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Neues o2-Banking: Mut- & Gedulds­probe

Der pünkt­liche Start des neuen o2-Banking-Ange­botes könnte für Kunden, die bisher nur das o2-Fidor-Konto hatten, zum nerven­auf­rei­benden Last-Minute-Rennen werden.
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Wer sich für das neue o2 Banking interessiert, muss die o2 Banking App von Comdirect laden und installieren. (Google Play Store) Wer sich für das neue o2 Banking interessiert, muss die o2 Banking App von Comdirect laden und installieren. (Google Play Store)
Screenshot: Henning Gajek / teltarif.de
Noto­ri­sche Skep­tiker waren verblüfft: o2 hat mit seiner Ankün­di­gung, heute die App für das "neue" o2-Banking bereit­zu­stellen, Wort gehalten. Sowohl für iOS (Apple), als auch Android (Google) steht die App zum Down­load zur Verfü­gung.

Wer ein neues Huawei-Handy ohne offi­zi­ellen Google-Play-Store verwenden möchte, dürfte Probleme haben. Zwar könnte es gelingen, die notwen­dige APK-Instal­la­ti­ons­datei auf Umwegen auf das Handy zu bekommen, ob dann aber alle Sicher­heits­funk­tionen einen (sicheren) Betrieb der Banking-App erlauben, ist unklar. Das ist natür­lich kein o2-spezi­fi­sches Problem, sondern trifft gene­rell auf app-gesteu­erte Online-Banken (z.B. N26) zu.

Rich­tige App laden!

Wer sich für das neue o2 Banking interessiert, muss die o2 Banking App von Comdirect laden und installieren. (Google Play Store) Wer sich für das neue o2 Banking interessiert, muss die o2 Banking App von Comdirect laden und installieren. (Google Play Store)
Screenshot: Henning Gajek / teltarif.de
Im iTunes-App-Store wird sogar die App "o2 Banking neu" [Link entfernt] genannt, bei Google Play gibt es zwei o2 Banking-Apps, die "neue" (rich­tige) hat unten ein rotes Bänd­chen [Link entfernt] am Icon.

Wer sich die App instal­liert, muss erst ein eigenes App-Kenn­wort fest­legen und wird dann auf eine Eingabe-Maske geführt, wo die übli­chen persön­li­chen Daten abge­fragt werden. Nach der Angabe aller notwen­digen Daten kommt eine E-Mail zur Bestä­ti­gung der genannten E-Mail-Adresse. Dann folgt eine Mail mit den Unter­lagen, die man fürs Post-Ident braucht. Dazu sollte daheim ein PC mit Drucker vorhanden sein. Falls nicht, die Post(bank)filiale kann auch ohne Drucker klar kommen, freund­lich bleiben.

Bei iOS wird auf die "neue" Version gut hingewiesen. Bei iOS wird auf die "neue" Version gut hingewiesen.
Screenshot: Henning Gajek / teltarif.de
Die Unter­lagen des Post-Ident-Verfah­rens, müssen persön­lich bei einer Post(bank)-Filiale vorge­legt werden. Der Mitar­beiter prüft dann den Pass oder Perso­nal­aus­weis und das Ident­for­mular und schickt das per Brief­post an ein Abwick­lungs­zen­trum von comdi­rect. Problem dabei: Nicht jede örtliche Post­stelle kann Ident­prü­fungen durch­führen. Dazu ist ein Besuch in einer Post(bank)-Filiale (echte Filialen der Deut­schen Post gibt es aus Kosten­gründen längst nicht mehr) notwendig, die sich meist nur noch in der nächsten größeren Stadt befindet. Personen, die Bedenken wegen der aktu­ellen Corona-Lage haben, werden hier schon gewaltig ausge­bremst.

Video-Chat kommt erst später

Das eigent­lich prak­ti­schere Verfahren per Video-Chat steht für die Kunden des neuen o2-Banking derzeit noch nicht zur Verfü­gung, es soll ab "Herbst" soweit sein. Weniger schön, aber verschmerzbar: Die ersten o2-Banking-Kunden sollen erst einmal eine "normale" comdi­rect Bank­karte bekommen, erst später soll es eine Karte mit dem o2-Logo geben.

Im Gegen­satz zu o2-Fidor wird das neue Konto bei der Schufa gemeldet. Kandi­daten mit schwie­riger Bonität könnten also durchaus abge­lehnt werden. Kunden, die früher schon einmal ein comdi­rect-Konto hatten, können das nach 6 Monaten neu bekommen, könnten aber auch abge­lehnt werden, konkrete Gründe erfährt man nicht.

Giro­card mit V-Pay

So wäre zunächst das Design der o2-Comdirect Debitcard mit V-Pay zu vermuten. So wäre zunächst das Design der o2-Comdirect Debitcard mit V-Pay zu vermuten.
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Die ausge­ge­bene Giro­card wird mit V-Pay gekop­pelt sein, dem Debit-Karten-System der Visa/Santander-Bank. In bestimmten Ländern werden aber weder Giro­card noch V-Pay akzep­tiert, da braucht man eine Maestro-Karte, die oft das "EC" Logo trägt und heute eine Marke der Master­card ist. Nur im volks­tüm­li­chen Sprach­ge­brauch wird unter "EC-Karte" nach wie vor die heutige "Giro­card" verstanden. Die Giro­card der Comdi­rect wird das kosten­lose Geld­ab­heben nur an Bank­au­to­maten der "Cash-Group" (ein Banken­ver­bund) und im Euro-Währungs­raum erlauben, aber mögli­cher­weise verlangen andere Auto­ma­ten­auf­steller extra Geld pro Abhe­bung, das muss aber vor der eigent­li­chen Abhe­bung ange­zeigt werden. Bei o2-Fidor war das an allen Banken für den Kunden kostenlos.

