Themenspezial: Verbraucher & Service Statements

BNetzA: Mehrheit kämpft für freie Glasfaser-Router

Nachdem die Glas­faser-Verbände die Router­frei­heit bei Glas­faser einschränken wollten, hat die BNetzA um Stel­lung­nahmen gebeten. Die fallen vernich­tend aus - fast alle wollen freie Router behalten. Die Verbände lamen­tieren nur.
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Blick in ein Glasfaser-Rechenzentrum Blick in ein Glasfaser-Rechenzentrum (Symbolbild)
Bild: picture alliance/dpa/Deutsche Presse-Agentur GmbH
Obwohl die freie Router­wahl für den Internet-Kunden auch beim Glas­faser-Anschluss ein seit Jahren von der EU verbrieftes Recht ist, haben im Sommer die Breit­band-Lobby­ver­bände mit einem Antrag bei der BNetzA versucht zu bewirken, dass die Behörde die umstrit­tene Defi­nition des Netz­abschluss­punkts in ihrem Sinne fest­legt. Dazu versuchten sie, tech­nische Beweise zu liefern, was bis jetzt quasi nicht zufrie­den­stel­lend gelungen ist.

Die Bundes­netz­agentur hat inter­essierte Kreise in den vergan­genen Wochen darum zu Stel­lung­nahmen aufge­rufen. Über die Auffas­sung der Verbrau­cher­zen­tralen sowie des Verbunds der Telekom­muni­kations-Endge­räte­her­steller (VTKE) hatte teltarif.de bereits separat berichtet. Nun hat die BNetzA weitere einge­gan­gene State­ments veröf­fent­licht - in denen die hinter dem Antrag stehenden Verbände nicht gut wegkommen. Außer einem großen Lamento haben diese übri­gens keine neuen fach­lichen Beiträge zu ihrem Antrag gelie­fert.

Ausschnitte aus den State­ments

Die neu einge­trof­fenen Stel­lung­nahmen hat die BNetzA auf ihrer Themen­seite zur Schnittstel­le am pas­siven Netz­abschluss veröf­fent­licht. Darunter befinden sich Router-Hersteller, Online-Händler, die Senats­ver­wal­tung Berlin, diverse Verbände für Sicher­heits­technik, die Free Soft­ware Founda­tion - und sogar Glas­faser-Netz­betreiber, die dem Antrag der Glas­faser-Lobby wider­spre­chen.

Blick in ein Glasfaser-Rechenzentrum Blick in ein Glasfaser-Rechenzentrum (Symbolbild)
Bild: picture alliance/dpa/Deutsche Presse-Agentur GmbH
Die tech­nisch ausge­feil­teste Darstel­lung stammt hierbei wie berichtet vom VTKE, andere State­ments fallen deut­lich kürzer, aber nicht weniger eindeutig aus. Router-Hersteller AVM spricht beispiels­weise davon, "die bewährte Router­frei­heit" stehe in Deutsch­land auf dem Spiel. Jeder womög­lich vorder­gründig als Kompro­miss anmu­tende Eingriff in die bestehende Regu­lie­rung zur freien Endge­räte­wahl würde dem Router­zwang in Deutsch­land wieder "Tor und Tür öffnen". Dem pflichtet auch der Hersteller Lancom bei.

Recht deut­lich formu­liert es auch die Berliner Senats­ver­wal­tung: Man könne vermuten, dass die Moti­vation der Netz­betreiber mögli­cher­weise finan­zieller Natur sei, da diese weiterhin Miete für ihre Modem-Router-Kombi­nationen als Geschäfts­modell vermarkten wollten. Dies entspreche aber "nicht dem Kern­auf­trag eines TK-Netz­betrei­bers". Zumin­dest brauche dieses Geschäfts­modell laut der Senats­ver­wal­tung "keinen markt­ver­zer­renden Schutz durch eine spezi­fische TK-Regu­lie­rungs­maß­nahme".

