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Kein Internet, kein Spiel: Onlinepflicht bei Videospielen

Für einen gelungenen Videospielabend braucht es eine Konsole, einen Fernseher - und immer öfter auch einen Internetzugang. Denn viele Spiele funktionieren nur online, selbst Titel für Solisten. Für den Nutzer hat das aber nicht nur Nachteile.
Von dpa / David Rist

Das undatierte Handout zeigt Controller, Konsole und Kameraleiste der Xbox One. Ursprünglich sollte auch die Xbox One nur mit einer aktiven Internetverbindung funktionieren
Bild: (c) dpa
Der Aufschrei war groß: Als Microsoft die Xbox One ankündigte, hatte die Konsole noch einen Online­zwang an Bord. Wer spielen wollte, musste mit dem Internet verbunden sein. Doch als deswegen viele Xbox-Fans drohten, zum Konkurrenten Sony und seiner Playstation zu wechseln, ruderte Microsoft hektisch zurück. Seitdem könnte man eigentlich glauben, dass Online­zwang im Zusammen­hang mit Computer­spielen tabu ist. Doch das Gegen­teil ist der Fall.

Denn aktuelle Konsolen haben zwar keinen Online­zwang, und PC-Plattformen wie Steam wenigstens einen Offline­modus. Die Spiele funktionieren dafür aber oft genug nicht ohne Internet­verbindung. Ihrer Popularität tut das aber keinen Abbruch, zumindest auf dem PC: Die drei erfolgreichsten Bezahl­spiele 2016 waren dort laut den Markt­forschern von Superdata Research [Link entfernt] die Shooter "Overwatch" und "Counter-Strike: Go" sowie das Rollenspiel "Guild Wars 2". Alle drei Spiele setzen eine Internet­verbindung zwingend voraus.

Die meisten Free-to-Play-Titel setzen auf Online­zwang

Das undatierte Handout zeigt Controller, Konsole und Kameraleiste der Xbox One. Ursprünglich sollte auch die Xbox One nur mit einer aktiven Internetverbindung funktionieren
Bild: (c) dpa
Bei den Free-to-Play-Titeln für den PC ist das Bild ganz ähnlich. Von "League of Legends" bis "World of Tanks" dominieren hier ebenfalls die Online­spiele, genau wie auf dem Smartphone mit "Clash of Clans" oder "Game of War". Etwas anders sieht es auf der Konsole aus: Am erfolgreichsten sind hier Titel wie "Fifa 16" oder "Grand Theft Auto 5", die auch offline funktionieren. Mit "Destiny" und "The Division" finden sich in den Konsolen-Charts aber ebenfalls zwei Titel, bei denen man es ohne Internet nicht einmal ins Haupt­menü schafft.

Die meisten dieser Spiele müssen natürlich online sein, weil es sich um Multiplayer-Titel handelt. Die bunten Online­gefechte von "Overwatch" und die Massen­schlachten von "World of Tanks" wären offline schlicht nicht möglich. Aber Spiele wie "Destiny" oder das Snowboard-Spiel "Steep" lassen sich auch gut alleine spielen. Und "Super Mario Run" nutzt das Internet nur für Besten­listen und anderen Klein­kram. Online muss der Spieler aber trotzdem sein.

Entwickler sehen Vorteile beim Onlinezwang

Für die Entwickler hat der Online­zwang gleich mehrere Vorteile, sagt Jörg Müller-Lietzkow, so zum Beispiel ein besserer Kopier­schutz: "Raub­kopien fallen damit weg, das ist durch die Server­bindung nicht mehr möglich", erklärt der Medienökonomie-Professor von der Universität Paderborn. Vor allem lassen sich Fehler so leichter korrigieren, erklärt er: "Die Anbieter können zum Beispiel Spielregeln ändern oder Fehler korrigieren, ohne gleich Giga­bytes an Patches zu verschicken."

Es geht aber nicht nur um das Ausbügeln von Schnitzern, sondern auch um ständigen Nachschub an Inhalten - teils gratis, teils gegen Geld. Spiele sind so keine fertigen Produkte mehr, sondern Platt­formen, die sich laufend verändern. "Games as a Service" nennt sich das.

Beispiele dafür sind "For Honor" und "The Division" von Ubisoft: Zwei Titel, für die es auch Monate nach Erscheinen noch Neues gibt. Fans haben so mehr von ihrem Lieblings­spiel, und Gelegenheits­spieler zahlen teils weniger für den Einstieg - bei "Hitman" von Square Enix zum Beispiel. "Im Idealfall bezahle ich als Spieler so nur für das, was ich auch wirklich nutze", sagt Müller-Lietzkow.

Auch Vorteile für den Kunden

Und auch sonst hat das Modell "Games as a Service" durchaus Vorteile für den Kunden, erklärt der Spiele­kenner: "Die Entwickler sind natürlich daran interessiert, Spieler bei der Stange zu halten und hören deshalb auf Feedback." Bestes Beispiel dafür ist vielleicht "Destiny": An der ersten Version hatten Spieler noch einiges zu meckern, weshalb Entwickler "Bungie" über Monate kräftig nach­besserte. Das Ergebnis war ein viel besseres Spiel.

Der Nachteil: Nicht nur der Nutzer muss ständig online sein, auch die Spiele­server müssen funktionieren. Ist das nicht der Fall, können daraus sogar rechtliche Ansprüche entstehen. "Wenn ich für das Spiel bezahlt habe und der Zugang zum Server zum Beispiel nicht funktioniert, ist das ein Sach­mangel und damit ein Fall für die Gewähr­leistung", sagt Michael Scheyhing, Jurist und Betreiber des Fachblogs Gameslaw.de. "Dann kann ich theoretisch den Preis mindern oder vom Vertrag zurück­treten."

Voraussetzung ist aber, dass es dauer­haft und länger Probleme gibt. "Da gibt es eine Bagatell­grenze", sagt Scheyhing. Wo die genau liegt, sei von Fall zu Fall verschieden. "Ich würde aber sagen, bei einem Komplett­ausfall von weniger als einem Tag wird eine Anspruchs­begründung für den Verbraucher sehr schwer." Fallen Server länger aus, bieten Spiele­firmen oft von sich aus Wieder­gutmachungen an - allein, um die Spieler nicht gegen sich aufzubringen.

Was tun bei Server-Abschaltung?

Irgendwann werden die Server bei jedem Online­game ganz abgeschaltet - spätestens wenn es nicht mehr genug Spieler gibt, um die Kosten für den Betrieb decken. "Es gibt keine Regelung, wie lange die Server bei einem Online­spiel funktionieren müssen", sagt der Jurist Michael Scheyhing. "Die Hersteller verpflichten sich da in ihren Geschäfts­bedingungen auch zu gar nichts."

Hat das Spiel seine reguläre Lebens­dauer überschritten und wird das Ende lange genug im Voraus angekündigt, können sich die Fans daher kaum gegen die Abschaltung wehren. Und wie lange diese reguläre Lebens­dauer genau ist, sei wieder stark vom Einzel­fall abhängig, so Scheyring. Ein paar Jahre dürften es bei den meisten Titeln aber mindestens sein.

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