Schwa­cher Trost: Lang­fristig dürfte die Giro­card komplett verschwinden, weil erste deut­sche Banken aufge­geben haben und nun eine Debit-Karte mit Master­card-Logo als Stan­dard-Bank-Karte ausgeben wollen. Die wären dann relativ einfach mit Apple-Pay und Google-Pay nutzbar, aber soweit sind wir noch nicht.

Echte Kredit­karte auf Wunsch

So könnte die neue Visa-Card für o2-Comdirect Kunden zunächst aussehen. So könnte die neue Visa-Card für o2-Comdirect Kunden zunächst aussehen.
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Neben der comdi­rect-Giro­card wird es bei o2-Banking auf Wunsch eine "echte" Visa-Kredit­karte geben, die über ein Unter­konto von comdi­rect reali­siert wird und bei der Schufa gemeldet wird. Offenbar ist keine Master­card-Kredit­karte möglich. Es kann Situa­tionen geben, wo Master­card funk­tio­niert, Visa aber nicht (und umge­kehrt), aber diese sollten heute selten sein. Geld abheben mit der Visa-Karte im Inland und in Euro-Währungs­län­dern ist mit zackigen Gebühren (9,90 Euro pro Abhe­bung) belastet sein. Ausser­halb (z.B. in der Schweiz oder Nicht-Euro-Ländern kostet das Abheben nichts extra, sofern der Auto­ma­ten­auf­steller nicht doch noch die Hand aufhält. Das ging mit der blauen o2-Fidor-Karte viel einfa­cher. Aufpassen: Eine echte Kredit­karte sammelt alle Umsätze und rechnet nur einmal im Monat ab. Das ist wichtig, wenn man seine Finanzen nur schwierig über­bli­cken kann.

Erfah­rungen mit "comdi­rect"?

Schau man sich die Erfah­rungen mit comdi­rect in einschlä­gigen Foren durch, liest man stark gemischte Schil­de­rungen. Diese reichen von "alles problemlos, hoch zufrieden, Hotline ist freund­lich und hilfs­be­reit" bis hin zu auffal­lend vielen Klagen über "über­ra­schende" Kündi­gungen "ohne Angaben von Gründen". Mitunter sei die Hotline schwer erreichbar, lege auch mal unver­mit­telt auf oder verweise auf den E-Mail Kontakt.

Selbst auf hart­nä­ckige Nach­fragen sei nie klar erklärt worden, warum eine Kündi­gung erfolgt sei. Aus den Puzzle­teilen im Netz geht dann hervor, dass es wohl schon reicht, größere Summen aus dem Ausland zu bekommen (beispiels­weise wenn der Konto­in­haber im Ausland arbeitet und von dort sein Gehalt bekommt) oder wenn man via eBay etwas ins Ausland, mögli­cher­weise gar noch ins Nicht-EU-Ausland verkauft hat.

Sollte gar die eigene Konto­nummer (unver­schuldet) in einem Betrugs­fall als mögli­cher­weise betroffen genannt werden, gilt die "auto­ma­ti­sche" Kündi­gung als hoch­wahr­schein­lich.

Rück­fragen der Bank unbe­dingt beant­worten

Wenn die Bank eine Nach­frage zur Herkunft von einge­henden Geldern stellt, sollte man sofort reagieren und muss trotzdem damit rechnen, dass die Antwort bei der Bank nicht oder nicht an der rich­tigen Stelle eingeht, die Folge ist mögli­cher­weise eine Kündi­gung? Eine Meldung an die BAFIN (Banken­auf­sicht) kann viel­leicht helfen, sicher ist das aber nicht. Über­ra­schende Kündi­gungen scheinen aber kein spezi­elles Problem von comdi­rect zu sein, sie können auch bei anderen Neo-Banken (wie z.B. N26) auftreten.

Die AGB geben der Bank Recht, sie kann ohne Angaben von Gründen einfach kündigen. Da die Bank den Kunden ja persön­lich gar nicht kennt, ist sie nur auf Infor­ma­tionen aus Daten­banken ange­wiesen, deren Inhalte stimmen aber auch unvoll­ständig oder gar fehler­haft sein können. Der Kunde bekommt davon meis­tens gar nichts mit und hat den Ärger.

Da bekommt die Fili­al­bank mit persön­li­chem Berater vor Ort eine ganz neue Qualität, sofern es sie noch gibt und der Berater nicht perma­nent wech­selt.

Warte­zeit 3 Wochen? Könnte eng werden

Wer heute ein o2-comdi­rect-Konto bestellt, sollte laut den FAQs von o2-Banking bis zu 3 Wochen warten müssen, bis klar ist, ob das Konto "geneh­migt" wird und die Bank­karte eintrifft. Wenn dann das neue Konto abge­lehnt würde, sollte eine örtliche Fili­al­bank in Augen­schein genommen werden. So oder so: Wenn erst noch alle Dauer­auf­träge umge­stellt werden müssen, könnte die Frist bis zur defi­ni­tiven Schlie­ßung von o2-Fidor schon sehr eng werden.

Laut unbe­stä­tigten Bran­chen­ge­rüchten soll o2-Banking (by Fidor) etwa 70.000 Kunden über­zeugt haben. Wie viele davon den Wechsel zum neuen o2-Banking durch­ziehen werden, kann nur speku­liert werden. In Foren wird über eine Wech­sel­quote von höchs­tens 50 Prozent speku­liert.

Haben Sie den Wechsel von o2-Banking von Fidor zu o2-Banking bei comdi­rect ange­stoßen? Wie ist es Ihnen ergangen? Berichten Sie uns im Forum.

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