Digitalradio Deutschland will Plattform-Lizenzierung für DAB+
Weg von der Einzelzuweisung für spezifische Programme hin zur Plattformlizenzierung fordert das Deutschlandradio und weitere private Digitalradio-Anbieter
Bild: Deutschlandradio B.FuerstFastre
Die aktuelle Lizenzierungspraxis der Landesmedienanstalten beim Thema DAB+ wird
immer mehr zu einer Bremse bei der Digitalisierung des Hörfunks. Während in Nachbarländern wie der
Schweiz ein Veranstalter für den Plattformbetrieb von
Bouquets lizenziert wurde, der selbst über das Programmangebot entscheiden kann, müssen
hierzulande die Landesmedienanstalten frei werdende Sendeplätze einzeln ausschreiben oder Formatänderungen genehmigen. Dabei können Kapazitäten oft lange brach liegen.
Umständliche Lizenzierung
Weg von der Einzelzuweisung für spezifische Programme hin zur Plattformlizenzierung fordert das Deutschlandradio und weitere private Digitalradio-Anbieter
Bild: Deutschlandradio B.FuerstFastre
Einen Schritt weg von der derzeitigen Einzelzuweisung für spezifische Programme hin zur Plattformlizensierung fordern nach dem Deutschlandradio auch die privaten bundesweiten Digitalradio-Anbieter in einem Schreiben an den Vorsitzenden der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten, Jürgen Brautmeier.
In der Praxis würde das bedeuten, dass nicht mehr einzelnen Programmveranstaltern mit vorab festgelegten Inhalten eine bestimmte Menge von Capacity Units (CUs) zugewiesen würde, sondern Anbietergemeinschaften oder auch Einzelanbieter eine Summe von CUs zur flexiblen Nutzung per Zuweisung erhalten. Die Anbietergemeinschaften oder ein Einzelanbieter sollen anschließend selbst den Multiplex mit Programmen belegen, wobei als Kriterien die Attraktivität beim Hörer sowie wirtschaftliche Erfolgsaussichten entscheidend sein sollen.
Willi Schreiner, Geschäftsführer der DRD Digitalradio Deutschland GmbH, begründet dieses Anliegen mit den Erfahrungen um die Änderung der Zuweisung vom Fußballradio 90elf auf das Format "Radio Schlagerparadies". Die Formatänderung haben die Landesmedienanstalten erst nach intensiver Beratung und mit Verzögerung beschlossen. Auch einen Nachfolger für den aus dem Muxx ausgestiegenen Anbieter KissFM könnte es im Negativ-Fall bei der aktuellen Lizenzierungspolitik erst 2015 geben.
In der Schweiz gibt es die Plattformlizenzierung bereits
In der Schweiz hält der Plattformbetreiber SwissMediaCast die Lizenz für das Privatradio-Ensemble in der deutschen Schweiz
Bild: Screenshot: teltarif.de
In der Schweiz hält dagegen der Plattformbetreiber SwissMediaCast die Lizenz für das Privatradio-Ensemble in der deutschen Schweiz.
Steigen hier Veranstalter aus dem Bouquet aus, wie zuletzt der Jugendsender Radio 105, konnte der Sendeplatz immer recht schnell wieder neu belegt werden (im genannten Fall durch das Ostschweizer Privatradio FM1). Kapazitäten lagen hier so gut wie nie brach. Auch der Konkurrent von SwissMediaCast, das Unternehmen Digris, erhielt von der Schweizer Medienbehörde, die Genehmigung Plattformen eigenständig zu betreiben. Die ersten lokalen DAB+-Inseln sollen in den Großräumen Genf und Zürich starten, für die Programmgestaltung ist Digris selbst zuständig.
"Die derzeitige Regulierungssituation in Deutschland ist nicht marktgerecht, weil die in der DRD engagierten Anbieter, die hohe Investitionen tätigen, nicht flexibel und schnell genug für die Platzierung neuer Formate aktiv werden können, wie es eigentlich für ein derartiges Technologie-Projekt erforderlich wäre", meint Willi Schreiner. Die Anbieter seien sich allerdings auch im Klaren darüber, dass diese Flexibilisierung nicht den Verzicht auf jegliche medienrechtliche Vorgaben hinsichtlich Vielfalt und änliches bedeuten kann, "trotzdem sind neue Spielregeln zu erarbeiten, die deutlich einfacher sein müssen als das jetzige komplizierte Genehmigungsverfahren", so Schreiner.
Die Gesellschafter der DRD Digitalradio Deutschland GmbH hoffen, dass in Zukunft vertiefende Gespräche mit den Vertretern der Landesmedienanstalten geführt werden können, wie diese neue Lizenzierungsregelung beurteilt wird. Aus dem Kreis der Medienanstalten erfuhr teltarif.de, dass die Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) schon auf ihrer nächsten Sitzung am kommenden Dienstag, 15. April, über das weitere Vorgehen in der Angelegenheit beraten wolle. Angestrebt ist ein Gespräch zwischen den Medienanstalten und der DRD, erst danach soll über die Neuvergabe des KissFM-Platzes entschieden werden.
SWR will Regionalprogramme auf DAB+ aufschalten
Unterdessen will der Südwestrundfunk künftig alle seine SWR4-Regionalprogramme über DAB+ ausstrahlen. Der Anfang soll in Rheinland-Pfalz erfolgen: Neben Radio Mainz, das bereits auf DAB+ zu hören ist, sollen sich bis Ende April die Fenster Radio Koblenz, Radio Trier, Radio Kaiserslautern und Radio Ludwigshafen gesellen. Jeweils von 12 bis 13 Uhr werden eigene Sendungen aus den fünf Studios gefahren. Außerdem senden die SWR4-Regionalstudios parallele Regionalnachrichten von Montag bis Freitag von 6.30 bis 17.30 Uhr und samstags von 6.30 bis 12.30 Uhr. Eine Tageszusammenfassung der regionalen Infos auf SWR4 gibt es Montag bis Freitag um 18.30 Uhr. Mit der Aufschaltung der Regionalfenster endet beim SWR auch das Zeitalter des alten DAB-Modus in Rheinland-Pfalz. Denn die bisher noch in diesem Modus verbreiteten Sender SWR1 Rheinland-Pfalz und SWR Info werden dann auf DAB+ umgestellt.