Themenspezial: Verbraucher & Service BNetzA-Antrag

Netzbetreiber wollen freien Glasfaser-Router verbieten

Freie Glas­faser-Router sind den Netz­betrei­bern ein Dorn im Auge. Mit einem Antrag wollen sie nun bei der BNetzA bewirken, dass die Behörde die umstrit­tene Defi­nition des Netz­abschluss­punkts in ihrem Sinne fest­legt.
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Diskussion um Netzabschlusspunkt bei Glasfaser verschärft sich Diskussion um Netzabschlusspunkt bei Glasfaser verschärft sich
picture alliance/dpa
Freie Router­wahl für den Internet-Kunden, auch beim Glas­faser-Anschluss: Das ist ein von der EU verbrieftes Recht, gegen das die Netz­betreiber immer wieder Argu­mente suchen. Kurz gesagt argu­men­tieren die Netz­betreiber dahin­gehend, dass sie den Zugang nur am opti­schen Netz­abschluss (Optical Network Terminal, ONT) anbieten würden, weil nur so sicher­gestellt sei, dass die Netze vor störenden Netz­abschluss­geräten (also den gängigen Modem/Router-Kombi­nationen) geschützt werden könnten. Erst nach einem vom Netz­betreiber gestellten Glas­faser-Modem als ONT dürfe der Kunde dann seinen Router anschließen.

Den ganzen Hinter­grund der Geschichte haben wir in diesem Artikel ausführ­lich darge­stellt und dabei auch einen Experten der Verbraucher­zen­trale Rhein­land-Pfalz befragt, der in den Bemü­hungen der Netz­betreiber keinen tech­nischen Sinn erkennen kann. Vermut­lich geht es eher darum, dass die Netz­betreiber (wie teil­weise bei DSL- und vor allem bei TV-Kabel­anschlüssen) gerne weiterhin Miete für ihre eigenen Modem-Router-Kombi­nationen von den Kunden kassieren möchten, was bei einer völlig freien Router­wahl am Glas­faser­anschluss nicht mehr bei jedem Kunden möglich wäre.

Seiner­zeit haben wir auch bereits darüber berichtet, dass sich die Bundes­netz­agentur mit der Sache beschäf­tigt. Die Netz­betreiber haben über ihre Lobby-Verbände nun aller­dings die nächste Eska­lati­ons­stufe gezündet - und verlangen von der Bundes­netz­agentur, dass ihre Sicht der Dinge von der Behörde amtlich abge­segnet wird.

Verbände: Die BNetzA soll eine Allge­mein­ver­fügung erlassen

Im aktu­ellen Amts­blatt der Bundes­netz­agentur von Juli hat die Behörde einen Antrag veröf­fent­licht, den die Bran­chen­ver­bände Anga, Buglas, Breko, VKU und VATM, in denen viele Netz­betreiber zusam­men­geschlossen sind, an die BNetzA über­sandt haben.

Gene­rell bekräf­tigt die Bundes­netz­agentur noch­mals, dass gemäß § 73 Absatz 1 TKG der Zugang zu öffent­lichen Tele­kom­muni­kati­ons­netzen am passiven Netz­abschluss­punkt zu gewähren ist. Nach § 73 Absatz 2 TKG könne die Bundes­netz­agentur von diesem Grund­satz aber Ausnahmen durch eine Allge­mein­ver­fügung zulassen. Und eine derar­tige Allge­mein­ver­fügung über eine Ausnahme von der Regel fordern die Verbände offenbar von der BNetzA.

Diskussion um Netzabschlusspunkt bei Glasfaser verschärft sich Diskussion um Netzabschlusspunkt bei Glasfaser verschärft sich
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Die genannten Verbände haben im Juni 2022 übri­gens erst­mals bei der Bundes­netz­agentur eine Abän­derung der Defi­nition des Netz­abschluss­punktes für passive FTTH-Glas­faser­netze gefor­dert. Mehrere Nach­fragen der Bundes­netz­agentur hätten zu einer Ergän­zung des dama­ligen Schrift­satzes geführt. Im Juni 2023 haben die Verbände ihren Antrag daher nun mit einem ausführ­licheren Text noch­mals versucht zu begründen.

