Fernsehen

US-Inhalte: Warum ist der deutsche Markt so schwierig?

Viele in den USA und inter­national sehr erfolg­reiche Produk­tionen kommen beim deut­schen Publikum nicht an. Für Fern­seh­macher und Strea­ming-Dienste ist der deut­sche Markt immer wieder ein Rätsel. Und das hat nega­tive Konse­quenzen.
Von Björn König

Starten wir mit einem ganz einfa­chen Beispiel, um das Problem zu erläu­tern. Würde man in der TV-Prime­time um 20.15 Uhr einen "Tatort" gegen sagen wir "Game of Thrones" laufen lassen: Welche der beiden Serien hätte wohl die höhere Einschalt­quote? Mancher Leser ahnt vermut­lich schon, wie das Ergebnis ausfällt. Der vergleichs­weise günstig vom öffent­lich-recht­lichen Fern­sehen produ­zierte deut­sche Krimi schneidet bei den Zuschau­erzahlen höchst­wahr­schein­lich besser ab, als der inter­natio­nale Block­buster mit Star­beset­zung.

Wenn man einen genaueren Blick auf das Programm der öffent­lich-recht­lichen Sender wirft, fällt sofort auf: Attrak­tive US-Lizenz­inhalte finden sich dort kaum. Wenn über­haupt landen sie oft in Programms­lots, bei denen niemand mehr wirk­lich zuschaut. So zum Beispiel im Nacht­pro­gramm. Viele US-Studios blicken stirn­run­zelnd auf den deut­schen Markt, was lang­fristig aller­dings nega­tive Auswir­kungen mit sich bringt.

Content muss skalierbar sein

Foto: Seacia Pavao/Netflix Eine zynische Thrillerkomödie wie "I Care A Lot" mit Rosamund Pike hätte es im deutschen Fernsehen schwer
Foto: Seacia Pavao/Netflix
Die Produk­tion hoch­wer­tiger Serien verschlingt zunächst sehr viel Geld. Damit sich dies für ein Studio über­haupt lohnt, muss man die Inhalte welt­weit erfolg­reich vermarkten. Mit anderen Worten: Die Serie muss z.B. beim Publikum in den USA, aber auch in Europa und Asien gut abschneiden. Paradox ist aller­dings, dass vor allem im deut­schen Free TV eben diese hoch­wer­tige Produk­tions­qua­lität nur eine unter­geord­nete Rolle spielt. Zappt man durch die einzelnen Programme, wird das sehr schnell deut­lich.

Nehmen wir beispiels­weise das öffent­lich-recht­liche Angebot ZDFNeo, welches sich an eine jüngere Ziel­gruppe richtet. Zwischen 12 und 18 Uhr finden sich dort acht Folgen der Krimi­serien Monk und Psych hinter­ein­ander. Danach folgt "Dinner Date" und "Bares für Rares". Nun könnte man natür­lich argu­men­tieren, dass das TV-Programm einfach Geschmacks­sache ist. Doch die Sehge­wohn­heiten der Zuschauer bestimmen eben nicht nur das Programm, sondern vor allem die Produk­tions­qua­lität an Serien und Filmen, welche für und auf dem deut­schen Markt zu sehen sind.

Programm für die Masse

So mancher Zuschauer beschwert sich rege über die Qualität des Privat­fern­sehens. Doch diese Kritik entbehrt oft jeder Grund­lage, denn auch die Privat­sender liefern letzt­end­lich nur das, was anhand der Einschalt­quote bei den Zuschauern ankommt. Und dort zeigt sich deut­lich, dass zum Beispiel teuer und hoch­wertig produ­zierte US-Serien sehr schlechte Einschalt­quoten errei­chen und schon nach Ausstrah­lung der ersten Folgen von ihren Sende­plätzen genommen werden. Ersetzt werden sie oft durch Wieder­holungen sowie günstig produ­zierte Shows und Reality-Formate.

Kürz­lich hatte ProSiebenSat.1 sogar seine gesamte Programm­stra­tegie geän­dert und will US-Lizenz­inhalte zuneh­mend durch lokale Eigen­pro­duk­tionen wie "The Masked Singer" ersetzen. Nun kann man sich auch mit wenig Hinter­grund­wissen über die TV-Branche leicht ausrechnen, dass hier einfach nur ein teurer US-Lizenz­inhalt durch eine "billige" Eigen­pro­duk­tion ersetzt wird. Was ProSiebenSat.1 als Stärke verkauft, ist letzt­end­lich nur ein Quali­täts­ver­lust für den Zuschauer.

Qualität hängt am Zuschauer

Egal ob "The Masked Singer" bei ProSieben oder "Tatort" in der ARD. Das Fern­sehen ist immer nur so gut, wie der Quali­täts­anspruch der Zuschauer. Solange diese mit seichten Lokal­for­maten zufrieden sind, werden die Sender natür­lich keinen Finger rühren und mehr Geld ins Programm bzw. für hoch­wer­tige Lizenz­inhalte inves­tieren. Und auch US-Studios werden sich nicht bemühen, Formate für den deut­schen Fern­seh­markt zu produ­zieren, die sie hier­zulande nicht verkaufen können.

Das bedeutet, es wird auf lange Sicht weiterhin große Quali­täts­unter­schiede zwischen linearem Fern­sehen und Strea­ming geben. Während man bei Netflix, Prime Video &Co. hoch­wer­tige und teure Produk­tionen findet, bleibt das Free TV eine Abspiel­fläche für Wieder­holungen und güns­tige Eigen­pro­duk­tionen. Im Bereich Unter­hal­tung entsteht sozu­sagen eine Zwei­klas­sen­gesell­schaft.

Das ist übri­gens im US-Fern­sehen, über dessen Qualität auch in Deutsch­land oft geme­ckert wird, über­haupt nicht der Fall. Ein Beispiel ist der zu Disney gehö­rende Fern­seh­sender ABC. Ein großer Privat­sender, den man zum Beispiel mit RTL in Deutsch­land verglei­chen könnte. Mit ABC Signa­ture zählt das Network zu den wich­tigsten Produ­zenten hoch­wer­tiger Drama-Serien, die hier­zulande kosten­pflichtig im Strea­ming laufen.

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