Web 3.0

Social Media: Diaspora für Facebook-Kritiker

Studenten planen dezentrale Social-Media-Plattform
Von Marie-Anne Winter

Keine Frage, soziale Netzwerke sind "in". Und wer möglichst viele "Freunde" dort treffen will, muss sich bei Facebook anmelden, der aktuellen Nummer eins unter den Social-Media-Plattformen. Allerdings wird Facebook wegen seines Umgangs mit Nutzerdaten nicht nur von Datenschützern immer wieder scharf kritisiert. Nun wollen vier junge Programmierer aus New York eine Open-Source-Alternative zu Facebook etablieren. Das Projekt nennt sich Diaspora und soll ein dezentrales Netzwerk schaffen, das nicht von einem zentralen Anbieter überwacht wird. Finanziert werden soll Diaspora über Crowdfunding. Das scheint derzeit gut zu funktionieren, denn die Gründer haben bereits geschafft, das angestrebte Ziel zu übertreffen. Offenbar besteht eine entsprechende Nachfrage nach einem Netzwerk, das den Nutzern selbst überlässt, was sie über sich preisgeben wollen.

Die Informatikstudenten Daniel Grippi, Maxwell Salzberg, Raphael Sofaer und Ilya Zhitomirskiy des Courant-Instituts der Universität New York hatten im Februar die Idee für ein offenes, dezentrales Soziales Netzwerk. Die Gründer stellen sich ein Peer-to-Peer-Netzwerk vor, das auf einer "Freedom Box" beruht. Mit dieser Box bleibt jeder Nutzer im Besitz seiner Daten. Diese werden jeweils auf einem privaten Web-Server, dem Seed, gespeichert und nur nach entsprechender Freigabe an Freunde weitergereicht. Der Clou dabei ist, dass es keine zentrale Serverinstanz wie beispielsweise bei Facebook, Xing und studiVZ gibt, die diese Daten abgreifen könnte. Die vier Diaspora-Gründer Die vier Diaspora-Gründer
Bild: joindiaspora.com

Allerdings ist das Netzwerk noch Zukunftsmusik, derzeit existiert nur ein recht rudimentärer Prototyp der geplanten Plattform. Um im Sommer an die Programmierarbeit gehen zu können, haben die vier Studenten beim Crowdfunding-Dienst Kickstarter das Konzept ihres Projekts veröffentlicht. Dabei wollten sie in 39 Tagen 10 000 Dollar für die Entwicklung einsammeln. Das Ziel wurde bereits nach zwölf Tagen erreicht.

Bislang unerwartet großes Interesse an Diaspora

Heute teilt die Diaspora-Crew auf ihrer Seite mit, dass sie von der allgemeine Anteilnahme und dem weltweiten Interesse an ihrem Projekt geradezu überwältigt sei und viel mehr Geld und auch Knowhow zusammengekommen sind, als sie erwartet hätten. Dennoch bliebe es selbstverständlich bei dem Ziel, Diaspora im Sommer zu verbessern. Diaspora soll auf frei zugänglicher Open-Source-Software ausgebaut werden. Jeder Nutzer bekommt eine eindeutige, aber ständig wechselnde ID, so dass eine Zusammenführung dieser Daten stark erschwert wird. Bis zur geplanten Veröffentlichung im Herbst soll es eine dokumentierte API (Programmierschnittstelle) inklusive Quellcode und Basisfunktionen geben.

Diaspora ist allerdings nicht das einzige Projekt in dieser Richtung. So gibt es beispielsweise auch Onesocialweb [Link entfernt] , ein Projekt von Laurent Eschenauer, Alard Weisscher, Lorena Alvarez und Diana Cheng. Onesocialweb ist bereits über das Planungsstadium hinaus. Onesocialweb wurde von der Vodafone Group initiiert und bietet die typischen Social-Networking-Aktivitäten wie die Möglichkeit, Nutzerprofile zu erstellen oder Anwendungen von Drittanbietern zu nutzen. Die Entwickler haben bereits Kontakt zu den Programmierern von Diaspora aufgenommen und sie zur Zusammenarbeit eingeladen.

Eine Zusammenarbeit ist sicherlich sinnvoll, weil sich zunehmend zeigt, dass Social Media nur dann interessant für die Nutzer sind, wenn die genutzten Netzwerke genügend Reichweite haben und sinnvoll in weitere Dienste eingebettet sind. Ob das Interesse der Internetgemeinde an einer offenen Social-Media-Plattform tatsächlich groß genug sein wird, diese dann wirklich dauerhaft zu nutzen, wird sich erst noch zeigen müssen.

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