Zur Bekräf­tigung ihrer Posi­tion ihres Antrages haben die Netz­betreiber die Über­sen­dung von Beschrei­bungen aufge­tre­tener tech­nischer Störungen von Glas­faser­netzen in Aussicht gestellt, die ggf. getrennt davon später noch veröf­fent­licht werden. Und genau diese stets behaup­teten "tech­nischen Störungen" hatte der Experte von der Verbraucher­zen­trale Rhein­land-Pfalz teltarif.de gegen­über in Zweifel gezogen.

Das fordern die Breit­band-Verbände

Die Antrag­steller bean­tragen, dass die BNetzA in einer Allge­mein­ver­fügung fest­stellen soll, dass in Passiven Opti­schen Netzen (PON) der Netz­abschluss nach dem ONT und vor einem Router o. ä. zu verorten ist. Sollte das nicht möglich sein, solle behörd­lich fest­gestellt werden, dass in PON der Netz­abschluss in Anwen­dung des § 73 Abs. 2 TKG ausnahms­weise nach dem ONT und vor einem Router o. ä. zu verorten ist. Und falls auch das nicht möglich wäre, solle die Behörde wenigs­tens fest­stellen, dass in PON dieje­nigen Geräte zum Tele­kom­muni­kati­ons­netz gehören, die vor dem - aus Netz­sicht - ersten für den Inter­net­zugangs­dienst (per IP-Adresse) adres­sier- und iden­tifi­zier­baren Gerät liegen.

Mit ihrer abge­stuften Forde­rung rechnen die Verbände also even­tuell schon damit, dass ihre Maxi­mal­for­derung mögli­cher­weise mit euro­päi­schem Recht unver­einbar sein und deswegen abge­schmet­tert werden könnte. Sie haben daher der BNetzA gleich zwei Alter­nativ­vor­schläge über­mit­telt, die zwar alter­native Formu­lie­rungen darstellen, die für den Kunden letzt­end­lich faktisch aber dasselbe bedeuten: Nämlich dass er den Anschluss eines Glas­faser­modems durch den Netz­betreiber dulden muss und erst danach seinen eigenen Router betreiben kann.

Wie geht es weiter?

In einem 45 Seiten langen Doku­ment erör­tern die Verbände Beson­der­heiten von PON gegen­über VDSL oder Kabel, Fall­bei­spiele für Störungen und viele weitere Aspekte.

Inter­essant ist hierbei der über­raschend kurz ausge­fal­lene Abschnitt "Fall­bei­spiele für Störungen", in denen die Verbände keinen einzigen Fall einer konkreten Störung nennen, sondern darauf hinweisen, dass dies noch als "Anlage" nach­gelie­fert werden solle. Konkrete Praxis­fälle seien "nur schwer zu finden". Das liege daran, dass es sich bei den von Kunden gekauften freien Routern prin­zipiell fast immer um dieselben Geräte handele, die auch der Netz­betreiber im Sorti­ment habe. Damit demon­tieren die Netz­betreiber aber letzt­end­lich ihr eigenes Argu­ment, in freien Routern gebe es poten­ziell (unge­tes­tete) inkom­patible Imple­men­tationen, Firm­ware­mani­pula­tionen oder Program­mier­fehler der Router-Hersteller.

Laut der Bundes­netz­agentur erhalten die nach § 73 Absatz 2 Satz 3 TKG zu Betei­ligenden Gele­gen­heit, zu den Anträgen bis zum 15. September bei der Bundes­netz­agentur schrift­lich oder per E-Mail Stel­lung zu nehmen. Es ist zu erwarten, dass insbe­son­dere auch die Verbrau­cher­zen­tralen davon Gebrauch machen werden, die dann mögli­cher­weise im Gegenzug den Antrag der Verbände zurück­weisen und eine freie Router­wahl für die Verbrau­cher auch bei Glas­faser empfehlen werden.

Die Netz­betreiber wollten Beweise dafür liefern, dass es zu tech­nischen Störungen führt, wenn Glas­faser-Kunden einen freien Router benutzen dürfen. Die Verbraucher­zen­trale Rhein­land-Pfalz hat die Vorwürfe mitt­ler­weile geprüft.

Nicht nur in Deutsch­land, auch in anderen euro­päi­schen Ländern drang­salieren Internet-Provider ihre Kunden und behin­dern sie in der Verwen­dung eines freien Routers. Die Free Soft­ware Founda­tion pran­gert die Gänge­lungen an.

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