Behördenkommunikation

Faxen bei Behörden: Voll retro - oder absolut sicher?

Wenn Anwälte mit Gerichten oder Behörden mit Behörden kommu­nizieren, rattert dafür oft ein Faxgerät. In Zeiten von Digi­tali­sierung und E-Mail klingt das zwar recht altba­cken, doch es gibt gute Gründe dafür. Nur manchmal gibt es ekla­tante Pannen.
Von dpa /

Fax: In vielen Bereichen noch unverzichtbar Fax: In vielen Bereichen noch unverzichtbar
Bild: dpa, Bearbeitung: teltarif.de
Eigent­lich klingt in diesem Verfahren alles ziem­lich drin­gend: Die Bundes­polizei fängt im Mai einen afgha­nischen Flücht­ling in einem Zug an der Grenze zwischen Bayern und Öster­reich ab. Schon am Tag drauf sitzt er im Flieger nach Grie­chen­land, wo er schon Asyl bean­tragt hat. Das macht ein Abkommen zwischen Deutsch­land und Grie­chen­land möglich. In einem Eilbe­schluss entscheidet das Verwal­tungs­gericht München dann aber: So einfach geht das nicht, der Mann muss zurück­geholt werden. "Umge­hend" heißt es in dem Beschluss.

Zwar ist mit dem Begriff kein konkreter Zeit­punkt oder Zeit­raum gemeint, wie ein Gerichts­spre­cher erklärt. "Wohl aber ist die BRD dazu verpflichtet, - umgangs­sprach­lich - 'sofort' Maßnahmen zur Rück­holung einzu­leiten." Doch erstmal passiert nicht viel, der Mann sitzt immer noch in Grie­chen­land in Haft. Der Anwalt des Afghanen findet, die Bundes­polizei tue zu wenig. Um Druck zu machen, fordert er beim Verwal­tungs­gericht, dass Zwangs­geld ange­droht werde.

Nur: Beim Gericht weiß niemand davon. Tage vergehen, bei der 18. Kammer taucht das Fax des Anwalts nicht auf. Eine Woche später faxt er erneut ein Schreiben, hängt den alten Antrag an. Diesmal kommt das Fax an, und im Gericht macht man sich auf die Suche. Wo der erste Antrag vom 26. August ist, weiß nach wie vor niemand. Aber immerhin belegt ein Fax-Proto­koll, dass er ange­kommen sein müsste. "Wir gehen auf jeden Fall von einem mensch­lichen und keinem tech­nischen Fehler aus", sagt ein Spre­cher.

Fax altba­cken - aber E-Mail oft nicht erlaubt

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Stutzig macht viel­leicht, dass es um ein Fax geht. In Zeiten von Internet und Digi­tali­sierung klingt das recht altba­cken oder sogar ein wenig retro. Doch tatsäch­lich läuft in Behörden, gerade in der Justiz, vieles noch übers Fax. "Dass Klagen bei uns per Mail erhoben werden, kommt selten vor", sagt der Gerichts­spre­cher.

Aus dem Bundes­justiz­minis­terium heißt es dazu: "Die Kommu­nika­tion mit den Gerichten über E-Mail ist nur dort möglich, wo die Prozess­ordnungen keine Schrift­form vorschreiben, wie etwa bei Termin­verle­gungs­anträgen. Schrift­sätze dürfen nicht per E-Mail an die Gerichte über­mittelt werden."

Dabei gibt es bei Faxen immer mal wieder Probleme: Vergan­genes Jahr hat das Kreis­verwal­tungs­referat (KVR) München einen Uiguren nach China abge­schoben. Ein Fax vom Bundesamt für Migra­tion und Flücht­linge (Bamf), das die Abschie­bung wohl verhin­dert hätte, ging in der Auslän­derbe­hörde beim KVR nie ein. Die tech­nische Ursache dafür konnte laut einem Spre­cher "trotz umfang­reicher Nach­ermitt­lungen leider nicht iden­tifi­ziert werden". Künftig sollen alle Kommu­nika­tions­wege genutzt werden, damit Infor­mationen "umge­hend, zuver­lässig und nach­weisbar den Empfänger errei­chen".

