Interview

Ametsreiter: Wir stehen vor einem digitalen Erdbeben

Ein digitales Erdbeben möchte Vodafone mit dem Umbau seiner Kabel-TV-Netze auf DOCSIS3.1 auslösen, wobei langfristig die Koaxkabel durch Glasfaser ersetzt werden. Was passiert aber in weißen Flecken?
Von

Voraussetzung für das "digitale Kabel" ist das Recht, die analoge Radio- und TV-Übertrag "abdrehen" zu dürfen, die Bundesländer Bayern und Sachsen seien hier führend derzeit, andere dürften folgen.

Kabel-TV-Netze oft überlastet?

Für Vodafone und seinen CEO Hannes Ametsreiter (links) ist "Giganetz" ein wichtiger Begriff. Für Vodafone und seinen CEO Hannes Ametsreiter (links) ist "Giganetz" ein wichtiger Begriff.
Foto: Picture-Alliance / dpa
Nun haben Kabel-Verteil-Netze oft das Problem, dass sie schnell überlastet sind. "Bekommen die Haushalte, die einen Gigabit-Anschluss bestellen, auch garantiert ein Gigabit im Download?" "Ja", sagt Ametsreiter, "jeder Kabelanschluss wird mit anderen Haushalten geteilt. Die Anschlüsse der Haushalte werden immer weiter mit Glasfaser ausgebaut. Damit nähert sich Glasfaser immer weiter den Haushalten an, um perspektivisch zu einem reinen Glasfaser-Netz zu werden. In der Zeit dazwischen werden wir noch Schwankungen sehen. Außerdem müssen natürlich die technischen Voraussetzungen bei Modem-Endgerät und WLAN gegeben sein – alle in der Endgerätekette müssen diese Geschwindigkeiten unterstützen."

Kabel in Stoßzeiten auf 70-80 Prozent

Ametsreiter verspricht: "Beim Thema Speed wollen wir generell auch in den Stoßzeiten auf 70 bis 80 Prozent der Leistung zu kommen. Damit sind wir acht bis zehnmal schneller als jeder Vectoring-Anschluss auf DSL-Basis."

Wer hat das beste Mobilfunknetz?

t3n fiel auf, das bei Tests von Mobilfunk-Netzen seit vielen Jahren die Deutsche Telekom das "beste Netz" hat und Vodafone dort auf Platz zwei landet.

Ametsreiter fragt sich: "Wie werden diese Tests gemacht? Wir wollen ein super Netz hinstellen mit einem sehr guten Angebot – und die Kunden stimmen letztlich mit den Füßen ab. Wir sind in den vergangenen drei Jahren um fünf Millionen SIM-Karten gewachsen – also werden wir ganz gut gewesen sein. Können wir uns noch verbessern? Ja!"

Warum ist das Thema mobiles Internet im Zug so ein Problem?

Das Problem der schlechten Funkversorgung in Zügen ist nicht neu. "Zum einen haben Waggons metallbedampfte Scheiben – hier durchzudringen, ist schwierig. Daher werden Repeater in Waggons eingebaut. Diese Repeater aber unterstützen derzeit nicht alle Frequenzbänder und werden von der Bahn nach und nach ausgetauscht. Zum anderen haben wir den Netzausbau entlang der Gleise stark intensiviert und dafür knapp 130 Millionen Euro ausgegeben. Bis Ende 2019 sind weitere 60 Millionen für besseres Zugnetz geplant. Damit sind wir im Chip- und im Connect-Test – Sie zitieren ja so gerne die Tests – Nummer eins geworden. Wir haben das beste Netz im Zug. Punkt. Das wird noch besser, wenn die Repeater ausgetauscht werden. Das braucht aber noch etwas Zeit. Ich gebe Ihnen recht – es sollte besser sein, es wird aber auch besser."

Verbessungspotenzial U-Bahn

"Es stimmt. Hier müssen wir besser werden. Es hängt aber nicht nur an uns. Vom Beginn der Überlegung, eine Basisstation zu bauen, bis zum Bau vergehen zwei Jahre. Derzeit bauen wir alle vier Stunden eine neue Station oder aktualisieren eine alte."

Eine Einschätzung

Ametsreiter hat insofern Recht: In Deutschland wurde regelmäßig für Lizenzen (zu) viel Geld ausgegeben, das jetzt beim Netzausbau fehlt. Das ist aber nicht alleine das Problem. Da die meisten Mobilfunkanbieter zu großen internationalen Konzernen (wie die britische Vodafone PLC oder spanische Telefónica SA) gehören, mussten auch die (finanziellen) Wünsche der Anteilseigner ("Shareholder") befriedigt werden. Dabei wurde nach Ansicht von Marktkennern der Netzausbau und Kundenservice stellenweise "sträflichst vernachlässigt". Inzwischen hat eine Aufholjagd begonnen, wie mit möglichst überschaubaren Mitteln die Netze und der Kundenservice so verbessert werden können, dass die tatsächliche oder mögliche Wanderungsbewegungen der Kunden zu anderen Anbietern vermieden oder verhindert werden können.

Neben den Tests von Fachzeitschriften, wo vollbeladene Messautos oder mit Rucksäcken bepackte Test-Fußgänger auf vorher festgelegten Routen unterwegs sind, gibt es auch app-basierende Messungen, wo Nutzer eine App auf ihrem Handy installieren und so eine umfangreiche Datenbank von Funklöchern aufbauen. Selbst wenn man unterstellt, dass diese Apps eher von technisch interessierten oder engagierten Nutzern aufgespielt werden und diese vielleicht bestimmte Netze bevorzugen könnten, sind die Ergebnisse in der Summe ziemlich eindeutig. Es muss eindeutig mehr ausgebaut werden, nicht nur in der "Provinz", sondern auch in Ballungsgebieten.

Mehr zum Thema 5G