Made in NRW: Das Gigaset GS290 im Test
Smartphones müssen nicht immer aus Fernost kommen. Das Unternehmen Gigaset, das „Trigema der Telefonie“, beweist mit seinem Smartphone GS290, dass auch ein in Deutschland hergestelltes Gerät Qualitäten hat. Zwei Wochen teste ich das Gerät im Preissegment der unteren Mittelklasse bereits. Und was soll ich sagen? Ich vermisse (fast) nichts.
Ein Smartphone aus Deutschland taugt das was? Während „Made in Germany“ in vielen anderen Branchen, vom Maschinen- bis zum Autobau auch heute noch als Gütesiegel gilt, kommt elektronisches kaum noch von hier. Viele einst große Markennamen sind längst von Billigheimern aufgekauft und werden günstig in Osteuropa oder China hergestellt. Die Gigaset Communications GmbH aus dem nordrhein-westfälischen Bocholt ist eine der wenigen Ausnahmen. Sie ist so etwas wie das gallische Dorf der Kommunikationselektronik.
Zum Lieferumfang des Gigaset GS290 gehören neben dem USB-C Ladekabel und Netzteil auch ein Silikoncover sowie ein Displayschutz. Das Gerät wird in einer vollständig recycelbaren Verpackung ohne Plastik geliefert
Dennis Knake
Vor knapp 15 Jahren aus einer Siemens-Division aus gegründet, ist das Unternehmen vor allem auf schnurlose DECT-Telefone spezialisiert. Doch die Welt dreht sich weiter und auch Gigaset hat längst mehr als das im Portfolio. So produziert das Unternehmen heute Smartphones, Tablets und brachte im Frühjahr sogar einen smarten Lautsprecher für Amazons Sprachassistentin Alexa auf den Markt.
Erster Eindruck: GS290
Anfang November erschien nun das Gigaset GS290, ein Smartphone im unteren Mittelklassebereich für 269 Euro UVP, in Angeboten aktuell aber bereits ab 230 Euro zu haben. Für Gigaset ist es das Flaggschiff-Modell und Nachfolger des GS280. Hergestellt wird das Gerät am Firmensitz, der recht überschaubaren Stadt Bocholt im westlichen Münsterland.
Das Display misst 6,3 Zoll
Bild: teltarif.de
Was nach dem Auspacken des Gerätes aus einem vollständig recycelbaren Karton aus Grasfaser und Altpapier sofort auffällt: Endlich packt ein weiterer Anbieter neben Ladekabel und Netzteil eine
Silikon-Schutzhülle gleich mit ein. Auch das Display ist bereits werkseitig mit einer exakt positionierten Schutzfolie versehen. So wünscht man sich als Kunde das. Kein mühsames Folienkleben mehr. Sollte sie einmal ersetzt werden müssen, bietet das Unternehmen nach eigenen Angaben bald auch Ersatz im eigenen Onlineshop an. Das Gerät an sich ist sauber und wertig verarbeitet und liegt gut in der Hand.
Das GS290 ist in den Farben „Pearl White“ und „Titanium Grey“ zu haben und kann im Onlineshop bei Gigaset gegen fünf Euro Aufpreis auch mit einer individuellen Gravur versehen werden.
Ausstattung
Was bei einem Blick in die technischen Daten des GS290 auffällt: Gigaset hat dem Smartphone einen stattlichen Akku mit 4700 mAh spendiert. Aufgeladen wird entweder per Steckdose über eine USB-C Buchse oder aber - und das ist bei Geräten dieser Preisklasse nicht selbstverständlich - kabellos per Induktion. Der Akku ist so großzügig dimensioniert, dass das Smartphone im Notfall auch als Powerbank zum Aufladen anderer Geräte eingesetzt werden kann.
Die Blickwinkelstabilität des GS290-Displays
Bild: teltarif.de
Angetrieben wird das GS290 von einem Achtkern-Prozessor mit 2 GHz Taktfrequenz und 4 GB Arbeitsspeicher. Das ist zwar nur Mittelmaß, aber wir haben hier auch kein High-End Smartphone der oberen Preisklasse vor uns. Das 6,3 Zoll große Display hingegen mit einer Auflösung von 2340 Pixel mal 1080 Pixel (FHD+) ist wiederum gut dimensioniert um Filme, Bilder aber auch Texte und Grafiken scharf erkennen zu können.
Auf der Rückseite ist mittig der bei modernen Geräten übliche Fingerabdrucksensor für die Zugriffskontrolle zum Gerät positioniert. Ein Feature, das man benutzen kann, aber nicht muss. Ich persönlich bevorzuge weiterhin die Muster- oder PIN-Eingabe. Auch Gesichtserkennung per Kamera ist möglich.
