dann jährlich fast 617 Millionen Euro verschlingen. Demgegenüber stünden lediglich 15,5 Millionen Euro, die nach einem forcierten Ausbau von DAB+ jährlich aufliefen. "Die Entwicklung in den europäischen Nachbarländern deutet auf die Etablierung von DAB+ als europäischen Standard hin", heißt es abschließend in dem Gutachten.

Willi Schreiner: Privatsender sollen Blockade aufgeben

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Mit deutlichen Forderungen, aber auch Kritik, hat Willi Schreiner, Geschäftsführer der Digitalradio Deutschland GmbH, sein Plädoyer auf der Veranstaltung gehalten. Schreiner sagte voraus, dass man im bundesweiten DAB/DAB+ Multiplex schon bald einen Mangel haben werde, weil es mehr potenzielle Ver­anstalter und Interessenten als verfügbare Sende­plätze geben wird, trotz des Ausstiegs vom Progammanbieter KissFM am 31. März. Er lobte die An­strengungen von Geräte­her­stellern, Medien­märkten und Discountern, griff aber gleich­zeitig die Auto­mobil­industrie an, die es immer noch nicht geschafft hat, DAB/DAB+ zu forcieren und marketingtechnisch in den Vordergrund zu stellen. Die DAB-Option sei zudem viel zu teuer, so Schreiner.

Er forderte aber auch die Politik auf, wach zu werden und endgültig ein verpflichtendes Abschaltdatum des UKW-Hörfunks zu benennen. Indirekte Kritik übte er an der Landesanstalt für Medien in Nordrhein-Westfalen (LfM), die aktuell noch eine UKW-Frequenzkette mit leistungsschwachen Frequenzen bis 2020 ausschreibt, ohne die Bewerber zu einer parallelen Verbreitung über DAB+ zu verpflichten.

Die großen privaten Anbieter forderte er auf, endgültig die Blockade gegen DAB+ zu beenden. Anstelle eines Gegeneinanders zwischen DAB-Gegnern und -Befürwortern solle es ein Für- und Miteinander geben. Er erhofft sich neue Programme und Erlösmodelle und nannte als Beispiel den britischen Sender Absolute Radio, der neben seinem Hauptprogramm auch fünf Radio-Ableger für die Musikfarben 60er, 70er, 80er, 90er und 2000er sowie ein begleitendes Datendienst-Portal über DAB ausstrahlt. Auch die großen Werbe-Vermarkter forderte Schreiner auf, DAB+ nicht länger als Feind anzusehen. Schreiner präsentierte zudem eine neue, stark polarisierende und provozierende Plakatkampagne mit dem Motto "UKW war gestern".

Deutschlandradio-Intendant: Neue UKW-Zulassungen nur noch mit DAB-Pflicht

Deutschlandradio-Intendant Willi Steul hat auf der Veranstaltung mehrere Szenarien vorgestellt, wie DAB+ zu einem Erfolgsmodell werden könnte. Er forderte von der Politik die Zulassung kooperierter, bundesweiter ARD-Angebote unter dem Dachmantel des Deutschlandradios, etwa ein Kinderradio oder ein Programm "Schätze der Musik" mit Konzertmitschnitten aus den ARD-Archiven. Er forderte zudem die Landesmedienanstalten auf, keine neuen UKW-Lizenzen mehr ohne verpflichtende DAB-Verbreitung zu erteilen. Parallel sollten neue private Digitalradio-Anbieter die Möglichkeit erhalten, für einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren parallel - sofern verfügbar und realisierbar - auf UKW-Stützfrequenzen senden zu können. Außerdem solle es eine Anschub­finanzierung für den privaten Hörfunk und die Festlegung eines UKW-Abschaltdatums - Steul spricht von 2025 - geben.

Auch Antenne Bayern-Chef Karlheinz Hörhammer sprach sich auf der Veranstaltung dafür aus, dass den Privatradios mehr Geld für DAB+ zur Verfügung gestellt werden müsse, ansonsten drohe ein erneutes Scheitern der Technik. Da der Werbemarkt Reichweiten verlange, die DAB+ nicht leisten könne, würden neue digitale Angebote gegenwärtig hohe Verluste einfahren. Bei der aktuell geringen Durchdringung mit DAB-Empfängern seien UKW-Abschaltszenarien völlig utopisch, so Hörhammer.

BR startet neue Digitalradio-Programme

Letztlich wurde auf der Veranstaltung bekannt, dass der Bayerische Rundfunk zwei weitere Hörfunkprogramme im Digitalradio ausstrahlen will: Mit Bayern Heimat soll ein Spartenkanal für Volksmusikfans auf Sendung gehen, außerdem wolle man den vom WDR produzierten Kinderkanal "KiRaKa" auch in Bayern ausstrahlen. Der BR beteiligt sich künftig an dem Projekt.

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