Anga Com

Deutsche Sparfüchse abonnieren keine 7 Streamingdienste

Die mangel­hafte Zahlungs­bereit­schaft könnte bald für eine Markt­sät­tigung bei Strea­ming­diensten in Deutsch­land sorgen. Lineares TV befeuert das Strea­ming und umge­kehrt. Das sind die Kern­aus­sagen des Medi­engip­fels auf der Anga Com.
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Wie viele Strea­ming-Platt­formen verträgt der Markt? So lautete die Frage­stel­lung des dies­jäh­rigen Medi­engip­fels auf der digi­talen Anga Com. Die Antwort der Panel-Teil­nehmer fällt eindeutig aus: Irgend­wann ist der Markt gesät­tigt.

"Die Deut­schen sind Spar­füchse, kaum einer will sich bis zu sieben Strea­ming-Abos leisten", sagt Henrik Pabst, Chief Content Officer der Seven.One Enter­tain­ment Group, die zum Medi­enkon­zern ProSiebenSat.1 gehört.

Man selbst sei mit dem Free-TV-Geschäft sehr gut aufge­stellt, der verlän­gerte Arm mit der TV-Platt­form Joyn ins digi­tale Strea­ming-Geschäft sei der rich­tige Schritt gewesen und das Medi­enun­ter­nehmen Disco­very genau der rich­tige, inter­natio­nale Partner. Bei diesem könnte es aller­dings nach der Fusion mit WarnerMedia eine Neuaus­rich­tung geben. Auf die Zukunft der Platt­form Joyn soll das aber keinen Einfluss haben: "Wir wissen frei­lich nicht, was in einem Jahr passiert, aber wir werden am Projekt Joyn weiter fest­halten".

Die Corona-Pandemie sei Brand­beschleu­niger für Strea­ming und digi­tale Dienste gewesen, habe aber nicht für eine Kanni­bali­sie­rung mit dem linearen TV gesorgt, ganz im Gegen­teil: "Lineares TV befeuert das Digi­tale".

Film­stu­dios profi­tieren von Strea­ming-Boom - "keine Blase"

Mediengipfel auf der digitalen Anga Com Mediengipfel auf der digitalen Anga Com
Screenshot: Michael Fuhr
Die Bezeich­nung der Deut­schen als Spar­füchse wollte Oliver Berben, Stell­ver­tre­tender Vorstands­vor­sit­zender der Constantin Film AG nicht gänz­lich stehen lassen. Die Zahlungs­bereit­schaft nehme mit Attrak­tivität der Inhalte zu. Es gebe allge­mein "keinen besseren Zeit­punkt als Unter­nehmen im Film­geschäft groß zu werden".

Strea­ming sieht er nicht bloß als eine Blase oder einen vorüber­gehenden Hype, die Ausbrei­tung von Inhalten sei größer geworden und auf unter­schied­liche Ziel­gruppen. Die Heraus­for­derungen seien gewachsen, es gebe einen unglaub­lich hohen Druck von Sendern und Strea­ming­diensten immer das neueste und beste anzu­bieten, diese Heraus­for­derung nehme man als Film­pro­duzent gerne an.

Voda­fone bleibt Aggre­gator

Andreas Lauken­mann, Geschäfts­führer Privat­kunden bei Voda­fone Deutsch­land schließt im Panel weiter einen Einstieg ins Content-Geschäft aus. Man wolle der klas­sische Aggre­gator bleiben. Wichtig für das Unter­nehmen seien Koope­rationen wie zuletzt mit dem Sportstreamer DAZN oder Apple-TV sowie eine Expan­sion in weitere euro­päi­sche Märkte.

Wich­tiges Ziel auf dem deut­schen Markt sei, die Marke Voda­fone, die immer noch bei vielen vorrangig als Mobil­funk-Anbieter wahr­genommen wird, als Enter­tain­ment-Dienst­leister und als All-inclu­sive-Liefe­rant mit TV, Strea­ming, Enter­tain­ment, Internet und Mobil­funk aus einer Hand besser bekannt zu machen.

Dass Content-Anbieter via Kabel oder IPTV wie RTL auch selber Kunden mit eigenen Platt­formen akqui­rieren, sei kein Wider­spruch. Voda­fone punkte mit der Gesamt­viel­falt.

RTL+ könnte im September starten

Henning Tewes, Geschäfts­führer von RTL Tele­vision und Co-Geschäfts­leiter von TVNOW, wollte noch kein konkretes Start­datum für das neue Strea­ming-Angebot RTL+ nennen. Es soll irgend­wann in der zweiten Jahres­hälfte 2021 losgehen. Mögli­cher­weise erfolgt der Start parallel mit einer Fiction-Offen­sive, die RTL für September 2021 plant.

RTL+ soll insge­samt noch weit mehr Inhalte bieten als aktuell TVNOW - von Reality über Fiction bis hin zu Sport (Fußball-Europa League) und Kids/Family. Auf RTL+ sollen auch exklu­sive Inhalte und Origi­nals laufen, etwa eine Doku über Angela Merkel.

Nach­richten-Shows für Amazon kein Thema

Dr. Chris­toph Schneider, Geschäfts­führer von Amazon Prime Video kündigte auf dem Panel die zweite Staffel der Erfolgs-Comedy-Game­show "LOL: Last One Laug­hing" mit Michael Bully Herbig für Herbst an. Für die Diens­tags-Spiele der Fußball-Cham­pions League sei zudem eine Prime-Mitglied­schaft ausrei­chend, wie er betont.

Anders als beispiels­weise RTL wolle man weiter mit dem Kern­geschäft im Enter­tain­ment-Bereich bleiben: "News sind bei uns kein Thema", sagte er mit Blick auf den Konkur­renten, der mit bishe­rigen ARD-Newsan­chorn wie Jan Hofer oder Pinar Atalay den Nach­richten-Bereich weiter ausbauen wollen.

Dass bekannte Amazon-Prime-Produk­tionen später auch im linearen Fern­sehen laufen, sei für die Akzep­tanz kein Abbruch, ganz im Gegen­teil: "Es befeuert die Marke und bringt uns neue Kund­schaft", so Schneider.

Solche "Leucht­turm­pro­jekte" wie die Fußball-Dokus um Fußball­star Bastian Schwein­steiger oder "Schwarze Adler" zu Rassismus im Fußball sollten aber "sechs bis 12 Monate exklusiv" auf der eigenen Platt­form laufen, bevor sie auch im Free-TV zu sehen sind.

Eine weitere Meldung zur Anga Com dreht sich um das Thema: Das lineare Fern­sehen ist noch lange nicht tot.

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