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Smartphone & 5G: Wie schädlich ist Handystrahlung?

Wie wirkt Mobil­funk­strah­lung auf den Körper? Muss ich Sorge haben, dass sie mir schadet? Diese Fragen treiben einige Menschen um. Exper­tinnen aus Strah­len­schutz und Krebs­for­schung geben Antworten.
Von dpa /

Geld­beutel, Schlüssel - und natür­lich das Handy: Ohne dieses Trio verlassen nur wenige das Haus. So eng die Bindung mancher Nutzer zu ihrem Smart­phone ist, so stark sind die Zweifel anderer, die gesund­heit­liche Risiken fürchten.

Doch von vorn: Handy­strah­lung - worum es sich dabei handelt: Mobil­tele­fone nutzen hoch­fre­quente, elek­tro­magne­tische Felder, um Daten oder Sprache per Mobil­funk zu über­tragen.

Hoch­fre­quente elek­tro­magne­tische Felder können Gewebe erwärmen

Die meisten Smartphone-Nutzer haben ihr Gerät immer dabei Die meisten Smartphone-Nutzer haben ihr Gerät immer dabei
Bild: picture alliance/dpa | Hauke-Christian Dittrich
Diese im Alltag manchmal als "Elek­tro­smog" bezeich­neten Felder haben Auswir­kungen auf den Körper. Sie können Gewebe erwärmen, sagt Julia Ketteler, wissen­schaft­liche Refe­rentin am Kompe­tenz­zen­trum Elek­tro­magne­tische Felder am BfS.

Warum genau? "Man kann sich vorstellen, dass elek­tro­magne­tische Felder einen Impuls auf die Mole­küle aussenden, aus denen unser Körper aufge­baut ist", erklärt Susanne Weg-Remers, Leiterin des Krebs­infor­mati­ons­dientes (KID) des Deut­schen Krebs­for­schungs­zen­trums in Heidel­berg.

Dieser Impuls führt dazu, dass sich die Atome in den Mole­külen in unseren Zellen rascher bewegen. "Das ist im Prinzip das bioche­mische Äqui­valent von Wärme", fasst Weg-Remers zusammen. Wärme, die der Körper laut Ketteler in gewissem Umfang wieder ausglei­chen könne. In der Medizin spricht man dann von Ther­more­gula­tion.

Grenz­werte für Smart­phones: Der SAR-Wert

Damit sich das Gewebe im Körper nicht zu stark erwärmt, müssen die Handy-Hersteller strenge Grenz­werte und Normen einhalten. Für Smart­phones etwa gilt, dass der soge­nannte SAR-Wert (Spezi­fische Absorp­tions­rate) maximal zwei Watt pro Kilo­gramm erwärmter Masse betragen darf. Der SAR-Wert zeigt, wie schnell der Körper Energie aufnimmt.

Ein Beispiel des BfS: Würde man mit einer Stan­dard-LED-Glüh­birne, die eine Wärme­leis­tung von vier Watt hat, zwei Liter Wasser erwärmen, entspräche das einem SAR-Wert von zwei Watt pro Kilo­gramm.

Mit Blick auf die Smart­phones heißt das: Je nied­riger der Wert, desto weniger Strah­lung sendet ein Gerät aus. Die meisten Geräte liegen aber ohnehin weit unter dem Grenz­wert, wie die Angaben moderner und auch älterer Modelle zeigen.

Das BfS stellt eine Daten­bank zur Verfü­gung, in der man diese Werte nach­lesen kann. Das Xiaomi Poco F2 Pro etwa hat einen Wert von 0,79 W/kg, das iPhone 12 0,98 W/kg. Und selbst das Samsung-E 1080 aus dem Jahr 2009 liegt mit 0,64 W/kg weit unter der gesetz­lichen Grenze.

Kein erhöhtes Krebs­risiko durch Handy­nut­zung

Die gesund­heit­lichen Auswir­kungen der Mobil­funk­nut­zung beschäf­tigt die Forschung seit langer Zeit. Dabei geht es auch um die Frage, ob Mobil­funk­strah­lung Krebs auslösen kann.

Nach heutigem Kennt­nis­stand sieht das BfS aller­dings keinen Zusam­men­hang zwischen Mobil­funk­nut­zung und etwa dem Risiko, an einem Gehirn­tumor zu erkranken. Die Behörde bezieht in ihre Risi­koein­schät­zung nach eigenen Angaben mehr als 1000 wissen­schaft­liche Publi­kationen mit ein.

Die Ergeb­nisse bekräf­tigt die erst jüngst veröf­fent­lichte MOBI-Kids Studie unter der Leitung des Zentrums für Global Health in Barce­lona. Befragt wurden rund 900 an einem Hirn­tumor erkrankte Kinder und Jugend­liche zu ihrem Nutzungs­ver­halten. Die Ergeb­nisse vergli­chen die Forscher mit den Aussagen gesunder Teil­nehmer. Insge­samt umfasst die Studie 2800 Teil­nehmer aus 14 Ländern.

