HRADIO: Digitalradio DAB+ soll Personalisierung bekommen
Beim Radioplayer gibt es bereits hybride Anwendungen
Foto: Radioplayer.de
Vor allem private Radiosender lieben das digital-terrestrische System DAB+ nicht. Zu den Anforderungen an ein digitales Radio gehöre heutzutage die Möglichkeit der Individualisierbarkeit, der Adressierbarkeit, der unmittelbaren Interaktivität, das Einbinden von Videos und noch mehr, heißt es aus dem Privatradioverband Vaunet. All das biete DAB+ schlicht und einfach nicht.
Die vom Verband favorisierte Lösung 5G ist jedoch Utopie und gefährlich zugleich: Denn damit begibt sich der Rundfunk auf der einen Seite in die Abhängigkeit von Mobilfunkunternehmen. Auf der anderen Seite ist jetzt schon klar, dass es auch bei der nächsten Mobilfunkgeneration zahlreiche Funklöcher geben wird.
Das Institut für Rundfunktechnik (IRT [Link entfernt] ) entwickelt jetzt eine Technologie speziell für den Hörfunk, welche das beste aus beiden Welten, also lineares Radio über Antenne gepaart mit personalisierten und IP-basierten Diensten, verknüpft. Während für Fernsehen im Forschungsprojekt "5G TODAY" die neue Rundfunktechnologie 5G Broadcast erprobt wird, soll HRADIO (Hybrid Radio everywhere for everyone) Innovationen im Bereich der Radio-Rundfunkdienste entwickeln, die im Rahmen der Medienkonvergenz heute möglich sind.
Jugendliche hören weniger Radio
Beim Radioplayer gibt es bereits hybride Anwendungen
Foto: Radioplayer.de
Während Radio mit seinem reichhaltigen redaktionellen Inhalt nach wie vor ein sehr beliebtes Medium ist, gehen die Hörerzahlen vor allem bei Jugendlichen langsam zurück. Mit dem rapiden Aufstieg der Smartphones steht das Radio heute im Wettbewerb mit vielen neuen Diensten, wie zum Beispiel Musik-Streamingplattformen. Das reguläre Radio verfüge heute oft nicht mehr über attraktive Features, wie man sie von vertikalen Plattformen kennt oder diese sind nicht gut in das Radioprogramm integriert. Hier setzt HRADIO an.
Das Projekt will das volle Potenzial der Hybridtechnologie für den Hörfunk ausschöpfen und die Integration einer kosteneffizienten Rundfunkübertragung, etwa über das digital-terrestrische Radio DAB+, mit neuen Online-Features ermöglichen. Die Rundfunkanstalten werden in die Lage versetzt, Rundfunkdienste unter Wahrung der Privatsphäre zu personalisieren, intuitive Funktionalitäten wie zeitversetztes Radiohören bereitzustellen und schließlich die Interaktion der Nutzer zu fördern und davon zu profitieren.
Personalisierte Inhalte und Werbung
Die Anwendungsgebiete sind vielseitig: So können beispielsweise in einem landesweiten DAB+-Angebot regionale oder lokale Programmelemente eingespielt werden, auch maßgeschneidert, also personalisiert, für den Hörer. Ähnliches ist das bei Werbung möglich. HRADIO soll laut IRT den Weg ebnen, um diese Funktionen nicht nur in die nativen mobilen Anwendungen der Rundfunkanstalten, sondern auch in die Portale, in die angeschlossenen Radios und ins Auto zu bringen. Voraussetzung ist freilich, dass die Radiogeräte mit dem Internet verbunden sind.
Der Kernansatz bestehe darin, validierte Lösungen zu integrieren und APIs zu harmonisieren, um den Rundfunkanstalten eine nachhaltige und rentable Dienstebene zur Verfügung zu stellen, die über alle Geräte und Distributionsplattformen hinweg zugänglich ist. Daher können die Verbraucher ihre personalisierten Radiodienste auf verschiedenen Geräten und Plattformen nutzen, die durch eine nahtlose Broadcast-Internet-Integration für die Verbreitung von Radioinhalten ermöglicht werden.
Drei Phasen von Großprojekten
Alle Funktionen werden in drei Phasen von Großpiloten getestet, an denen sowohl Rundfunkanstalten, als auch App-Entwickler für mobile und automotive Geräte beteiligt sind. Schließlich wird HRADIO seine Entwicklungen als Android- und HTML-Client-Implementierungen veröffentlichen, einschließlich umfangreich dokumentierter APIs, die die Entwicklung neuer Dienste für das Radio ermöglichen.
HRADIO könnte der künftige Königsweg bei der Hörfunkübertragung werden, wenn das Verfahren technisch funktioniert. Eine wichtige Voraussetzung müsste allerdings erfüllt sein: Smartphones müssten künftig mit einem Chip für DAB+ ausgestattet sein. Genau das dürfte aber das größte Problem für die neue Hybrid-Technologie werden, denn die Mobilfunkanbieter zeigen genau hieran kein Interesse.
Ausweg könnte die Technologie 5G Broadcast auch für den Hörfunk sein, wenn hier passende Geschäftsmodelle entwickelt werden und es refinanzierbar ist. Genau daran gibt es jedoch zahlreiche Zweifler.
Niedersachsen hat das Aus für DAB+ beschlossen. Allerdings kommt die Entscheidung im Parlament knapp zu spät. Mehr dazu lesen Sie in einer weiteren Meldung.