Funkloch auf See: Schiffslotsen haben keinen Empfang
Große Frachter wie dieser kommen fast täglich über die deutsche Bucht ins Landesinnere.
Bild: dpa
Für unsereins ist ein Funkloch ärgerlich, aber in den meisten Fällen zu verkraften. Für Schiffslotsen können Funklöcher, wie sie vor allem an Elbe-, Weser- und auch Emsmündung auftreten, dagegen ganz schön gefährlich werden. Denn es ist heutzutage gang und gäbe, dass Schiffslotsen sich mit dem Laptop über das Mobilfunknetz einwählen, um so die Position anderer Schiffe und den Wasserstand sehen zu können. Das geschieht in der Regel schon von der Deutschen Bucht aus und ist für den reibungslosen Ablauf essenziell. Immer wieder laufen dort große Frachter auf, 2011 kam es sogar zu einem Zusammenstoß zweier Schiffe.
Das Problem mit dem Empfang ist auch wetterbedingt. So kommt es laut Ben Lodemann, Chef der Elblotsen in Hamburg, gerade bei Hochdruckwetter zu Empfangsproblemen. Dann würde sich das Funkloch über die gesamte Deutsche Bucht erstrecken. Eine solche Wetterlage macht nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes ein knappes Drittel des Jahreswetters aus. Satellitentelefone hätten sie nicht, und der UKW-Schiffsfunk reiche nicht von der Elbmündung bis zum Hamburger Hafen, sagt Lodemann weiter.
Grundsätzlich gibt es auch die Möglichkeit, ohne Mobilfunk an Informationen zu kommen. Dann müssen die Lotsen ihr Stationsschiff anfunken, das ruft bei der Lotsenzentrale an, die wiederum ruft beim Hafenbetriebsbüro an und von dort nimmt die Information den gleichen Weg zurück. Wer als Kind Stille Post gespielt hat weiß, wie hoch die Fehlerquote bei einer solchen Aneinanderreihung von Übermittlern sein kann.
Warum eigentlich Mobilfunk?
Große Frachter wie dieser kommen fast täglich über die deutsche Bucht ins Landesinnere.
Bild: dpa
Doch warum werden Informationen von solch großer Bedeutung über das Mobilfunknetz übermittelt? Der UKW-Funk der Schiffe reiche nicht von der Elbmündung bis zum Hamburger Hafen, erklärt Lodemann. Mit Satellitentelefonen hätte man vermutlich mehr Erfolg, die aber sind sehr teuer. Also warum wird das Mobilfunknetz nicht ausgebaut?
Die Telekom kennt das Netzabdeckungsproblem an Elbe, Ems und Weser: "Mobilfunk, so wie er heute in Deutschland gebaut wird, kann die großen Entfernungen über Wasserflächen in der Deutschen Bucht nicht bedienen", erklärt eine Sprecherin. Die Begründung verblüfft: Auf der Meeresoberfläche empfingen Endgeräte zu viele starke Signale, auch aus Nachbarländern. Eine klare Zuordnung sei dann nicht möglich: "Gerade bei Hochdruckwetterlagen kämpfen wir mit Überreichweiten des Signals." Die Telekom will jetzt immerhin ein Lotsenschiff mit Messgeräten ausstatten, um die Feldstärken an der Elbmündung zu messen.
Jetzt auch Thema der Politik
Wenn zwei Frachter aneinander vorbei müssen, bleibt nicht viel Platz für Fehler.
Bild: dpa
Inzwischen ist das Thema auch in der Politik angekommen und es scheint so, als ob nun langsam aber sicher etwas passieren könnte. Auf die landespolitische Tagesordnung gebracht hat es der hafenpolitische Sprecher der SPD, Uwe Santjer: Es gehe um Leib und Leben von Besatzungen, Passagieren und Uferbewohnern, sagt er Mitte April in der Plenarsitzung.
Drei Dinge müssten geschehen, fordert Santjer: Erstens will - wie eine Ministeriumssprecherin bestätigt - Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) die Funklöcher beim Hafendialog der deutschen Küstenländer ansprechen. Zweitens regt Santjer an, zu prüfen, ob die Lotsen mit Satellitentelefonen ausgestattet werden können. Drittens müsse eine Vorschrift her, wonach Unternehmen, die künftig Mobilfunkfrequenzen ersteigern, sich zum Ausbau der Netzabdeckung an Wasserstraßen verpflichten.
Denn: Für Wasserstraßen gebe es eine solche Auflage nicht, erklärt die Bundesnetzagentur in Bonn. Als sie die Frequenzen ab 2017 versteigerte, habe die Netzabdeckung entlang der Hauptverkehrswege zu den Auflagen gehört, sagt ein Sprecher. Gemeint gewesen seien damit aber nur Autobahnen und ICE-Strecken.
Bleibt zu hoffen, dass die Politik nun auch wirklich etwas bewegen kann. Denn bereits nach der Schiffskollision 2011, seien laut Ben Lodemann von den Elblotsen, Verstärkungsantennen auf den Deich gesetzt worden. Aber diese seien nicht in Betrieb gegangen, weil sich niemand bereitgefunden habe, sie mit Strom zu versorgen.