Netflix erhöht Preise: Eigentor für den Streaming-Primus!
Fast 20 Euro sollen potenzielle Netflix-Neukunden schon bald für das Premium-Angebot in UHD-Auflösung zahlen. Das stößt verständlicherweise vielen Streaming-Fans mehr als sauer auf - und zwar absolut zu Recht. Um es ganz offen und deutlich zu sagen: Die Preiserhöhung ist vollkommen deplatziert, insbesondere wenn man sie im Kontext der gebotenen Leistungen als auch im Vergleich mit Angeboten anderer Streaming-Wettbewerber betrachtet.
Gegenläufige Entwicklung
Cast des Netflix-Hits "Squid Game"
Foto: Jordan Strauss/dpa
Ja, auch Disney+ hat in den vergangenen Monaten die Preise erhöht. Aber dafür gab es beispielsweise mit "Star" einen völlig neuen Content-Bereich für erwachsene Zuschauer. Beim Mickey-Mouse-Streamer bekommen Abonnenten außerdem alle wichtigen Premieren von Disney, Pixar sowie Marvel und Lucasfilm de facto zeitgleich zum Kinostart. Teilweise sogar wie beim aktuellen Pixar-Blockbuster "Rot" ohne zusätzlichen Aufpreis. Außerdem kostet die HD bzw. UHD-Auflösung bei Disney+ ebenfalls keinen Cent extra.
Trotz all dieser Leistungen liegt Disney+ preislich immer noch deutlich unter zehn Euro im Monat und erreicht damit nicht mal die "symbolische Schmerzgrenze", ab welcher manche Streaming-Nutzer ihr Abo wieder kündigen. Schaut man sich die Wettbewerbssituation in der Branche insgesamt an, gibt es auf weiter Flur keinen einzigen SVoD-Dienst, der Preise erhöht und gleichzeitig immer weniger Leistung bietet. Ganz im Gegenteil bauen sogar viele Mitbewerber ihren Katalog aus.
Höchstgrenze bei HBO Max
Zu den teuersten Angeboten auf dem Streaming-Markt gehört HBO Max, welches derzeit noch nicht in Deutschland verfügbar ist. Auch hierzulande dürfte die WarnerMedia-Tochter für ihren SVoD-Service einen Monatspreis von rund 15 Euro abrufen. Doch auch dort gibt es dann Kinopremieren von Warner Bros. sowie alle Premiumserien von HBO inklusive. Damit kann Netflix ehrlich gesagt nicht mal mehr ansatzweise mithalten. In den vergangenen Monaten hat der Branchenprimus wichtige Inhalte an Rechteinhaber zurückgeben müssen, besonders hart war der Verlust an Disney- und Marvel-Content sowie Star Trek Discovery.
Auf der anderen Seite wird HBO Max seine Bibliothek bei einem Zusammenschluss mit Discovery voraussichtlich nochmals deutlich ausbauen, was die ohnehin prekäre Wettbewerbssituation für Netflix weiter verschärft. Dessen CEO Reed Hastings hat zwar öffentlich stets bekundet, dass er mehr Wettbewerb im Streaming für eine positive Entwicklung hält, bei dieser Aussage sollten aber ernste Zweifel aufkommen. Aus Sicht von Netflix wird man der aktuellen Entwicklung hinter vorgehaltener Hand wenig Positives abgewinnen können.
Vorbild Sky
Auch an Sky zog die verschärfte Wettbewerbssituation auf dem Streaming-Markt offenkundig keineswegs spurlos vorüber. Doch der Pay-TV-Sender reagierte zum Beispiel auf den Verlust von Fußballrechten oder Disney-Inhalten vollkommen anders als Netflix. Statt Preiserhöhungen wurden Vertragsbedingungen verbessert, außerdem kommen mit dem Streaming-Dienst "Peacock" sowie einer Partnerschaft mit ViacomCBS neue Inhalte hinzu. Vor allem Abonnenten des Sky Cinema-Pakets dürfen sich voraussichtlich auf einen Zugang zu Paramount+ ohne Aufpreis freuen.
Damit beißt Sky in den sauren Apfel: Es geht in erster Linie gar nicht mehr darum, neue Kunden zu gewinnen. Ziel ist vor allem, die Pakete und Preise so attraktiv zu gestalten, dass wenigstens keine Bestandskunden ihren Vertrag beenden und zu Disney+, Prime Video & Co. wechseln. Zwar wird auch dies nicht in jedem Fall vermeidbar sein, dennoch ist die Strategie grundsätzlich sinnvoll. Ob Netflix-Chef Hastings sich allerdings einen Kooperationspartner sucht, ist fraglich. Im Zweifel würde er wahrscheinlich eher einen Mitbewerber aufkaufen. Potenzielle Kandidaten gäbe es durchaus, von daher bleibt es spannend zu beobachten, wie sich der Streaming-Markt 2022 weiter konsolidiert.