SIM-Rücksendung für Guthabenerstattung rechtswidrig
mobilcom-debitel gekündigt: SIM-Rücksendung ist rechtswidrig
Bild: mobilcom-debitel
Wenn ein Prepaid-Nutzer seinen Vertrag kündigt, ist es vorgeschrieben, dass er vom Provider das Restguthaben erstattet bekommt. Doch darf der Provider die Erstattung des Guthabens an gewisse Bedingungen knüpfen? mobilcom-debitel tat dies in seinen AGB. Das LG Kiel hat dem nun einen Riegel vorgeschoben.
Geklagt hatte ein Verbraucherschutzverband, nachdem eine ehemalige Kundin von mobilcom-debitel sich beschwert und ihren Fall geschildert hatte. Im August 2012 wurde die Prepaid-Karte der Kundin wegen Nichtnutzung gekündigt. Für die Erstattung des Restguthabens forderte der Provider die Kundin auf, ein Formular vollständig auszufüllen. Darauf musste die Kundin das Restguthaben sowie das Datum der Abschaltung angeben. In dem Formular wird auf der zweiten Seite darauf hingewiesen, dass bei fehlerhaften oder fehlenden Angaben eine Auszahlung nicht möglich sei. Außerdem werden die Kunden dazu aufgefordert, die Original-SIM-Karte sowie eine Kopie des Personalausweises mitzuschicken.
mobilcom-debitel hielt eigene Praxis für gesetzeskonform
mobilcom-debitel gekündigt: SIM-Rücksendung ist rechtswidrig
Bild: mobilcom-debitel
Allerdings sind nach der Kündigung des Mobilfunkvertrages und nach der Deaktivierung der SIM-Karte das Datum der Sperre und das Restguthaben für den Kunden nicht mehr einsehbar, heißt es in dem bei Dr. Bahr wiedergegebenen Urteil vom 19. Mai 2015 unter dem Az. 8 O 128/13. Im Juni 2013 hat der Verbraucherverband mobilcom-debitel wegen dieser Sache erfolglos abgemahnt.
mobilcom-debitel argumentierte im Verlauf des nun folgenden Verfahrens, die Verwendung des Formulars für die Auszahlung eines Prepaid-Guthabens sei gesetzeskonform. Die Verwendung von Formularen sei im Geschäftsverkehr üblich und hier zur Dokumentation für die erfolgten Buchungen sowie zur Vermeidung von Missverständnissen und einen Missbrauch bzw. einer Fehlüberweisung geboten.
mobilcom-debitel habe "ein berechtigtes Interesse an der Rücksendung der Original SIM-Karte", um sich vor einem "Missbrauch der Karte trotz erfolgter Deaktivierung" zu schützen. Außerdem sei mobilcom-debitel aufgrund vertraglicher Absprachen mit den Netzbetreibern diesen gegenüber verpflichtet, "die SIM-Karte von ihren Kunden wieder einzuziehen". Die angeforderte Kopie des Personalausweises "sei geboten, um die Identität des Anspruchstellers zu prüfen und einen Missbrauch zu vermeiden".
Urteil: Restguthaben muss ohne Hindernisse erstattet werden
Das Gericht entschied allerdings: "Es ist rechtswidrig, die Erstattung von Restguthaben von Prepaidkarten im Mobilfunkbereich bewusst zu erschweren, z.B. wenn [...] verlangt wird, dass der Verbraucher die Original-SIM-Karte zurückzusenden hat oder die Kopie des Personalausweises eingefordert wird."
In seiner Begründung schrieb das LG Kiel: "Dem Verbraucher steht nämlich grundsätzlich nach Kündigung des Mobilfunkvertrages wegen Nichtnutzung ein Anspruch aus § 812 BGB auf Rückzahlung des nicht verbrauchten Restguthabens gegenüber der Beklagten zu. Durch die mit dem beanstandeten Formular von dem Verbraucher verlangte Verknüpfung des Auszahlungsanspruches mit der Angabe bestimmter Daten sowie der Übersendung der Original SIM-Karie und einer Kopie des Personalausweises wird der Verbraucher unangemessen im Sinne des § 307 BGB benachteiligt und hierdurch in seiner Entscheidungs- und Verhaltensfreiheit beeinträchtigt. Es besteht die Gefahr, dass der Verbraucher aufgrund der geforderten weiteren Angaben bzw. Handlungen, die nach dem Wortlaut des Formulars Voraussetzung für die Auszahlung des Restguthabens sind, davon absieht, seinen berechtigten Anspruch gegenüber der Beklagten zu verfolgen."
mobilcom-debitel habe auch die behauptete vertragliche Verpflichtung gegenüber den Netzbetreibern auf Rückforderung der SIM-Karte von den Kunden nicht unter Beweis gestellt. Es sei danach nicht erkennbar, welches Interesse mobilcom-debitel an einer deaktivierten SIM-Karte hat. Der Verbraucher habe auf der SIM unter Umständen aber persönliche Daten wie z. B. Kontaktdaten oder ähnliches gespeichert. Nach Auffassung des Gerichts ist es einsichtig, dass der Verbraucher ein Interesse daran hat, dass auf der SIM-Karte gespeicherte, sensible Daten nicht in die Hände Dritter gelangen.
Ende März gab es ein ähnliches Urteil zum umstrittenen SIM-Karten-Pfand.