Themenspezial: Verbraucher & Service Verspätung

U-Bahn Berlin: Warum Vodafone erst später starten konnte

Im Berliner Unter­grund haben die BVG und o2-Telefónica das Sagen. o2 baut für alle drei Netz­betreiber den Unter­grund aus. Voda­fone hatte Verspä­tung.
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Eine nicht enden wollende Geschichte ist die Netz­ver­sor­gung in der Berliner U-Bahn. Um den heutigen Zustand zu verstehen, muss man weit zurück­blenden. Die Berliner U-Bahn wird von der Berliner Verkehrs­gesell­schaft BVG betrieben. (Vor 1989 gab es getrennte BVGs im Westen und Osten von Berlin, aber noch gar keinen Mobil­funk im Unter­grund).

Am Anfang war E-Plus

Auf einigen Teilstrecken der U2 in Berlin bestand neben o2 nur Versorgung mit der Telekom. Vodafone ist am Dienstag gestartet. Auf einigen Teilstrecken der U2 in Berlin bestand neben o2 nur Versorgung mit der Telekom. Vodafone ist am Dienstag gestartet.
Foto: BVG - Oliver Lang, Logos: Anbieter, Montage: teltarif.de
Die BVG dachte in den späten 1990er Jahren über ein neues Funk­system für ihre U-Bahn-Züge nach. Da kam die Idee, ein Handy­netz im Unter­grund könnte doch ganz prak­tisch und flexibel sein, da auch die Passa­giere es nutzen könnten.

Die BVG sprach mit dem dama­ligen Newcomer E-Plus und wurde sich einig. Bald klebte in (fast) allen Berliner U-Bahn­höfen ein Schild "Hier können Sie mit E-Plus mobil tele­fonieren". Wer genau hinschaut, kann (mögli­cher­weise) noch solche Schilder an wenigen Stellen finden.

Haus­herr ist die BVG, E-Plus führte das Konsor­tium

Die Konkur­renz, also T-Mobil(e)/Telekom und Mannes­mann/Voda­fone lächelten damals nur milde. Doch bald war ihnen klar, auch "D1" und "D2" mussten in den Unter­grund. Dort hat die BVG das Haus­recht und sie stellte unmiss­ver­ständ­lich klar: Sprecht euch mit E-Plus ab, E-Plus behält das Kommando und ist für uns allei­niger Ansprech­partner. So kamen alle drei Netze in den Unter­grund. Update: Als Ende 1998 die VIAG-Interkom (heute o2) star­tete, konnten sich VIAG/o2 Kunden mit dem D1-Roaming (zunächst über das Swisscom-Roaming) im Unter­grund behelfen. Ein eigenes VIAG/o2-Netz wurde im Unter­grund nie aufge­baut. Ende des Updates

o2 erbt den Unter­grund

Nach der Fusion von E-Plus und o2-Telefónica "erbte" die deut­sche Tochter der spani­schen Telefónica den Berliner Unter­grund. Längst waren 4G und 5G ange­sagt, doch zunächst kamen nur Kunden von o2 in den Genuss von schnel­leren Daten­ver­bin­dungen.

Nachdem die ersten Teil­stre­cken auch für Telekom und Voda­fone ausge­baut waren, wurde klar: Alle Sende­technik in den Unter­grund zu verlegen, erwies sich als nicht sinn­voll. Man kam auf die Idee, dazu soge­nannte "BTS-Hotels" einzu­richten.

Umzug ins BTS-Hotel

Das gesamte Berliner U-Bahn-Netz wurde dafür auf vier soge­nannte "BTS-Hotels" aufge­teilt. Dort stehen Sende­anlagen von Telekom, Voda­fone und o2 gemeinsam in einem Raum. Deren Signale werden gemischt, digi­tali­siert und per Glas­faser in den Unter­grund trans­por­tiert. Tief unten in Bahn­höfen und Tunnels stehen Anlagen, die das Licht­signal in Funk­signal wandeln und ausstrahlen.

Ausbau kommt voran, Voda­fone brauchte etwas länger

Nun ist der U-Bahn-Ausbau eini­ger­maßen voran­gekommen, im Osten läuft es auch bei Telekom und Voda­fone inzwi­schen ganz passabel, nur auf den Stre­cken der U2 und der U9 (beispiels­weise) freuen sich Telekom-Kunden teil­weise über schnelles 4G und 5G (nach langem Warten), aber von Voda­fone war bislang nichts zu empfangen.

