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Live-TV ohne Satellit, Kabel oder DVB-T2: Was geht?

Noch vor über einem Jahr­zehnt war eine Dach- oder Zimmer­antenne, ein Kabel­anschluss oder eine Satel­liten­emp­fangs­anlage Pflicht, um Fern­sehen zu genießen. Heute bieten IPTV und Online-TV-Strea­ming alter­native Möglich­keiten. Wir liefern einen Über­blick.
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Wer heute Fern­sehen ganz ohne Satel­liten­anlage, Kabel­anschluss oder Antenne schauen will, kann auf das Internet zurück­greifen. Dabei muss der Nutzer jedoch zwischen IPTV und Online-TV-Strea­ming unter­scheiden. In diesem Ratgeber zeigen wir Ihnen, wie Sie Live-TV abseits der klas­sischen Verbrei­tungs­wege verfolgen können.

IPTV: Größte Anbieter Telekom und Voda­fone

Mit IPTV wird die Über­tra­gung von Fern­sehin­halten über ein "geschlos­senes Netz" eines Anbie­ters bezeichnet, bei dem dann dank Quality-of-Service-(QoS)-Mecha­nismen - dem Namen entspre­chend - der TV-Empfang in einer höher­wertigen Qualität möglich ist. Hier können die Inhalte auch nur von den Kunden des jewei­ligen Provi­ders genutzt werden. Das IPTV-Angebot wird via Breit­band-Leitung, also zum Beispiel klas­sischem DSL oder VDSL, reali­siert. Dabei wird das Signal, anders als beim klas­sischen Strea­ming, nur einmal an beliebig viele TV-Zuschauer gesendet (Point-to-Multi­point). Magenta-TV von der Telekom Magenta-TV von der Telekom
Screenshot: Michael Fuhr
Größte Anbieter im IPTV-Bereich sind die Telekom (Magenta TV) und Voda­fone (Giga TV), gefolgt von 1 & 1. Mehr zu den Ange­boten der drei großen Anbieter gibt es in unserer umfang­rei­chen IPTV-Über­sicht.

Stadt­werke und Co. liefern IPTV

Inzwi­schen bieten jedoch auch viele klei­nere Netz­betreiber IPTV-Bouquets. Dazu gehören etwa Stadt­werke, die ihren Kunden alles aus einer Hand liefern (Strom, Tele­fonie, Internet und Fern­sehen). Vor allem dank des boomenden Glas­faser-Geschäfts sprießen solche Ange­bote derzeit wie Pilze aus dem Boden.

Häufig arbeiten die Netz­betreiber dabei mit "White Label"-Anbie­tern wie BrightBlue, M7 Deutsch­land oder Ocilion zusammen, die ihren Kunden schlüs­sel­fer­tige Komplett­ange­bote mit TV- und Video-on-Demand-Bouquets bieten und genau das liefern, was die Netz­betreiber wünschen. Als Kunde ist man dabei frei­lich vom Angebot des jewei­ligen Grund­ver­sor­gers abhängig. Vor allem in urbanen Zentren sind aber auch oft Ange­bote mehrerer Netz­betreiber verfügbar.

Alter­nativen Zattoo und waipu.tv

Als Alter­native gibt es für Kunden Online-TV-Strea­ming-Ange­bote diverser Platt­formen. Pionier auf diesem Gebiet ist Zattoo. Anläss­lich der Fußball-Welt­meis­ter­schaft 2006 und mit zunächst vier frei empfang­baren Schweizer Fern­seh­kanälen star­tete das in der Schweiz gegrün­dete Unter­nehmen seinen Service. Ende 2009 wurde das anfäng­lich auch von Tausch­börsen bekannte Peer-to-Peer-Prinzip aufgrund zu schmaler Upload­raten der DSL-Anschlüsse abge­schafft. Die Services wurden auf einen direkten Server­stream von Zattoo umge­stellt.