Der Chip der Selfie-Kamera auf der Vorderseite des Smartphones liefert 16 Megapixel. Rückseitig ist eine Kamera mit Doppellinse verbaut. Dahinter ein 16 Megapixel- sowie ein 2-Megapixel-Sensor, der bessere Tiefenschärfe-Effekte liefern soll.
Was gegenüber dem Vorgängermodell GS280 auffällt: Das neue Gerät nutzt die komplette Front fast randlos für das Display aus. Die Frontkamera ist in einer „Tropfennotch“ mittig im oberen Rand des Displays integriert. So bleibt mehr Platz fürs Bild und die eingelassene Kamera stört nicht wirklich.
Powerbutton und Lautstärkewippe
Bild: teltarif.de
Das auch als Business-Smartphone beworbene Gerät verfügt seitlich über einen Slot für wahlweise zwei unterschiedliche SIM-Karten oder aber eine SIM-Karte und eine Speicherkarte, mit der der
64 GB große Speicher auf maximal 256 GB erweitert werden kann.
Was auch nicht fehlt und mir persönlich sehr entgegenkommt: Es ist weiterhin ein 3,5-mm-Klinkenstecker vorhanden, an den ich meine geliebten kabelgebundenen Kopfhörer oder Headsets anschließen kann. Kabellos per Bluetooth geht natürlich auch.
Softwareseitig wird das Gerät mit einer Stock-Version von Android 9 ausgeliefert. Dadurch wird das Smartphone nicht mit unzähligen fest vorinstallierten Hersteller-Apps geliefert, die nur Speicher fressen und die ich ohnehin nie nutze. Stattdessen setzt das Gerät voll auf das reine Android mit den entsprechenden Google Apps.
Alltags-, Kameratest und Fazit
Für meinen Alltagstest habe ich das Gerät gleich gnadenlos mit allen Apps zugeknallt, die ich auch auf meinem bisherigen Smartphone installiert hatte. Apps für Social Media, die Smart-Home-Steuerung, Apps zur Bildbearbeitung, Carsharing, Taxi, Bahn, Podcasts und so weiter. Selbst die sonst recht die Hardware beanspruchende App der New York Times oder die Smart-Home-Steuerung mit der
Amazon-Alexa-App laufen auf dem Smartphone flüssig und ohne Probleme.
Das Kamerasystem des GS290
Bild: teltarif.de
Insgesamt liegt das Handy gut in der Hand. Dafür sorgt auch das mitgelieferte Cover, das für etwas mehr Rutschfestigkeit zuständig ist. Um das Smartphone mit nur einer Hand zu bedienen, ist es hingegen schon etwas zu groß. So gerade eben komme ich mit dem Daumen noch an den oberen Bildschirmrand.
Sound-technisch ist das Gigaset GS290 nur mit einem Lautsprecher am unteren Rand ausgestattet. Man sollte nicht allzu viel vom Klang erwarten. Dennoch: Auch ohne Kopfhörer wird es ordentlich laut, dann aber eben nur Mono. Für mich persönlich kein Beinbruch. Will ich Musik genießen, dann nehme ich dafür ohnehin kein Smartphone oder greife wenigstens zu Kopfhörern.
Schwachstelle: Kamera
Deutliche Schwächen hat das Gigaset GS290 bei Dunkelheit. Hier ist die Konkurrenz in der Preisklasse schon etwas weiter. Der Weichzeichner bügelt das Bildrauschen heraus. Bei Zoom tritt es aber störend zutage
Dennis Knake
Einziger Wermutstropfen ist die Kamera. Bei Tageslicht liefern die Sensoren auf beiden Seiten gute Ergebnisse. Auch die Frontkamera macht klare Selfies. Wird es jedoch Dunkel, kommen die Schwächen zum Tragen. Der Fokus reagiert mitunter träge und das Rausch-Verhalten bei wenig Lichteinfall ist hoch. Zwar bügelt ein Algorithmus das gröbste Rauschen heraus, macht das Bild dann aber im Detail matschig. Da helfen auch die vielen und eher verwirrenden Bildeinstellungen wenig: "Nachtaufnahme", "HDR", "Bild", "Superklare Bildqualität". Vor allem bei "Bild" und "Superklare Bildqualität" konnte ich auf den ersten Blick keine großen Unterschiede feststellen.
Auch bei Betrachtung der Labor-Aufnahmen zeigt sich ein ähnliches Bild. Bei ausreichendem Licht ist das Ergebnis ansehnlich mit natürlichen Farben und ausreichender Detaildarstellung. Bildrauschen unter diesen Lichtbedingungen liegt noch in einem akzeptablen Bereich. Bei schlechtem Licht ist im Automodus allerdings kaum noch etwas zu erkennen, minimal heller schafft es der Nachtmodus. Das Ergebnis ist aber alles andere als gut.
