Zusätzliche Arbeit für Ordnungshüter durch rechte Hetze
Bild: dpa
Hass, Hetze und Gerüchte im Internet beschäftigen zunehmend die
Ermittler. Das hat Auswirkungen, die manchmal auch jenseits der
digitalen Welt zu spüren sind.
Es geht längst nicht mehr nur um Beleidigung oder
Volksverhetzung. Von solchen Internet-Botschaften ließe sich
wenigstens viel strafrechtlich vom Schreibtisch aus aufarbeiten.
Vielmehr bereiten übers Netz verbreitete Gerüchte Polizei und
Staatsanwaltschaften Kopfschmerzen. Der Landesvorsitzende der
Gewerkschaft der Polizei (GdP), Kai Christ, berichtet, dass sich etwa
via Facebook gepostete Beiträge längst auf die Arbeit von
Streifenbeamten auswirken.
Polizei-Gewerkschaft: "Sowas kostet natürlich richtig Personal"
Zusätzliche Arbeit für Ordnungshüter durch rechte Hetze
Bild: dpa
Beispiel Gerstungen. In der Gemeinde im Wartburgkreis hatten sich
2015 vor allem auch über die sozialen Netzwerke Gerüchte verbreitet,
ausländische Kriminelle brächen in großem Stil in Häuser ein. Durchs
Internet schwappte eine Welle der Hysterie. Die örtliche Polizei sei
deshalb gezwungen gewesen, in der Gemeinde und ihrer Umgebung
verstärkt Streife zu fahren, "um das Sicherheitsgefühl der Menschen
wiederherzustellen", berichtet der GdP-Chef. "Sowas kostet natürlich
richtig Personal".
Als Gewerkschafter wird Christ seit Jahren nicht müde zu beklagen,
dass es ohnehin zu wenige Polizisten im Freistaat gebe. Einsätze wie
in Gerstungen verschärfen aus seiner Sicht noch die Lage: "Dieses
Personal fehlt dann an anderer Stelle". Der Sprecher der
Landespolizeiinspektion Suhl, Fred Jäger, beschreibt ein zentrales
Problem: "Die sozialen Netzwerke sind nicht geduldig". Und weiter:
"Sie warten nicht auf eine vernünftige Ermittlungsarbeit, die Zeit
braucht". Deshalb verbreiteten sich dort oft Halbwahrheiten.
Mehrarbeit auch für die Staatsanwaltschaft
Allerdings warnt der GdP-Vorsitzende davor, das Phänomen zu
dramatisieren - auch weil es keine exakten Zahlen gibt, wie viel
Mehrarbeit Hass, Hetze und Gerüchte im Internet Polizisten und
Staatsanwälten bereiten. Und ein Sprecher der Landespolizeidirektion
stellt klar: Die Mehrbelastung an Einsätzen von Streifenpolizisten
wegen des Internets sei derzeit noch beherrschbar.
"Für uns hat das Internet definitiv deutlich mehr Arbeit gebracht",
resümiert der Sprecher der Staatsanwaltschaft Meiningen, Markus
Knapp. Er arbeitet in der Staatsschutzabteilung der Behörde und muss
damit viele Kommentare strafrechtlich bewerten, die sich im Netz
finden. Bei ihnen sei "die Grenze des Meinungsaustausches nicht
selten überschritten". Auch weil es inzwischen die Möglichkeit gebe,
über das Internet Strafanzeigen zu stellen, meldeten viele
Privatleute inzwischen Hasskommentare. "Das bindet Ressourcen, die an
anderen Stellen fehlen".