DAB+ soll in ganz Europa Radio-Standard im Auto werden
DAB+ im Auto
Bild: Alpine
2017 startet Norwegen als erstes Land mit der Abschaltung analoger UKW-Frequenzen. Es folgen die Schweiz und Großbritannien. Damit Europäer, die in diesen Ländern unterwegs sind, weiter mit ihren Autoradios etwas empfangen können, versammelten sich Ministerien, Autohersteller und die Radioindustrie in dieser Woche in Brüssel, um die weitere Verbreitung von DAB+-Digitalradios in Fahrzeugen voranzutreiben.
Auf der Veranstaltung, die unter dem Motto "Drive to Digital Europe" stand und in Zusammenhang mit der niederländischen EU-Ratspräsidentschaft ausgerichtet wurde, forderten Regierungsvertreter aus Deutschland, dem Vereinigten Königreich und den Niederlanden gemeinsam mit der französischen Medienregulierungsbehörde und leitenden Repräsentanten der Rundfunk- und Automobilindustrie eine europäische Vision für das terrestrische Digitalradio.
56 Prozent der EU-Bürger empfangen DAB/DAB+ - potenziell
DAB+ im Auto
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Wie auf der Veranstaltung bekanntgegeben wurde, empfangen mittlerweile 56 Prozent der EU-Bürger (Zahlen einschließlich Norwegen und der Schweiz) zumindest potenziell DAB/DAB+-Programme. Am weitesten ist man diesbezüglich in den Staaten mit landesweiter DAB-Abdeckung, also in Deutschland, dem Vereinigten Königreich, Italien, den Niederlanden, der Schweiz, Norwegen und Dänemark. Auf diese sieben Märkte entfallen auch 60 Prozent aller Neuwagenverkäufe in Europa. Da nunmehr auch Frankreich und Belgien ihre ersten entscheidenden Schritte zur Einführung des Digitalradios unternehmen, dürften die etablierten DAB-Märkte schon bald nahezu 80 Prozent der Neuwagenverkäufe in Europa auf sich vereinen.
"Mit einer Verfügbarkeit der Dienste für 291 Millionen Menschen auf dem gesamten Kontinent hat sich DAB als zentrale Zukunftsplattform für das Radio in Europa etabliert", sagte WorldDAB-Präsident Patrick Hannon: "Wenn Autofahrer sämtliche verfügbaren kostenlosen Rundfunkdienste in Europa nutzen möchten, können sie dies nur mit Radios, die gleichermaßen analog- und digitalfähig sind."
Im Vereinigten Königreich, in Norwegen und in der Schweiz gehören Autoradios mit DAB+ schon heute zur Standardausstattung der meisten Neufahrzeuge. Da grenzüberschreitende Reisen heute an der Tagesordnung sind und die ersten Länder bereits Termine für die Abschaltung der analogen Dienste bekanntgegeben haben, sei es an der Zeit, alle neuen Autos in Europa standardmäßig mit UKW, DAB und DAB+ auszustatten. Eine eindeutige Unterstützungserklärung durch europäische Institutionen würde diesen Prozess beschleunigen, so Hannon.
Verkehrsinfos über DAB+ können Effizienz im Straßenverkehr steigern
"Nach unserer Auffassung ist DAB für die Gesellschaft von großem Nutzen", erwiderte Frank Krüger, Ministerialdirigent am deutschen Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI): Die geringen Übertragungskosten lassen eine breitere Palette an Programmen und Diensten zu, ein begrenztes Spektrum wird effizienter genutzt und die digitale Übertragung sorgt für eine Qualitätssteigerung. Darüber hinaus könne die Ausstrahlung wichtiger, hochwertiger Verkehrsinformationen per DAB entscheidend "dazu beitragen, die Effizienz des Verkehrs zu steigern und die Zahl der Verkehrstoten zu senken."
Die Sicherheit des Straßenverkehrs werde in der nahen Zukunft von Daten abhängen, die sich auf unterschiedliche Weise bereitstellen lassen - unter anderem per Rundfunk. Abgesehen von der mit DAB möglichen großen Programmvielfalt eignet sich diese Technik zur Übertragung wichtiger Verkehrsinformationen. "Dieses Potenzial nicht zu nutzen, wäre eine vertane Chance", so Krüger weiter.
Sprecher von Audi und Fiat gingen auf die Gründe dafür ein, dass ihre Unternehmen jetzt immer mehr Modelle in ganz Europa standardmäßig mit DAB und DAB+ ausstatten. Robbert Van Den Heuvel, Communication Manager bei Fiat Chrysler: "Fiat Chrysler Automobiles gehörte zu den ersten Unternehmen, die DAB+ in ihren Fahrzeugen implementierten. Dies geschah im Rahmen unseres Engagements, innovative Produkte mit hohem Qualitätsstandard anzubieten. In enger Zusammenarbeit mit Zulieferern und Rundfunksendern entwickeln wir die Technik weiter und betrachten sie als Bestandteil der Unterhaltungssysteme für unsere Autos."
Warnung vor Hackerangriffen beim vernetzten Auto
Auch auf dem Medientreffpunkt Mitteldeutschland diskutierten Medienvertreter in einem Panel über die Zukunft des Radios im Auto. Dr. Andreas Festag, Forschungsgruppenleiter am Vodafone Stiftungslehrstuhl der TU Dresden, weiß noch nicht zu sagen, welches System die Fahrzeuge schließlich vernetzen wird. Derzeit konkurrierten DAB+, Mobilfunk und WLAN, beziehungsweise ergänzen sie sich gegenseitig. Es bleibe spannend, wie das System der Zukunft unter Bedingungen noch schnellerer Datenübertragung (Stichwort 5G) aussehen wird. Zugleich warnte Festag vor den Risiken der Digitalisierung; die Anfälligkeit für Hackerangriffe und unautorisierte Fremdsteuerung sei nicht zu unterschätzen.
Dr. Chris Weck, Leiter Hauptabteilung Technik und Infrastruktur beim Deutschlandradio, schätzt die Frage, welche Rolle das Radio beim Auto-Entertainment der Zukunft spielen werde, optimistisch ein. Bis heute sei es das meistgenutzte Medium im Auto und auch in Zukunft werde es als Nachrichten-Medium nicht wegzudenken sein, weil es zuverlässig die relevanten Themen filtert. Das einzige, was man wird vermissen müssen, sei das Rauschen, womit er ein baldiges Ende der analogen UKW-Übertragung andeutet.