Fax-Empfang kann durch Sende­bericht nach­gewiesen werden

Auch als der mutmaß­liche isla­misti­sche Gefährder Sami A. 2018 von Nord­rhein-West­falen nach Tune­sien abge­schoben wurde, verbot das Verwal­tungs­gericht Gelsen­kirchen das in einer abend­lichen Entschei­dung. Zwar wurde das Bamf am nächsten Morgen per Fax darüber infor­miert. Die für die Abschie­bung verant­wort­liche Bundes­polizei erfuhr aber nach eigenen Angaben nicht recht­zeitig davon.

Dass dennoch Faxe oft das Mittel der Wahl sind, hat verschie­dene Gründe: Zum einen seien die Abläufe einge­spielt, viele Betei­ligte hätten sich daran gewöhnt, erklärt der Gerichts­spre­cher. Zum anderen könne bei Faxen, anders als bei (normalen) E-Mails, der Empfang durch den Sende­bericht leichter nach­gewiesen werden.

Aller­dings sei das nach der gültigen Recht­spre­chung keine sichere Zugangs­bestä­tigung, sagt Herbert Peter Schons, Vize­präsi­dent des Deut­schen Anwalt­vereins. "Deshalb rufen wir meist beim Gericht an und fragen, ob das Fax ange­kommen ist." Weil aber wiederum nicht alle Geschäfts­stellen ein eigenes Fax haben, müsste unter Umständen jemand im Gericht zum zentralen Fax laufen. "Dann hängt man die ganze Zeit am Telefon", so Schons. Mails hingegen seien wegen des Daten­schutzes und berufs­recht­lich proble­matisch. "In ein Fax kommt ein Hacker nicht so leicht rein wie in eine E-Mail", sagt Schons. Mandanten müsse er über die Risiken aufklären und sich die Zustim­mung zum Mail­versand holen. Zudem seien Pannen beim Faxen abso­lute Selten­heit, so Schons.

Hand­schrift­liche Unter­schrift oft noch der Regel­fall

Gerade in juris­tischen Ange­legen­heiten muss vieles schrift­lich über­mittelt und doku­mentiert werden. Die klas­sische hand­schrift­liche Unter­schrift ist der Regel­fall. Bei einem gefaxten Doku­ment ist das kein Problem. Soll eine E-Mail eine vergleich­bare recht­liche Verbind­lich­keit haben, braucht es eine quali­fizierte elek­troni­sche Signatur, die wiederum bestimmte tech­nische Voraus­setzungen auch beim Versender erfor­dert, wie der Gerichts­spre­cher deut­lich macht.

Ähnlich ist es beim "beson­deren elek­troni­schen Anwalts­post­fach" (beA), das Anwälten sichere und rechts­verbind­liche Über­mitt­lung von Schrift­sätzen ermög­licht. Seit 2018 ist jeder Anwalt gesetz­lich verpflichtet, ein solches Post­fach bereit­zuhalten - zumin­dest für den Empfang. Laut Justiz­minis­terium sind Anwälte und Behörden vom 1. Januar 2022 an zur ausschließ­lich elek­troni­schen Kommu­nika­tion mit den Gerichten verpflichtet. Schons merkt aber an, dass es schon bei der Einfüh­rung des beA erheb­liche Probleme gegeben habe.

Eine Minis­teri­umsspre­cherin sagt: "Es wird derzeit geprüft, wie die Möglich­keiten zur elek­troni­schen Kommu­nika­tion ausge­weitet werden können, insbe­sondere auch, damit auch natür­liche Personen einfa­cher mit den Gerichten elek­tronisch in Kontakt treten können."

Beim Verwal­tungs­gericht München können Doku­mente per beA seit Mai 2016 einge­reicht werden. "Die Nutzung dieser Möglich­keit durch die Anwälte ist aber noch nicht sehr verbreitet", so der Spre­cher. Eindeutig bevor­zugt werde die klas­sische Klage­erhe­bung mittels Schrift­satz auf dem Postweg oder eben per Fax. Ähnlich sieht es Schons: "Wenn es sehr eng wird, fahre ich auch zum Gericht und werfe das Schreiben persön­lich in den Brief­kasten."

Persön­lich graut es ihm vor der Zeit, wenn Versenden via beA Pflicht wird: "Wenn Sie dann einen Inter­netaus­fall haben, ist das das Ende der Rechts­pflege. Dann kann man nur hoffen, dass in solchen Fällen andere Zustel­lungs­möglich­keiten zuge­lassen werden." Etwa: das Fax.

Die balti­schen Staaten hingegen sind die Vorreiter in Europa: Fast alle Behör­dengänge lassen sich online erle­digen. Davon kann Deutsch­land nur träumen.

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