Glasfaser: Neuer Netzbetreiber-Angriff auf die Routerfreiheit
Freie Glasfaser-Router sind den Netzbetreibern schon längere Zeit ein Dorn im Auge. Im Sommer eskalierten sie die Geschichte durch einen Antrag bei der BNetzA, mit dem sie bewirken wollten, dass die Behörde die umstrittene Definition des Netzabschlusspunkts in ihrem Sinne festlegt. Nach wie vor argumentieren die Netzbetreiber dahingehend, dass sie den Zugang am liebsten nur am optischen Netzabschluss (Optical Network Terminal, ONT) anbieten würden, weil nur so sichergestellt sei, dass die Netze vor störenden Netzabschlussgeräten (also den gängigen und frei verkäuflichen Modem/Router-Kombinationen) geschützt werden könnten.
Wirklich stichhaltige Beweise für echte Störungen waren die Netzbetreiber seinerzeit allerdings schuldig geblieben. Sie versprachen damals, nachträglich noch Beschreibungen tatsächlich aufgetretener technischer Störungen von Glasfasernetzen nachzuliefern. Das haben sie in der Zwischenzeit tatsächlich getan. Doch ob diese Dokumente nun wirklich stichhaltig die Position der Netzbetreiber untermauern können, bleibt weiterhin fraglich.
Netzbetreiber liefern "Problembeschreibungen"
Die Bundesnetzagentur hat das von den Netzbetreibern nachgelieferte Dokument nachträglich als Darstellung der Probleme auf ihrer Webseite veröffentlicht. Beim Lesen fragt man sich allerdings, ob wirklich alle der dort geschilderten Probleme tatsächlich allgemeiner Natur und nicht nur Einzelfälle sind und ob sie überhaupt mit der von den Netzbetreibern geschilderten Sache etwas zu tun haben.
Streit um Routerfreiheit bei Glasfaser
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teltarif.de hatte zu der ganzen Thematik bereits im Mai mit einem Experten der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz gesprochen, der sich tief in die Thematik eingearbeitet hat und nun auch eine Stellungnahme zum nachgelieferten Dokument der Netzbetreiber mit den vermeintlichen Problemen verfasst hat.
Verbraucherzentrale: Antrag ablehnen!
Die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz hat inzwischen von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, eine ausführliche Entgegnung zu den technischen Darlegungen der Netzbetreiber an die BNetzA zu senden. Das 23-seitige Dokument, das teltarif.de vorab vorlag, kommt dabei zu einem klaren Schluss: Die Netzbetreiber konnten keine empirischen Belege für die behaupteten Netzgefährdungen durch Endgeräte von Drittanbietern vorlegen. Die Vorteile für Verbraucher durch die Endgerätefreiheit überwiegen deutlich, insbesondere die Kosteneinsparungen und nachhaltigere Energie- und Geräteeinsparungen.
Aus Sicht der Verbraucherzentrale gebe es anbieterseitig auch "nur wenig Bereitschaft zu einem konstruktiven Austausch und zum Entgegenkommen". Der Antrag auf Erlass einer Allgemeinverfügung - wie von den Netzbetreibern gewünscht - ist aus Sicht der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz also nicht erforderlich und sollte abgelehnt werden. Dabei verweisen die Verbraucherschützer erneut auf die von der EU vorgegebene freie Endgerätewahl.
Keine Beweise geliefert
In ihrer 23-seitigen Stellungnahme weist die Verbraucherzentrale nochmals darauf hin, dass die von den Netzbetreibern geschilderten Fälle entweder Einzelfälle ohne allgemeine Bedeutung oder Altfälle waren, die längst behoben sind. Sie nennt auch Beispiele führender Glasfaser-Netzbetreiber, die "bereits erfolgreich Lösungen gefunden haben", damit Verbraucher "eigene Router mit integriertem Glasfasermodem (ONT) an ihren passiven Netzabschluss anschalten können".
Die Netzbetreiber wiederholen in ihren Anträgen gebetsmühlenartig den Vorwurf, dass sich Verbraucher möglicherweise "dubiose Geräte aus dubiosen Quellen" besorgen könnten, an ein OLT anschließen und Störungen verursachen könnten. Dazu sagt die Verbraucherzentrale: Die Anbieter hätten diese Behauptung ganz einfach beweisen können, indem sie sich absichtlich einige "dubiose Geräte aus dubiosen Quellen" besorgt hätten und im Labor an ein OLT angeschlossen hätten, um zu sehen, was dann passiert. Das haben sie aber nicht gemacht.
Der Testaufwand wäre nicht allzu groß gewesen und die Tests wären auch möglich gewesen, ohne dass Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse der Anbieter hätten preisgegeben werden müssen. Es fehlt also nach wie vor der Beweis, dass "unseriöse Geräte" zu erheblichen Problemen führen. Es dürfte auch in den allerwenigsten Fällen vorkommen, dass Kunden Router im Ausland bestellen - in den meisten Fällen dürften sie auf die Geräte eines bekannten deutschen Herstellers setzen.
Für die Verbraucherschützer erweckt die ganze eher fadenscheinige Argumentation der Netzbetreiber den Anschein, "als solle das eigene Mietroutergeschäft weiter ausgebaut werden".
Unglückliche Kommunikation
Den Verbraucherschützern ist außerdem in der vergangenen Zeit aufgefallen, dass die Netzbetreiber ihren Kunden anders als der Verbraucherzentrale antworten. In der Beratungspraxis der Verbraucherzentrale habe sich gezeigt, dass Netzbetreiber gegenüber Verbrauchern durchaus behaupten, dass das ONT zwingend vorgeschrieben sei. Nach einem Anschreiben durch die Verbraucherzentrale wird allerdings das Gegenteil behauptet und zugesichert, dass ein freier Router verwendet werden kann.
Einzelne Netzbetreiber, die dafür bereits abgemahnt wurden, haben inzwischen eine Unterlassungserklärung unterschrieben und in der Folge ihre Bestellprozesse deutlich transparenter gestaltet. Für die Verbraucherschützer passt es auch nicht zusammen, dass Netzbetreiber längst die freie Routerwahl erlauben, gleichzeitig aber in den Branchenverbänden Mitglied sind, die den Antrag auf Ausnahme von der Routerfreiheit gestellt haben.
"Laut Telekommunikationsgesetz endet die Zuständigkeit des Telekommunikationsanbieters am sogenannten passiven Netzabschlusspunkt", so Michael Gundall, Technikexperte der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. "Dies ist beim VDSL-Anschluss die Telefonbuchse, beim Kabelanschluss die Kabeldose und beim Glasfaseranschluss die Glasfaseranschlussdose."
Sollte es tatsächlich eine von der Bundesnetzagentur genehmigte Ausnahmeregelung geben, ist damit zu rechnen, dass diese seitens der Verbraucherzentrale auch durch entsprechende Verfahren wie einer Musterfeststellungsklage oder einer EU-Verbandsklage überprüft wird. Spätestens dann müssten die Anbieter bessere Nachweise für ihre Thesen vorlegen.
Viele Haushalte meinen, sie bräuchten derzeit keinen Glasfaseranschluss. Die Bagger sind dann weg und kommen so schnell nicht wieder. Und wenn doch, gibt es FTTH nicht mehr kostenlos. Dann wird es teuer.