Hintergrund

o2-E-Plus-Fusion: 40 000 Sendestationen müssen auf den Prüfstand

Im Rahmen der Fusion von E-Plus und o2 kommt es zur Neuvergabe wichtiger Frequenzen. Wie immer diese für das neue Unternehmen ausgehen wird, müssen auf jeden Fall auch für den weiteren Betrieb jeder einzelnen Sendestation wichtige Fragen geklärt werden. Welche das sind, lesen Sie in unserer Meldung.
Von / Marie-Anne Winter

Wo bisherige E-Plus- und o2-Stationen sehr nahe beieinander stehen, ist ein Parallel-Betrieb weder sinnvoll noch wirtschaftlich. Neben der Reichweite der Antenne spielen bei der Standortauswahl auch Gültigkeit von Mietverträgen und die Höhe der Standort-Miete eine Rolle. Dabei könnte es auch passieren, dass aus solchen Überlegungen der funktechnisch günstigere Standort aufgegeben werden muss. Das kann im Extremfall bedeuten, dass bestimmte Stellen, die bisher versorgt wurden, künftig schlechter oder auch gar nicht mehr versorgt werden. Nokia-Netztechnik von o2 Telefónica. Netztechnik von o2 Telefónica: Eine Mini-BTS von Nokia.
Bild: Thorsten Neuhetzki

Der Netz-Übergang von E-Plus und o2 zur neuen o2 wird eine Operation am offenen Herzen, bei der verschiedene Parameter erst während der OP bekannt gegeben werden. Stationen, die um- oder aufgerüstet werden, können eine kürzere Zeit vom Netz gehen, um dann neu wieder on air zu gehen. Manche Stationen können auch einen Umzug an einen neuen Standort antreten, sofern die vorhandene Technik noch nicht zu alt ist.

Eine künftige Unterversorgung ist an einigen Standorten also nicht auszuschließen, weil jeder Sendestandort ein anderes Ausleuchtungsprofil hat. Stehen die aktiven Stationen zu weit auseinander, könnten Funklöcher entstehen.

Wird es bei der Zusammenschaltung Netzausfälle geben?

Kritische Umschaltungen werden voraussichtlich zumeist in der Nacht vorgenommen, dadurch ist das Risiko, das viele Kunden darunter leiden müssen, geringer. Sollte bei einer solchen Umschaltung etwas schief gehen, kann der Ausfall auch länger als geplant dauern.

Ein Mobilfunknetz besteht aus Sendestationen (alte Bezeichnung BTS, neue Bezeichnung Node B) und darüber liegenden Vermittlungs- und Steuerrechnern, welche die Signale zur zentralen Einheit (MSC = Mobile Switching Center) weiterreichen. Hier sind auch die Kundendaten (Rufnummer, zulässige Netzfunktionen, Sprachmailbox, Gesprächsdaten, Tarif) gespeichert. Eine direkte Zusammenschaltung ist sehr komplex bis unmöglich, da die beiden fusionierenden Unternehmen stark unterschiedliche Technik verwenden. Durch den Trick des National Roaming kann die bisherige Vermittlungstechnik so lange weiterleben, bis alle Kundendatensätze auf eine neue Plattform überführt wurden. Das geht selbst dann, wenn vom alten Netz gar keine Sendestationen mehr "in der Luft" sein sollten.

Unterschiedliche Lieferanten, unterschiedliche Technik

Die Zusammenschaltung der verschiedenen Netzkomponenten (HLR, MSC) wird kompliziert, da verschiedene Hersteller zusammengeschaltet werden müssen. Nun heißt es rechnen: Es könnte günstiger sein, bestimmte Komponenten vorzeitig auszurangieren und durch nagelneue Komponenten eines anderen Lieferanten zu ersetzen. Oder es müssen Adapterbaugruppen ("Interfaces") entwickelt, getestet und eingebaut werden.

Dazu muss man wissen, das E-Plus unter anderem mit Technik von Nokia (NSN), Ericsson und in der letzten Zeit verstärkt mit dem chinesischen Netzausrüster ZTE arbeitet. Das LTE-Netz und große Teile des UMTS-HSPA-Netzes von E-Plus werden von ZTE geliefert und montiert. ZTE besorgt den gesamten laufenden Netzbetrieb unter der Oberhoheit und Planung der Netzabteilung von E-Plus.

Bei o2 hingegen hat der ebenfalls in China beheimatete Hersteller Huawei den Netzbetrieb unter der Aufsicht von Telefonica o2 übernommen, ZTE ist der stärkste Mitbewerber von Huawei. Neben Huawei arbeitet o2 auch mit Technik von Nokia (NSN), zum Netzstart von damals VIAG Interkom kam regional auch Technik von Nortel zum Einsatz - dieses Unternehmen gibt es nicht mehr.

Für das künftige Unternehmen heißt es jedenfalls, ZTE und Huawei mittelfristig unter einen Hut bekommen zu müssen oder, falls das nicht gelingt oder gewünscht wird, sich für einen der beiden Anbieter zu entscheiden und die restliche Technik entsprechend anzupassen. Auch das wird keine leichte Aufgabe.

In unserer vorherigen Hintergrund-Meldung zur Fusion E-Plus und o2 haben wir uns mit Szenarien für die Netzzusammenschaltung beschäftigt. In unserer dritten und letzten Meldung werden wir uns ansehen, was der Betrieb von virtuellen Netzbetreibern im künfigen Netz der neuen Telefónica bedeutet.

Mehr zum Thema E-Plus-Übernahme