Diese Netz­betreiber sind anderer Ansicht

Bedeu­tend sind in diesem Zusam­men­hang auch die Stel­lung­nahmen von Netz­betrei­bern, die den Antrag nicht unter­stützen. Die Glas­faser Nord­west schreibt, der bestehende Glas­faser-Teil­neh­mer­anschluss (GF-TA) habe sich als Abschluss­punkt des pas­siven TK-Netzes im Sinne von § 73 TKG bewährt. Eine nach­voll­zieh­bare Notwen­dig­keit, den Netz­abschluss aus tech­nischer oder betrieb­licher Sicht nach dem ONT zu verorten, wurde in dem Antrag vom 02.06.2023 nicht darge­legt. Insbe­son­dere dürfe keine Pflicht begründet werden, nach dem ONT und vor dem Router des Endkunden ein weiteres Gerät oder auch ein neues Kombi- zw. Hybrid­gerät zu instal­lieren.

Die Glas­faser Plus spricht davon, eine Abän­derung des Netz­abschluss­punktes für Passive Opti­sche Netze (PON) sei recht­lich unzu­lässig. Die derzei­tige Bestim­mung des Netz­abschluss­punktes stehe im Einklang mit dem euro­päi­schen Recht. Eine antrags­gemäße Abän­derung des Netz­abschluss­punktes würde gegen geltendes euro­päi­sches Recht verstoßen, da die Voraus­set­zungen für eine ausnahms­weise Neube­stim­mung nicht vorliegen würden. Für eine ausnahms­weise Neube­stim­mung des Netz­abschluss­punktes fehle es "an der dafür erfor­der­lichen objek­tiven tech­nischen Notwen­dig­keit". Diese objek­tive tech­nische Notwen­dig­keit sei "weder von den Verbänden vorge­tragen" worden, noch liege sie tatsäch­lich vor.

Verbände: Lamento statt Argu­mente?

Den Breit­band­ver­bänden, die den ursprüng­lichen Antrag gestellt haben, sind offenbar keine neuen Argu­mente einge­fallen. In ihrer neuesten Stel­lung­nahme stimmen sie statt­dessen ein großes Lamento an - auf die Pres­sebe­richt­erstat­tung zu dem Fall.

Unter "Verbrau­cher­inter­essen" werde immer ein Einzel­inter­esse verstanden, das "gegen die Inter­essen der Tele­kom­muni­kati­ons­unter­nehmen gerichtet ist". Dieser Blick­winkel sei "grob verkürzt". Man sei bei der Pres­sebe­richt­erstat­tung völlig falsch verstanden worden. Der Presse habe man bereits in der Vergan­gen­heit immer wieder die "bislang unbe­gründet geblie­bene, dennoch aber plaka­tive Behaup­tung" entnehmen können, dass die Netz­betreiber die hiesige Diskus­sion nur deswegen führen würden, weil sie aus der Gerä­teüber­las­sung lukra­tive Zusatz­ein­nahmen gene­rieren könnten. Aller­dings würde kein Anbieter für die Über­las­sung eines ONT geson­derte monat­liche Entgelte verlangen, wenn dieser in der Bauphase direkt mit verbaut wird.

Bei der in der Presse vorge­brachten Behaup­tung, dass es aus Nach­hal­tig­keits­gründen (Ener­gie­ver­brauch) sinn­voller sei, inte­grierte Geräte einzu­setzen, handele es sich "nicht um ein rele­vantes Krite­rium [...], welche[s] bei Ausle­gung der Netz­abschluss­punkt­defi­nition [...] zu beachten wäre". Die vorge­brachten Argu­mente seien "höchst einseitig und unvoll­ständig, da nur ausge­wählte Nach­hal­tig­keits­aspekte betrachtet werden".

Alle Betei­ligten können zu diesen veröf­fent­lichten State­ments nun erneut bis zum 6. Dezember Stel­lung nehmen. Eine Entschei­dung der Bundes­netz­agentur ist also frühes­tens im Dezember zu erwarten.

Bislang auffal­lend schweigsam zu der Thematik war die Deut­sche Telekom. Wie nach­träg­lich bekannt wurde, hat sie später noch eine Stel­lung­nahme bei der BNetzA einge­reicht. Es ist eine Klat­sche für die Konkur­renten: Die Telekom pocht auf freie Router.

Beim Internet war Deutsch­land jahr­zehn­telang ein Kupfer­land: Dünne Tele­fon­lei­tungen mussten ausrei­chen, damit die Fest­netz-Nutzer ins Internet kamen. Heute ist Glas­faser auf dem Vormarsch. Doch nicht überall, wo sie liegt, greifen Kunden auch zu.

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