Rundfunk

Regional & non-linear: rbb krempelt vieles um

Der durch Krisen gebeu­telte Rund­funk Berlin-Bran­den­burg (rbb) steht vor einer kompletten Neuaus­rich­tung. Ist das der große Wurf, der stell­ver­tre­tend für die gesamte Reform der Öffent­lich-Recht­lichen stehen kann?
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Der von Krisen gebeu­telte Rund­funk Berlin-Bran­den­burg (rbb) stellt sich für die Zukunft neu auf. In gemein­samer Anstren­gung aller Direk­tionen und Haupt­abtei­lungen sei es der ARD-Anstalt laut eigenen Angaben gelungen, die Ausgaben bis zum Ende der laufenden Beitrags­periode wieder den Einnahmen anzu­passen, so die ARD-Anstalt. Dazu sei, wie im November 2022 ange­kün­digt, eine deut­liche Reduk­tion der Ausgaben unum­gäng­lich.

Die Spar­maß­nahmen umfassen rund 49 Millionen Euro. Die Notwen­dig­keit ergab sich aus der Miss­wirt­schaft der vergan­genen Jahre. So wurden Mehr­erträge aus dem Rund­funk­bei­trag nicht – wie von der KEF (Kommis­sion zur Ermitt­lung des Finanz­bedarfs) gefor­dert – bis zum Ende der aktu­ellen Beitrags­periode zurück­gelegt, sondern flossen in den laufenden Haus­halt. Dadurch müssen bis Ende 2024 rund 41 Millionen Euro wieder aus der Planung heraus­genommen werden. Hinzu kommen weitere, gut 8 Millionen Euro, die für 2023 und 2024 zwar als Einspar­ziel durch die ehema­lige Geschäfts­lei­tung zwar vorge­sehen, aber nicht mit Maßnahmen unter­legt waren.

Der rbb vor komplettem Neustart Der rbb vor komplettem Neustart
Foto: Monika Skolimowska / picture alliance / dpa
Ziel des nun entwi­ckelten Maßnah­men­pakets sei es, unge­achtet der ange­spannten Finanz­lage alle stra­tegi­schen Voraus­set­zungen zu schaffen, um das regio­nale Profil des rbb in Fern­sehen, Radio und Online zu schärfen.

Die Maßnahmen im Einzelnen

Die Programm­direk­tion als Takt­geber im rbb senkt ihre Ausgaben gegen­über der bishe­rigen Planung in diesem und im nächsten Jahr um insge­samt 21 Millionen Euro. Beim Fern­sehen will sich der rbb auf das Programm zwischen 18 und 22 Uhr konzen­trieren. Die Nach­richten-Flagg­schiffe rbb24 Abend­schau und rbb24 Bran­den­burg aktuell wolle man dabei weiter pflegen.

Sicht­bare Auswir­kungen soll ein von 2024 an geltendes neues Programm­schema nach sich ziehen. Stra­tegisch folgt es der Idee, die Vergan­gen­heit, Gegen­wart und Zukunft in Berlin und Bran­den­burg sowohl mit tradi­tio­nellen als auch modernen Erzähl­weisen abzu­bilden. Fester Bestand­teil sollen Themen­tage und dialog­ori­entierte Sendungen, aber auch Über­nahmen aus den Ange­boten der ARD sein. In den zuschau­erschwä­cheren Zeiten nach 22 Uhr werde der Programm­auf­wand mini­miert.

Im Digi­talen konzen­triert sich die Programm­direk­tion auf weniger, dafür quali­tativ hoch­wer­tige Ange­bote, mit denen auch jene Beitrags­zah­lerinnen und Beitrags­zahler erreicht werden, die den rbb bisher kaum nutzen. Erheb­liche Einspa­rungen ergeben sich darüber hinaus bei fiktio­nalen Produk­tionen.

Nicht weiter aus eigener Kraft leisten kann sich der rbb die weitere Finan­zie­rung des ARD Mittags­maga­zins im Ersten. Da der ARD die Koope­ration mit dem ZDF sehr wichtig ist, werde es über die Fort­füh­rung Gespräche zwischen ARD und ZDF geben.

Von den Umschich­tungen profi­tieren werden neben rbb24 Digital die Ange­bote des rbb in der Media­thek, Audio­thek und auf Dritt­platt­formen. Programm­ange­bote werden künftig primär für die non-lineare Nutzung produ­ziert. Verstärkt wird zudem die regio­nale Bericht­erstat­tung aus Bran­den­burg. So werde die jour­nalis­tische Präsenz im west­lichen Teil des Bundes­landes hörbar, sichtbar und spürbar inten­siviert.

Auch die Kosten für Bereiche wie Produk­tion, Betriebs­direk­tion, Verwal­tung und Personal würden zusam­men­gestri­chen. Gespart werde dabei auch an der Spitze des Senders. Inten­dantin Katrin Vernau kündigte an, die Geschäfts­lei­tung von derzeit vier auf zwei Direk­tionen zu verklei­nern.

Eine Einschät­zung (von Michael Fuhr)

Der rbb unter­nimmt nach Jahren der Miss­wirt­schaft folge­rich­tige Schritte, um den Sender sowohl schlanker als auch moderner zu machen, und könnte damit auch Vorbild für andere Reform­vor­haben inner­halb der ARD sein.

Richtig ist, dass man sich auf das konzen­trieren und dies sogar ausbauen möchte, was gene­rell primäre Aufgabe der Öffent­lich-Recht­lichen sein sollte: Regio­nale Bericht­erstat­tung. Dass die ARD-Anstalt umge­kehrt im fiktio­nalen Bereich sparen will, ist ebenso folge­richtig. Zwar heben sich viele Serien und Spiel­filme der Öffent­lich-Recht­lichen oft noch von denen der privaten Konkur­renz ab, die ARD hat es jedoch bereits geschafft, auch erfolg­reiche Produk­tionen zusammen mit kommer­ziellen Part­nern zu entwi­ckeln. Zudem gibt es im Strea­ming inzwi­schen ein Über­angebot, in dem Menschen auch anspruchs­volle und hoch­karä­tige Filme von unab­hän­gigen Filme­machern finden. Da ist man nicht mehr unbe­dingt auf Produk­tionen der Öffent­lich-Recht­lichen ange­wiesen.

Dass der rbb Programm­ange­bote künftig primär für die non-lineare Nutzung produ­zieren möchte, ist zeit­gemäß und richtig, denn Zeit-souve­ränes Fern­sehen wird das lineare Programm immer weiter ersetzen. Der rbb sorgt mit seinen Kürzungs­plänen aber auch für Kritik, und die ist berech­tigt. Der Sender will nicht nur die Talk­sen­dung "Studio Orange" mit Sophie Pass­mann und eine Sendung mit Dieter Nuhr strei­chen, sondern auch die Sendung "Thadeusz und die Beob­achter" mit Jörg Thadeusz. Diese Formate kann man durchaus als Perlen bezeichnen, die sich vom Main­stream abheben.

Gut dagegen ist, dass der rbb offenbar beim Hörfunk nichts verän­dern will. Viele Ange­bote der ARD-Anstalt wie die Pop-Kultur­welle radio­eins oder das zusammen mit dem WDR produ­zierte Inte­gra­tions-Programm Cosmo heben sich sehr wohl­wol­lend von den Ange­boten anderer ARD-Anstalten ab.

Zum Jahres­gebinn hat der rbb die Bele­gung im Digi­tal­radio DAB+ verän­dert.

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