Themenspezial: Verbraucher & Service Breitbandausbau

Glasfaserausbau: Beim zweiten Anlauf kann es teuer werden

Viele Haus­halte meinen, sie bräuchten derzeit keinen Glas­faser­anschluss. Die Bagger sind dann weg und kommen so schnell nicht wieder. Und wenn doch, gibt es FTTH nicht mehr kostenlos. Dann wird es teuer.
Von Marc Hankmann

Entscheidet sich ein Tele­kom­muni­kati­ons­unter­nehmen, in einer Stadt ein Glas­faser­netz zu errichten, dann macht es den Haus­halten in der Vorver­mark­tung häufig das Angebot, die Kosten für den Glas­faser­anschluss am und im Haus zu über­nehmen. Wird dann in der Vorver­mark­tung ein gewisser Prozent­satz an abge­schlos­senen Verträgen erreicht, rollen die Bagger an. Sie verlegen die Glas­faser in die Straßen (Netz­ebene 3) und schließen die Haus­halte mit Verträgen an („Homes connected“). Bei denen ohne Vertrag fehlt die Verbin­dung von der Straße zum Gebäude („Homes passed“). Das kann schwer­wie­gende Folgen haben.

Auf Bran­chen­ver­anstal­tungen wie den jüngst zu Ende gegan­genen Breit­band­kon­gress des Fach­ver­bands Rund­funk und BreitbandKommunikation (FRK) warnen Experten wie Wolf­gang Heer vor zu vielen „Homes passed“. „Die größte Bremse ist, dass wir auf der Netz­ebene 3 Löcher schaffen“, sagte der Geschäfts­führer des Bundes­ver­bands Glas­faser­anschluss (BUGLAS) auf dem FRK-Breit­band­kon­gress. „Die Häuser in diesen Löchern werden niemals in den nächsten Monaten ange­schlossen werden.“ Und wenn doch, wird es teuer.

BUGLAS-Geschäftsführer Wolfgang Heer (2. v. r.) warnte auf dem FRK-Breitbandkongress vor zu vielen "Homes passed", weil es sich für Netzbetreiber und Tiefbauer kaum lohne, die Lücken zum Hausanschluss zu schließen BUGLAS-Geschäftsführer Wolfgang Heer (2. v. r.) warnte auf dem FRK-Breitbandkongress vor zu vielen "Homes passed", weil es sich für Netzbetreiber und Tiefbauer kaum lohne, die Lücken zum Hausanschluss zu schließen
Foto: Marc Hankmann
Ein Beispiel dafür liefert der nieder­säch­sische Netz­betreiber htp in Hemmingen bei Hannover. In den Orts­teilen Hiddes­torf, Ohlen­dorf und Harken­bleck ist das Glas­faser­netz bereits in Betrieb. Hier beginnt htp im Oktober 2023 mit der Netz­ver­dich­tung. Wer beim Erst­ausbau keinen Glas­faser­anschluss beauf­tragt hat, erhält also eine zweite Chance. Aller­dings fallen jetzt 1975 Euro für die Verle­gung der Glas­faser bis ins Haus (FTTH) an. Auch in Breden­beck und der Wennigser Mark, zwei Orts­teile der Gemeinde Wennigsen (Deister), baut htp das Netz weiter aus. Aber auch hier ist der Haus­anschluss nicht mehr kostenlos, sondern schlägt eben­falls mit 1975 Euro zu Buche.

Gelebter Open Access durch West­con­nect

Hinzu kommt, dass die monat­lichen Kosten für einen Inter­net­tarif über einen Glas­faser­anschluss höher liegen als bei einem Anschluss über DSL oder das TV-Kabel­netz. Abhilfe könnte hier mehr Wett­bewerb auf den Glas­faser­netzen schaffen, also wenn mehr als ein Unter­nehmen Inter­net­tarife anbietet. 1&1 ist für diesen Wett­bewerb ange­treten und nutzt bereits die Glas­faser­netze einiger Betreiber – und demnächst auch von West­con­nect. Das Gemein­schafts­unter­nehmen von E.ON und dem Investor Igneo Infra­struc­ture Part­ners bietet mit E.ON High­speed eigene Inter­net­tarife an und gewährt 1&1 nun Zugang zu den eigenen FTTH-Netzen.

Anders­herum tritt West­con­nect selbst als Nutzer fremder Glas­faser­netze auf. In Essen-Stadt­wald baut die Deut­sche Giga Access ein Glas­faser­netz, auf dem West­con­nect Inter­net­zugänge anbieten wird. Und natür­lich führt West­con­nect in einigen Städten wie etwa Sinzig, Dorsten, Hagen oder Bönen Vorver­mark­tungen für den Glas­faser­ausbau durch – inklu­sive Kosten­über­nahme für den Haus­anschluss.

Zum Start des Glasfaserausbaus in Essen-Stadtwald kamen Vertreter des ausbauenden Unternehmens, von der Deutschen Giga Access (DGA) sowie von E.ON und Westconnect zusammen. Westconnect wird auf dem Netz der  DGA eigene Internetzugänge vermarkten. Zum Start des Glasfaserausbaus in Essen-Stadtwald kamen Vertreter des ausbauenden Unternehmens, von der Deutschen Giga Access (DGA) sowie von E.ON und Westconnect zusammen. Westconnect wird auf dem Netz der DGA eigene Internetzugänge vermarkten.
Foto: Westconnect
Auch die Glas­faser Nord­west über­nimmt im Rahmen der Vorver­mark­tung die Anschluss­kosten für die Glas­faser. In Pader­born erwei­tert das Joint Venture von Deut­scher Telekom und dem Ener­gie­ver­sorger EWE nun das Ausbau­gebiet. Es kommt der Stadt­teil Wewer hinzu.

Dadurch steigt das Ausbau­volumen auf knapp 30.000 FTTH-Anschlüsse. In Bremen nimmt Glas­faser Nord­west den Stadt­teil Burg­damm West und damit rund 3100 Haus­halte mit hinzu. Die Vermark­tung startet Anfang November 2023. In der Hanse­stadt hat Glas­faser Nord­west bereits 50.000 FTTH-Anschlüsse gebaut.

Den Paderborner Stadtteil Wewer will Glasfaser Nordwest flächendeckend mit FTTH erschließen Den Paderborner Stadtteil Wewer will Glasfaser Nordwest flächendeckend mit FTTH erschließen
Grafik: Glasfaser Nordwest
Die Chance auf einen kosten­losen Haus­anschluss erhalten darüber hinaus nun auch die Einwohner von Aalen, Schorn­dorf und Schwä­bisch Gmünd. In den drei Städten will die TNG Stadt­netz Glas­faser­netze errichten. Dafür hat das Kieler Unter­nehmen die sdt.net AG mitsamt der rund 12.000 Kunden­ver­träge über­nommen.

Gute Neuig­keiten gibt es auch für die Einwohner im baden-würt­tem­ber­gischen Forbach. Am 31. August erfolgte der offi­zielle Spaten­stich für den Glas­faser­ausbau durch Unsere Grüne Glas­faser (UGG), nachdem die Gemeinde ein drei­viertel Jahr vergeb­lich versuchte, Infor­mationen zum Glas­faser­ausbau von der UGG zu bekommen. Die gelobte inzwi­schen Besse­rung und ließ nun mit dem Spaten­stich auch Taten folgen.

Mehr zum Thema Glasfaser