Glasfaserausbau: Beim zweiten Anlauf kann es teuer werden
Entscheidet sich ein Telekommunikationsunternehmen, in einer Stadt ein Glasfasernetz zu errichten, dann macht es den Haushalten in der Vorvermarktung häufig das Angebot, die Kosten für den Glasfaseranschluss am und im Haus zu übernehmen. Wird dann in der Vorvermarktung ein gewisser Prozentsatz an abgeschlossenen Verträgen erreicht, rollen die Bagger an. Sie verlegen die Glasfaser in die Straßen (Netzebene 3) und schließen die Haushalte mit Verträgen an („Homes connected“). Bei denen ohne Vertrag fehlt die Verbindung von der Straße zum Gebäude („Homes passed“). Das kann schwerwiegende Folgen haben.
Auf Branchenveranstaltungen wie den jüngst zu Ende gegangenen Breitbandkongress des Fachverbands Rundfunk und BreitbandKommunikation (FRK) warnen Experten wie Wolfgang Heer vor zu vielen „Homes passed“. „Die größte Bremse ist, dass wir auf der Netzebene 3 Löcher schaffen“, sagte der Geschäftsführer des Bundesverbands Glasfaseranschluss (BUGLAS) auf dem FRK-Breitbandkongress. „Die Häuser in diesen Löchern werden niemals in den nächsten Monaten angeschlossen werden.“ Und wenn doch, wird es teuer.
BUGLAS-Geschäftsführer Wolfgang Heer (2. v. r.) warnte auf dem FRK-Breitbandkongress vor zu vielen "Homes passed", weil es sich für Netzbetreiber und Tiefbauer kaum lohne, die Lücken zum Hausanschluss zu schließen
Foto: Marc Hankmann
Ein Beispiel dafür liefert der niedersächsische Netzbetreiber htp in Hemmingen bei Hannover. In den Ortsteilen Hiddestorf, Ohlendorf und Harkenbleck ist das Glasfasernetz bereits in Betrieb. Hier beginnt htp im Oktober 2023 mit der Netzverdichtung. Wer beim Erstausbau keinen Glasfaseranschluss beauftragt hat, erhält also eine zweite Chance. Allerdings fallen jetzt 1975 Euro für die Verlegung der Glasfaser bis ins Haus (FTTH) an. Auch in Bredenbeck und der Wennigser Mark, zwei Ortsteile der Gemeinde Wennigsen (Deister), baut htp das Netz weiter aus. Aber auch hier ist der Hausanschluss nicht mehr kostenlos, sondern schlägt ebenfalls mit 1975 Euro zu Buche.
Gelebter Open Access durch Westconnect
Hinzu kommt, dass die monatlichen Kosten für einen Internettarif über einen Glasfaseranschluss höher liegen als bei einem Anschluss über DSL oder das TV-Kabelnetz. Abhilfe könnte hier mehr Wettbewerb auf den Glasfasernetzen schaffen, also wenn mehr als ein Unternehmen Internettarife anbietet. 1&1 ist für diesen Wettbewerb angetreten und nutzt bereits die Glasfasernetze einiger Betreiber – und demnächst auch von Westconnect. Das Gemeinschaftsunternehmen von E.ON und dem Investor Igneo Infrastructure Partners bietet mit E.ON Highspeed eigene Internettarife an und gewährt 1&1 nun Zugang zu den eigenen FTTH-Netzen.
Andersherum tritt Westconnect selbst als Nutzer fremder Glasfasernetze auf. In Essen-Stadtwald baut die Deutsche Giga Access ein Glasfasernetz, auf dem Westconnect Internetzugänge anbieten wird. Und natürlich führt Westconnect in einigen Städten wie etwa Sinzig, Dorsten, Hagen oder Bönen Vorvermarktungen für den Glasfaserausbau durch – inklusive Kostenübernahme für den Hausanschluss.
Zum Start des Glasfaserausbaus in Essen-Stadtwald kamen Vertreter des ausbauenden Unternehmens, von der Deutschen Giga Access (DGA) sowie von E.ON und Westconnect zusammen. Westconnect wird auf dem Netz der DGA eigene Internetzugänge vermarkten.
Foto: Westconnect
Auch die Glasfaser Nordwest übernimmt im Rahmen der Vorvermarktung die Anschlusskosten für die Glasfaser. In Paderborn erweitert das Joint Venture von Deutscher Telekom und dem Energieversorger EWE nun das Ausbaugebiet. Es kommt der Stadtteil Wewer hinzu.
Dadurch steigt das Ausbauvolumen auf knapp 30.000 FTTH-Anschlüsse. In Bremen nimmt Glasfaser Nordwest den Stadtteil Burgdamm West und damit rund 3100 Haushalte mit hinzu. Die Vermarktung startet Anfang November 2023. In der Hansestadt hat Glasfaser Nordwest bereits 50.000 FTTH-Anschlüsse gebaut.
Den Paderborner Stadtteil Wewer will Glasfaser Nordwest flächendeckend mit FTTH erschließen
Grafik: Glasfaser Nordwest
Die Chance auf einen kostenlosen Hausanschluss erhalten darüber hinaus nun auch die Einwohner von Aalen, Schorndorf und Schwäbisch Gmünd. In den drei Städten will die TNG Stadtnetz Glasfasernetze errichten. Dafür hat das Kieler Unternehmen die sdt.net AG mitsamt der rund 12.000 Kundenverträge übernommen.
Gute Neuigkeiten gibt es auch für die Einwohner im baden-württembergischen Forbach. Am 31. August erfolgte der offizielle Spatenstich für den Glasfaserausbau durch Unsere Grüne Glasfaser (UGG), nachdem die Gemeinde ein dreiviertel Jahr vergeblich versuchte, Informationen zum Glasfaserausbau von der UGG zu bekommen. Die gelobte inzwischen Besserung und ließ nun mit dem Spatenstich auch Taten folgen.