Heute haben die Kunden die Wahl zwischen einem kosten­freien Paket mit über 100 TV-Sendern in Stan­dard-Qualität. Dabei sind alle öffent­lich-recht­lichen und viele privaten Kanäle, aber nicht die der großen Medi­engruppen RTL und ProSiebenSat.1. Wer eine bessere Qualität, mehr Auswahl und auch die Sender der großen Medi­engruppen möchte, kann die Pakete Premium und Ulti­mate abon­nieren und bekommt auf diesem Weg über 120 weitere TV-Programme nach Hause gelie­fert. Darüber hinaus gibt es weitere Pakete, etwa mit inter­natio­nalen Sendern. Die Online-TV-Plattform Zattoo Die Online-TV-Plattform Zattoo
Screenshot: Michael Fuhr
Zattoo ist inzwi­schen auf zahl­rei­chen Platt­formen vertreten: Klas­sisch am PC oder Note­book, mobil auf Smart­phones oder Tablets sowie per App auf Smart-TVs, auf TV-Sticks wie dem Google Chro­mecast oder Spiel­kon­solen.

Neben dem Endkunden-Geschäft bietet Zattoo heut­zutage White-Label-Lösungen für diverse Netz­betreiber an, welche die Zattoo-Bouquets mit ihrem eigenen Bran­ding vermarkten. Mehr zu Zattoo gibt es in unserer Über­sicht.

Noch nicht so lange im Geschäft, konkret erst seit 2016, ist waipu.tv. Hierbei handelt es sich um eine Marke der Exaring AG mit Sitz in München, an der die Freenet Group zu 50,01 Prozent betei­ligt ist. Ähnlich wie Zattoo setzt auch waipu.tv auf klas­sisches TV-Strea­ming und ist eben­falls sowohl über mobile als auch statio­näre Endge­räte zu sehen. Und auch hier haben die Zuschauer die Wahl zwischen einem kosten­losen Basis­paket (das aller­dings nicht beworben wird) und zwei erwei­terten, kosten­pflich­tigen Paketen (Komfort und Basis Plus). Hier geht es direkt zu den Ange­boten des Online-TV-Strea­mers.

Vorteil der Ange­bote von Zattoo und waipu.tv ist, anders als bei den IPTV-Anbie­tern, die Verfüg­bar­keit für alle Inter­net­nutzer.

Joyn, TV Now und die öffent­lich-recht­lichen Media­theken

Eine Konkur­renz zu waipu.tv und Zattoo stellt inzwi­schen die Sender-über­grei­fende Platt­form Joyn dar. Mehr als 60 TV-Sender sind im kosten­losen Basis-Angebot per Live­stream verfügbar, darunter neben den Ange­boten der Grün­dungs­unter­nehmen ProSiebenSat.1 und Disco­very auch zahl­reiche weitere Privat-TV-Sender und die öffent­lich-recht­lichen Ange­bote von ARD und ZDF. Joyn legt aller­dings weit mehr Wert auf soge­nannte Over the Top (OTT)-Ange­bote: Promi­nent auf der Start­seite verfügbar sind zahl­reiche Sendungen, Serien und Filme zum Abruf. Die Plattform Joyn Die Plattform Joyn
Screenshot: Michael Fuhr
Noch mehr Live-TV-Sender, darunter auch Pay-TV-Ange­bote sowie zahl­reiche Origi­nals und Exclu­sives zum Abruf bietet das Premium-Angebot Joyn Plus+, das 6,99 Euro im Monat kostet und monat­lich kündbar ist. Auch Joyn ist inzwi­schen neben PC, Smart­phones und Tablets auf vielen Smart-TVs und weiteren Platt­formen wie dem Google Chro­mecast oder Amazon Fire TV verfügbar.