Was man im Blick behalten sollte: Hinter einem bösar­tigen Tumor können viele Ursa­chen stecken. "Krebs - das bedeutet, dass unsere Körper­zellen anfangen, sich zu teilen und nicht mehr auf das Stopp­signal aus der Umge­bung reagieren", sagt Medi­zinerin Susanne Weg-Remers (KID). Ob dies passiert, sei in den meisten Fällen Zufall, erklärt sie.

Denn der Prozess, über den das Erbgut verdop­pelt wird, sei fehler­anfällig. Das bedeutet: Es entstünden gewis­ser­maßen Tipp­fehler in der Erbinfor­mation, die im Laufe des Lebens lang­fristig zu Krebs führen können.

Krebs kann viele Ursa­chen haben

Es gibt Faktoren, die das Krebs­risiko stei­gern können. Dazu zählen laut Weg-Remers etwa UV- oder Rönt­gen­strah­lung, aber auch Infek­tionen mit Humanen Papil­lom­viren (HPV) oder unge­sunde Gewohn­heiten wie etwa das Rauchen. Genauso spielt auch die gene­tische Veran­lagung eine Rolle.

Mobil­funk als Krebs­aus­löser schließt Weg-Remers aber klar aus. "Es gibt keine Belege dafür, dass die elek­tro­magne­tischen Felder, die von Mobil­funk­geräten ausgehen, Erbgut­ver­ände­rungen auslösen können."

Zwar habe man in früheren Studien, als die Geräte noch sehr groß waren und sehr starke elek­tro­magne­tische Felder hatten, diese Zusam­men­hänge beob­achtet, so Weg-Remers. Die Ergeb­nisse seien aus heutiger Sicht jedoch sehr umstritten und konnten in neueren Unter­suchungen nicht bestä­tigt werden.

Trotzdem: Obwohl die Daten­lage in der Forschung belastbar sei, wolle man in der Forschung weitere Ergeb­nisse abwarten, um die "Rest­unsi­cher­heit" zu verrin­gern, sagt Julia Ketteler vom BfS. Das liege an der langen Lauf­zeit mancher Studien und der wissen­schaft­lichen Arbeits­weise an sich: Es sei schlichtweg unmög­lich, zu beweisen, dass ein Risiko gar nicht exis­tiert.

Handy­strah­lung wirkt nicht auf Hirn­akti­vität ein

Zudem widmet sich die Forschung noch weiteren Aspekten der Mobil­funk­tech­nologie. Etwa der Frage, ob das Smart­phone Auswir­kungen auf die Hirn­akti­vität und die Qualität des Schlafs hat.

Wer über Schlaf­stö­rungen klagt, weil das Handy in der Nähe liegt, sollte laut Julia Ketteler andere Faktoren wie Licht­ein­flüsse oder Stress in Betracht ziehen.

Denn auch hier schützten die strengen SAR-Grenz­werte, weshalb Biologin Ketteler aus Strah­len­schutz-Sicht kein Risiko für das Gehirn sieht. Um die Strah­lung zu verrin­gern, reiche es ohnehin schon, das Handy wenige Zenti­meter vom Kopf entfernt abzu­legen.

Genauso kann Ketteler die Sorge aus der Welt schaffen, dass das Smart­phone in der Hosen­tasche Männer unfruchtbar mache. Laut BfS liegt der Tempe­ratur­anstieg unter dem Grenz­wert, der die Sper­mien­pro­duk­tion von Männern stören könnte. Wer trotzdem auf Nummer sicher gehen möchte, der könne mit Headset tele­fonieren, ohne das Handy in der Hosen­tasche zu lassen.

Kein neues Risiko durch 5G

Und was ist mit der 5G-Tech­nologie? Die bringt nicht nur ganz neue Über­tra­gungs­geschwin­dig­keiten mit sich, sondern auch neue Frequenzen. Und damit weitere Sende­masten bezie­hungs­weise Basis­sta­tionen, die für das 5G-Netz­werk notwendig sind. Neue Sende­masten, gleich neue Risi­kobe­wer­tung?

An den elek­tro­magne­tischen Feldern und ihren biolo­gischen Wirkungen ändert sich nach BfS-Einschät­zung durch 5G nichts. "Die größte Quelle für Strah­lung ist nicht der Sende­mast, sondern das eigene Handy", sagt Ketteler.

Denn: Mehr Sende­masten verbes­sern eher den Empfang, die Sende­leis­tung - und damit die Strah­lung - des Handys sinkt. Aus Sicht des Bundes­amtes für Strah­len­schutz stellt die 5G-Mobil­funk­nut­zung also kein Risiko dar.

o2 Telefónica verkündet: 5G-Ausbau­ziel für 2022 erreicht.

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