Themenspezial: Verbraucher & Service FSFE

Gegängelt: Europas Bürger bestehen auf Routerfreiheit

Nicht nur in Deutsch­land, auch in anderen euro­päi­schen Ländern drang­salieren Internet-Provider ihre Kunden und behin­dern sie in der Verwen­dung eines freien Routers. Die Free Soft­ware Founda­tion pran­gert die Gänge­lungen an.
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Routerfreiheit oft weiterhin ein Wunschtraum Routerfreiheit oft weiterhin ein Wunschtraum
Fotos: AVM/Netgear, Montage: teltarif.de
Obwohl die freie Router­wahl in Europa seit 2016 gesetz­lich garan­tiert ist, muss teltarif.de immer wieder über Fälle berichten, in denen diese einge­schränkt werden sollte. teltarif.de hat zu diesem Thema kürz­lich ein umfang­rei­ches Inter­view zur Router­frei­heit bei Glas­faser­anschlüssen geführt, in dem die vorgeb­lichen Argu­mente der Glas­faser-Netz­betreiber einer kriti­schen Beob­ach­tung unter­zogen wurden.

Nun hat sich auch die Free Soft­ware Founda­tion Europe (FSFE) mit dem Thema beschäf­tigt und die Ergeb­nisse einer Studie veröf­fent­licht.

FSFE befragte euro­päi­sche Verbrau­cher

Die von der Free Soft­ware Founda­tion Europe durch­geführte euro­paweite Umfrage hat Infor­mationen von mehr als 1600 Nutzern gesam­melt und mehrere Hinder­nisse für die Router-Frei­heit hervor­gehoben, wie z. B. mangelnde Wahl­frei­heit, Anbie­ter­bin­dung und die ausschließ­liche Werbung für Geräte mit proprie­tärer Soft­ware.

Die befragten Verbrau­cher aus ganz Europa hätten in der bislang umfas­sendsten Endbe­nut­zer­umfrage zur Frei­heit von Endge­räten ihre Erfah­rungen mit den Geschäfts­prak­tiken von Internet Service Provi­dern mitge­teilt und erneut die Forde­rung nach einer echten Router­frei­heit erhoben. Die Antworten würden zeigen, dass Netz­betreiber immer noch die Wahl­frei­heit der Verbrau­cher behin­dern, eine Bindung an vom Provider gestellte Geräte vorschreiben und proprie­täre Geräte fördern. Das würde sich negativ auf die Sicher­heit, die Privat­sphäre und den Daten­schutz auswirken.

Routerfreiheit oft weiterhin ein Wunschtraum Routerfreiheit oft weiterhin ein Wunschtraum
Fotos: AVM/Netgear, Montage: teltarif.de
Die jewei­lige natio­nale Umset­zung der EU-Richt­linie zur Endge­räte­frei­heit hat aus Sicht der Free Soft­ware Founda­tion zu einer Frag­men­tie­rung der digi­talen Märkte geführt, was sich negativ auf die Rechte der Endnutzer auswirken würde. Die Umfrage zeige, dass echte Router­frei­heit nicht nur ein tech­nisches Problem, sondern auch eine poli­tische Forde­rung sei. Mehr als 90 Prozent der Umfra­geteil­nehmer seien sich einig gewesen, dass die Frei­heit der Endge­räte der Schlüssel zu Netz­neu­tra­lität und offenem Internet, Sicher­heit und Daten­schutz, fairem Wett­bewerb und digi­taler Nach­hal­tig­keit sei.

Lucas Lasota, leitender Projekt­manager der FSFE, erklärte, das Ergebnis dieser Umfrage diene als wich­tige Erkenntnis für poli­tische Entschei­dungs­träger, die die Router­frei­heit regu­lieren, sowie für Verbrau­cher­orga­nisa­tionen, die die Rechte der Benutzer schützen und fördern. Von entschei­dender Bedeu­tung seien die gemel­deten Prak­tiken, die als Verstöße gegen die Router­frei­heit ange­sehen werden könnten.

Diese Einschrän­kungen bemän­geln die Bürger

Einschrän­kungen der Wahl­frei­heit: Einige Provider beschränken die Nutzer dabei, ihre Router, Modems und Glas­faser-Endge­räte (ONT) an das öffent­liche Netz­werk anzu­schließen. Dies sei verstärkt in Ländern zu beob­achten, in denen die Posi­tion des Network Termi­nation Point (NTP) nicht in einer für Endnutzer güns­tigen Konfi­gura­tion gere­gelt ist.

Starke Bindung an den Provider: Neben der Einschrän­kung der Wahl­frei­heit legen einige Provider auch andere Beschrän­kungen auf. Es werden beispiels­weise Wech­sel­kosten für Nutzer erhöht, Gebühren für die bereit­gestellte Ausrüs­tung erhoben und Bußgelder verhängt, wenn die Kunden ihre eigene Ausrüs­tung verwenden. Die (zu) starke Bindung an den Provider sei bei Glas­faser­ver­trägen (FTTH) und in Ländern, in denen die Router­frei­heit nicht regu­liert ist, deut­lich ausge­prägter.

Bereit­stel­lung proprie­tärer Geräte: Die von Internet-Provi­dern bereit­gestellten Router, Modems und Glas­faser­geräte (ONT) seien im Allge­meinen proprietär. Kunden könnten deren Firm­ware nicht einsehen oder ein alter­natives Betriebs­system instal­lieren. Dies sei insbe­son­dere bei FTTH-Verbin­dungen proble­matisch, da die Nutzer in den meisten Verträgen die von Provi­dern aufer­legten ONT nicht ändern können.

Sicher­heits­pro­bleme: Die fehlende Router­frei­heit habe nega­tive Folgen für die Netz­werk­sicher­heit. Einige Provider würden keine Sicher­heits­updates für ihre Geräte bereit­stellen. Wenn Verbrau­cher ihre eigenen Router nicht admi­nis­trieren könnten, seien sie stärker Sicher­heits­lücken ausge­setzt.

Rechts­wid­rige kommer­zielle und tech­nische Prak­tiken: Selbst wenn die Router­frei­heit gesetz­lich veran­kert sei, könnten Provider ihre Kunden daran hindern, ihre eigenen Router und Modems zu wählen und zu verwenden. Einige Provider würden den Austausch der Provider-eigenen Geräte erschweren, viel Zeit für die Bereit­stel­lung von Anmel­dedaten oder anderen Zugangs­daten benö­tigen, keinen tech­nischen Support für das Netz­werk anbieten oder Kunden, die persön­liche Router nutzen, mit Vertrags­kün­digungen oder Geld­strafen drohen.

Wer ist die Free Soft­ware Founda­tion Europe?

Die Free Soft­ware Founda­tion in Europa wurde 2001 gegründet und ist die Schwes­ter­orga­nisa­tion der gleich­namigen 1985 in den USA von Richard Stallman gegrün­deten Orga­nisa­tion. Der gemein­nüt­zige Verein will nach eigenen Angaben Menschen im selbst­bestimmten Umgang mit Technik unter­stützen. Die Verwen­dung freier Soft­ware ermög­licht nach dem Selbst­ver­ständnis des Vereins die Stär­kung anderer Grund­rechte wie die Rede­frei­heit, die Pres­sefrei­heit und das Recht auf Privat­sphäre.

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