Nicht bei Joyn vertreten sind die Ange­bote der Medi­engruppe RTL Deutsch­land, die mit TV Now (künftig RTL+) eine eigene Platt­form betreibt, aller­dings mit weit­gehend glei­chem Strick­muster, also einem kosten­freien Basis- und kosten­pflich­tigen Premium-Ange­boten (Premium für 4,99 Euro und Premium+ für 7,99 Euro im Monat) sowie Live-TV und Video-on-Demand

Komplett "kosten­frei" bzw. durch dem Rund­funk­bei­trag finan­ziert sind die Media­theken der öffent­lich-recht­lichen TV-Sender wie ARD, ZDF, den Dritten, 3sat oder arte. Auch hier gibt es Zugang zu Live­strea­ming-Ange­boten und Video-on-Demand.

Weitere Internet-TV-Ange­bote

Das inzwi­schen üppige Angebot an Internet-TV-Ange­boten vervoll­stän­digen weitere Fernseh-Portale, etwa das Lokal-TV-Portal, das Zugang zu vielen lokalen und regio­nalen Privat­fern­seh­sen­dern aus Deutsch­land bietet.

TV.de von Couch­funk bietet in mehreren Paketen Zugang zu vielen deut­schen und inter­natio­nalen Sendern. Dieses Portal haben wir mit Zattoo, waipu.tv und Joyn direkt vergli­chen.

Auch über die Video­platt­form YouTube gibt es inzwi­schen ein inter­essantes Live-TV-Angebot. Und last but not least ist auch das Angebot des Pay-TV-Senders Sky ohne die klas­sischen Rund­funk­emp­fangs­wege Kabel und Satellit und rein inter­net­basiert zu bekommen, beispiels­weise über Sky Q.

Tech­nische Probleme werden seltener

In den vergan­genen 20 Jahren hat sich die Qualität des Internet-TVs dank immer leis­tungs­fähi­gerer Breit­band-Netze erheb­lich verbes­sert. Waren anfangs schlechte Bild­qua­lität, Ruckel­bilder oder längere Aussetzer noch an der Tages­ord­nung, liefern die Portal­betreiber heute - abge­sehen von spora­dischen tech­nischen Problemen - einwand­freie Qualität, sogar mit zum Teil ultra­hoch­auf­lösenden Bildern in UHD/4k. Somit ist Internet-TV kein Exot mehr, sondern ein Verbrei­tungsweg, der mit den Rund­funk­ver­brei­tungs­wegen Kabel, Satellit und Antenne nicht nur mithalten kann, sondern diese in puncto Qualität und Programm­angebot zum Teil sogar über­flü­gelt hat.

Vor allem in Miet­woh­nungen bietet Internet-TV inzwi­schen eine attrak­tive Alter­native zum oft teureren Kabel­anschluss. IPTV und Online-TV haben zudem, was Qualität und Angebot angeht, inzwi­schen zum bisher auf diesem Sektor führenden Satel­liten­direkt­emp­fang aufge­holt. Großer Vorteil hierbei ist, dass keine aufwän­dige Instal­lation einer Antenne mehr nötig ist. Das Fern­seh­pro­gramm kommt per Router und Netz­werk­kabel, bezie­hungs­weise WLAN, auf die Matt­scheibe.

Ein Manko ist aller­dings, dass das Programm­angebot je nach Anbieter vari­iert und nicht jeder alle Sender im Port­folio hat. Während es beim Satel­liten-Direkt­emp­fang nach wie vor die größte kosten­lose Free-TV-Auswahl gibt, sind bei den Online-TV-Portalen viele Programme, die über Satellit frei empfangbar sind, nur gegen Gebühr zu sehen. Wer an einem breiten Angebot inter­essiert ist, müsste beim Strea­ming unter Umständen mehrere Abos mit unter­schied­lichen Platt­form­betrei­bern abschließen. Und das könnte teuer werden.

Zur Zahlungs­bereit­schaft der Deut­schen beim Strea­ming hat sich auch ein Panel auf der Fach­messe Anga Com beschäf­tigt.

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