Bei gutem Licht geht das Selfie mit der Frontkamera in Ordnung. Der Teint des Testobjekts erscheint aber etwas unnatürlich.
Bei Dunkelheit wird das Test-Objekt zu stark angestrahlt, wodurch eine natürliche Farbwiedergabe gänzlich verloren geht.
Lautsprecher, USB-C-Anschluss und 3,5-mm-Klinkenanschluss
Bild: teltarif.de
Videoaufnahmen sind bis 1920 Pixel mal 1080 Pixel in HD-Auflösung möglich. Dabei können während der Aufnahme gleich unterschiedliche Farbfilter ausgewählt, animierte GIF erstellt oder aber Zeitlupenaufnahmen gemacht werden. Ein 4K-Modus ist nicht möglich.
Die Testbilder unter Laborbedingungen haben wir im Original angehängt, damit Sie sich selbst ein Bild von der Kameraleistung des GS290 machen können.
- Haupt-Kamera 1: Gute Lichtverhältnisse mit Blitz
- Haupt-Kamera 2: Schlechte Lichtverhältnisse ohne Blitz
- Haupt-Kamera 3: Schlechte Lichtverhältnisse mit Nachtmodus
- Front-Kamera 1: Gute Lichtverhältnisse ohne Blitz
- Front-Kamera 2: Schlechte Lichtverhältnisse mit Blitz
Fazit
In Summe bietet Gigaset für den schmaleren Geldbeutel ein solides Markenhandy, das sich nicht hinter der Konkurrenz aus Asien verstecken muss. Dennoch, die Konkurrenz ist groß. Mit Huawei ist bereits ein großer chinesischer Anbieter mit guten Modellen der unteren Preisklasse am Markt. Und nun machen sich mit Xiaomi und Oppo zwei weitere chinesische Großkonzerne auf, den Smartphone-Markt in Europa umzukrempeln. Das wird Gigaset in Zukunft vermutlich noch Kopfschmerzen bereiten. Dennoch hat man nach dem Kauf das gute Gefühl, ein wertiges Smartphone „Made in Germany“ in der Hand zu halten und im Grunde auf nichts verzichten zu müssen.
Positiv hervorzuheben ist der großzügige Akku: So hält das Gerät je nach genutzten Apps locker zwei bis drei Tage durch, bevor es wieder an die Steckdose muss. Wer auf seinem Handy keine aufwendigen Spiele spielt und mit leichten Abstrichen bei der Kamera leben kann, der sollte das GS290 ausprobieren.
Gesamtwertung von teltarif.de
Gigaset GS290
- Gute Verarbeitung
- Ausdauernder Akku
- Mittelmäßige Performance
- Schlechte Fotos bei Dunkelheit
Einzelwertung Gigaset GS290
-
Gehäuse / Verarbeitung
8/10
- Material 7/10
- Haptik 8/10
- Verarbeitung Gehäuse 8/10
-
Display
7/10
- Touchscreen 7/10
- Helligkeit 6/10
- Pixeldichte 5/10
- Blickwinkelstabilität 6/10
- Farbechtheit (DeltaE) 8/10
- Kontrast 10/10
-
Leistung
1/10
- Benchmark Geekbench Single 0/10
- Benchmark Geekbench Multi 0/10
- Benchmark Browsertest 7/10
- Benchmark Antutu 0/10
-
Software
10/10
- Aktualität 10/10
- Vorinstallierte Apps 8/10
-
Internet
6/10
- WLAN 7/10
- LTE 0/10
- LTE Geschwindigkeit 8/10
- 3G 7/10
- 5G -
- Empfangsqualität 6/10
- Dual-SIM 8/10
-
Telefonie
7/10
- Sprachqualität 7/10
- Lautstärke 7/10
- Lautsprecher (Freisprechen) 7/10
-
Schnittstellen / Sensoren
8/10
- USB-Standard 9/10
- NFC 10/10
- Navigation 8/10
- Bluetooth 10/10
- Kopfhörerbuchse 10/10
- Video-Out 10/10
- Fingerabdruckscanner 5/10
- Gesichtserkennung 6/10
-
Speicher
6/10
- Größe 7/10
- SD-Slot vorhanden 5/10
-
Akku
10/10
- Laufzeit (Benchmark) 10/10
- Induktion 10/10
- Schnellladen 10/10
-
Kamera
4/10
- Hauptkamera
- Bildqualität hell 7/10
- Bildqualität dunkel 1/10
- Bildstabilisator 0/10
- Frontkamera
- Bildqualität hell 7/10
- Bildqualität dunkel 3/10
- Kameraanzahl 8/10
- Video 4/10
- Handling 6/10