Warum Voda­fone noch nicht online war

Wir haben bei Voda­fone nach­gehakt und erhielten jetzt eine inter­essante Antwort: "Unsere Mobil­funk­technik in zwei der vier "BTS-Hotels" ist bereits in Betrieb. Regulär gibt es bei solchen Netz­aus­bau­pro­jekten drei aufein­ander­fol­gende Schritte: Glas­faser­anbin­dung, Aufbau der Technik und Inbe­trieb­nahme.

Die Inbe­trieb­nahme der Technik erfolgt bei allen "Hotel­gästen" immer zeit­gleich oder unmit­telbar nach­ein­ander. Im dritten "BTS-Hotel", in dem die Technik für die Mobil­funk­ver­sor­gung auf der Strecke zwischen Witten­berg­platz und der Deut­schen Oper (z. B. Linie U2) steht, ist dies nicht der Fall gewesen."

Kein Fehler, sondern Verzö­gerung bei der Glas­faser­anbin­dung

Es handele sich aber um keinen Fehler, betont man bei Voda­fone. In diesem Fall mussten die "Hotel­gäste" einfach zu unter­schied­lichen Zeit­punkten "einche­cken", da der nächste Glas­faser-Knoten­punkt von Voda­fone einfach "etwas weiter weg war" und die Glas­faser-Anbin­dung an das "Hotel" somit erst etwas später erfolgen konnte. Dadurch waren die Folge­schritte nicht mehr im Einklang.

Sende­start bei Voda­fone am 24. Januar?

Am 24. Januar sollte nun das ausfüh­rende Part­ner­unter­nehmen von Voda­fone deren Systeme final justieren und einpe­geln. Voda­fone-Kunden könnten daher voraus­sicht­lich ab Mitt­woch Abend - wenn alles so wie geplant funk­tio­niert - auf dem Abschnitt zwischen Witten­berg­platz und der Deut­schen Oper endlich auch von schnel­leren Handy­ver­bin­dungen profi­tieren, teilte Voda­fone mit. teltarif.de-Leser berich­teten bereits am heutigen Dienstag: "Das Netz ist da".

Viele Verzö­gerungen aufgrund kleiner Zeit­fenster und viel Büro­kratie

Der Netz­ausbau in Berlin hatte sich ja bekannt­lich jahre­lang verzö­gert und zu viel Ärger bei den Passa­gieren geführt. Die Gründe und Heraus­for­derungen liegen nach Angaben von Bran­chen­ken­nern an "extrem büro­kra­tischen" Auflagen der Berliner U-Bahn­gesell­schaft. So dürfen Mobil­funk-Tech­niker niemals alleine im Unter­grund tätig werden, sondern müssen von einem Sicher­heits­beauf­tragten der BVG begleitet werden, für jeden Arbeits­gang sind eigene Geneh­migungen notwendig. Ferner darf nur in den nächt­lichen Betriebs­pausen gear­beitet werden, aber auch nachts fahren Versor­gungs- und Bauzüge über die Stre­cken.

Ein Hotel fehlt noch

Und dann fehlt noch das vierte "BTS-Hotel", das irgendwo im Bereich der "Siemens­stadt" einge­richtet werden soll. Aufgrund der allge­meinen Sicher­heits­lage sind die genauen Stand­orte "geheim" und abge­sichert, um es mögli­chen Angrei­fern nicht so einfach zu machen, das Kommu­nika­tions­netz zu stören.

Bis zum endgül­tigen Ausbau wird es also noch etwas dauern. Unser Rat: Wer ein Smart­phone mit Dual-SIM-Funk­tion besitzt, sollte in einen Schacht eine Karte im o2-Netz (entweder von o2-Telefónica oder einem Service-Provider wie freenet oder einem Discounter wie Blau, fonic, etc.) oder einer Marke im Angebot von 1&1 (mindes­tens bis Sommer 2024 nutzbar) einlegen. In den zweiten Schacht kann eine SIM-Karte im Netz der Telekom (Original oder cong­star, fraenk, freenet, Edeka, Norma, High Mobile etc.) einlegen. Kleiner Nach­teil: Man muss seinen Kontakten unter Umständen zwei Rufnum­mern mitteilen.

Was wir in der Berliner-U-Bahn schon auspro­biert haben.

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