Zoomen mit der Handy-Kamera: Von digital bis Periskop
Heutige Smartphone-Kameras verfügen über verschiedene Methoden, um Motive in weiterer Distanz abzulichten (Zoom). Dieses Heranholen erfolgt physisch mit einem Telefoto-Objektiv und einem Periskop-Telefoto-Objektiv, berechnet mittels einer digitalen Ausschnittvergrößerung oder in Kombination beider Verfahren durch einen hybriden Zooms.
Nicht alle Ansätze haben eine zufriedenstellende Qualität, was sowohl an dem Kameramodul an sich als auch an der Software liegen kann. Wir wollen Ihnen die unterschiedlichen Zoom-Lösungen im Detail schildern und die jeweiligen Techniken erörtern, Beispielaufnahmen inklusive.
Historie des Handy-Kamera-Zooms: Die Anfänge
Was leisten die verschiedenen Smartphone-Kamera-Zooms? (Im Bild: Quadkamera Galaxy S21 Ultra)
Bild: Samsung
Bereits 1999 kam mit dem Kyocera VP-200 das erste Handy mit Kamera heraus. Da diese vorne angebracht war und vornehmlich der Videotelefonie diente, gab es noch keine Verwendung für einen Zoom. Doch nur ein Jahr später erschien das Samsung SCH-V200, das eben jenes Feature an Bord hatte. Aufgrund der mageren CIF-Auflösung von 0,1 Megapixel (352 mal 288 Bildpunkte) machte die digitale Funktion jedoch wenig Freude.
Die nächste Zoom-Evolution stammt aus dem Hause Sharp. Das 2004 herausgebrachte V602SH hatte als erstes Mobiltelefon eine zweifache optische Vergrößerung. Mit 2 Megapixel gab es zudem eine Rekord-Auflösung.
Samsung SCH-V200
Bild: Samsung
Bis zur nächsten Weiterentwicklung des Handy-Kamera-Zooms sollte es bis 2012 dauern. Waren zu diesem Zeitpunkt Modelle mit maximal 16 Megapixel in Umlauf, erhöhte das Nokia 808 PureView auf 41 Megapixel.
Allerdings hatte die hohe Auflösung einen besonderen Hintergrund, es wurde ein verlustfreier Zoom versprochen. Der 1/2-Zoll-Sensor sammelte Informationen von 3, 5 oder 8 Millionen Bildpunkten für eine Ausschnittvergrößerung um den Faktor zwei, drei oder vier.
Historie des Handy-Kamera-Zooms: Tele-Zoom und Periskop
Sharp V602SH
Bild: Sharp
Samsung zeigte sich 2013 nicht minder innovativ und brachte mit dem Galaxy S4 Zoom einen Hybriden aus Smartphone und Kamera heraus. Das ausfahrbare Telezoom-Objektiv ähnelt Modulen klassischer Kompaktkameras. Der Hersteller gewährte einen Brennweitenbereich zwischen 24 mm und 240 mm (auf Kleinbild umgerechnet). Insofern gab es erstmals in einem Mobilgerät einen zehnfachen optischen Zoom, der zudem verlustfreie Zwischenschritte bot. Etablierten konnte sich diese physische Lösung allerdings nicht.
Galaxy S4 Zoom
Bild: Samsung
Erst ab 2018 setzten sich dank des Huawei P20 Pro sowohl der optische Zoom als auch höhere Auflösungen im Smartphone-Sektor allmählich durch. Mit dem Huawei P30 Pro folgte ein Jahr später das erste Handy, das über ein Periskop-Telefoto-Objektiv verfügte. Mit diesem konnte eine größere Brennweite realisiert werden, was in einem fünffachen Heranholen des Motivs resultierte.
Technik erklärt: Digital-Zoom
Huawei P30 Pro
Bild: Huawei
Dieses Verfahren wird – größtenteils zu Recht – wenig wertgeschätzt. Beim Digital-Zoom kommt ein Software-Algorithmus zum Einsatz, dessen Berechnungen in manchen Smartphones eine NPU (Neural Processing Unit, KI-Chip) übernimmt. Die grundsätzliche Vorgehensweise ist das Zuschneiden eines Sensor-Bildausschnittes (Crop) und das anschließende Hochskalieren auf die native Auflösung. Es wird also ein kleinerer Bereich des Sensors mit weniger Megapixeln genutzt und künstlich gestreckt. Je größer die Zoom-Stufe, desto mehr gehen Schärfe und Details verloren.
Zehnfacher Digitalzoom
Bild: Andre Reinhardt
Hybrid-, Telefoto- & Periskop-Zoom
Technik erklärt: Hybrid-Zoom
Wie der Name bereits vermuten lässt, handelt es sich hierbei um ein Verfahren, das sowohl ein digitales als auch optisches Heranholen von Motiven benutzt. Hat das Smartphone beispielsweise ein Periskop-Telefoto-Objektiv mit zehnfachem physischem Zoom und der User möchte ein Objekt um den Faktor 20 vergrößert ablichten, wird die außerhalb der tatsächlichen Brennweite liegende Distanz per Software berechnet.
Samsung Galaxy S21 Ultra: 20x Hybrid-Zoom
Bild: Thomas Michel
Bild: teltarif.de
Technik erklärt: Telefoto-Zoom
Die meisten Smartphones nutzen für diese Variante eine oder mehrere Festbrennweiten. So hat etwa das Weitwinkel-Objektiv des Galaxy S21 Ultra eine Brennweite von 24 mm, das Telefoto-Objektiv hingegen eine Brennweite von 70 mm. Die Angaben sind stets als Kleinbild-Äquivalent zu verstehen. Um den Zoomfaktor zu bestimmen, muss der Wert des Telefoto-Objektives durch jenen des Weitwinkel-Objektives geteilt werden. Streng genommen hat das besagte Modul des Galaxy S21 Ultra also einen 2,92-fachen optischen Zoom.
Samsung Galaxy S21 Ultra: 100x Hybrid-Zoom
Bild: Thomas Michel
Die Standard-Kameras aktueller Mobilgeräte sind mit einer Blendenöffnung ab f/1.5 im Gegensatz zu den Telefoto-Einheiten mit einer Blendenöffnung ab f/2.4 besser für Aufnahmen in dunkleren Arealen geeignet. Der kleinere Sensor der Zoom-Einheiten wird durch eine geringere Auflösung kompensiert.
Technik erklärt: Periskop-Zoom
Samsung Galaxy S21 Ultra: 3x Telefoto-Zoom
Bild: Thomas Michel
Bild: Thomas Michel Beim Telefoto-Modul belassen es die Hersteller häufig bei maximal dreifachem optischen Zoom, während es beim Periskop-Modul derzeit bis zu zehnfachen optischen Zoom gibt. Das Huawei P40 Pro+ und das Samsung Galaxy S21 Ultra verfügen etwa über eine Anfangsbrennweite von 23 mm/24 mm und eine Endbrennweite von 240 mm.
In weiteren Ratgebern haben wir die Labor-Ergebnisse verschiedener Smartphone-Kameras sowie die Leistungen von Smartphone-Kameras bei Nacht verglichen.